Freitag, 31. Dezember 2021

Bloß ein Jahresabschlusspost

Vor ein paar Tagen bin ich bei einer Freundin gewesen. Eine Weile drehte sich unser Gespräch um die Dinge, die besagte Freundin gerne tun würde, und die Gründe, aus denen das im Moment nicht möglich ist. Und ich dachte So ist das in meinem Leben aber nicht. Bis mir klar wurde: doch. Auch in meinem Leben gibt es eine Vielzahl von Dingen, die ich gerne tun würde. Und anders als Samira habe ich nicht einen guten Grund, aus dem das im Moment nicht geht. Mein letzter guter Grund war das Examen im Frühjahr/Sommer, aber seitdem? Ich arbeite.
Und das erschöpft mich. Und obwohl ich mir meinen Therapieplan so zurecht gebastelt habe, dass ich keine 10 Stunden mehr außer Haus bin sondern nur noch 9 Stunden erschöpft mich das trotzdem. Aber das kann's doch jetzt echt nicht sein? Also, dass alle anderen Dinge dann hinten über fallen? Sagt man das so? Nicht mal an den Wochenenden habe ich Zeit, weil ich wahlweise mit Emotionsflucht und/oder Depressionen schieben beschäftigt bin.

Das ist aber nicht das Leben, das ich führen möchte. Ich möchte auch kein Leben führen, in dem ich immer auf Situation x warten muss, um glücklich(er) sein zu können. Nein, ich wäre gerne von alleine glücklich(er). Bloß habe ich (noch) keinen blassen Schimmer, wie das funktionieren soll, oder ob diese zwei Dinge nicht vielleicht sogar zusammen hängen. So, und um jetzt mal zum Punkt zu kommen: normalerweise fasse ich keine Neujahrsvorsätze. Aber nächstes Jahr muss ich diese Dinge-tun-Sache (Wie vage willst du dich ausdrücken, Ria? - Ja.) irgendwie in den Griff kriegen. Obwohl damit wahrscheinlich einher geht, nicht immer vor Gefühlen wegzurennen, sondern mich mit ihnen auseinanderzusetzen. Und ich vermute, dass ich mich "einfach" ein wenig zwingen muss zu meinem Glück; vielleicht muss ich mir sogar die Erlaubnis dafür geben: Ja, ich darf glücklich sein. Auch wenn sie nicht hier ist. Auch ohne sie.

Sonntag, 26. Dezember 2021

i saw phantom apparitions dance // and are we really safe and on our own?

[Triggerwarnung bzgl. Alkohol/SVV. Außerdem ist dieser Post zu lang und hat keinen Inhalt.]

Donnerstag, 23.12.21
Ich freue mich nicht auf Weihnachten. So, nun habe ich's endlich zugegeben. Ich habe den Eindruck, dass man das ja keinem erzählen kann; zumindest keinem Umfeld, in dem alle so weihnachtsbegeistert zu sein scheinen. Meint: meine Kolleginnen. Die eine schwärmt vom Essen und von der Ruhe - ?! - die andere von ihrer Familie. Und ich sitze da und bin nicht dazu in der Lage, mich wenigstens ein kleines bisschen zu freuen, nicht auf das Essen oder auf die Geschenke, und schon gar nicht auf meine Familie. Mein Highlight in dieser Weihnachtszeit waren definitiv meine Therapiekinder - unter anderem ein Vierjähriger, der vor Aufregung fast vom Stuhl gefallen ist, als ich ihm gesagt habe, dass er am Ende der Stunde ein Türchen vom Adventskalender aufmachen darf. Und noch ein Vierjähriger, der vor Freude gar nicht mehr klar gekommen ist, als es während der Therapie angefangen hat zu schneien. ("Es schneet! Es schneet!") Und ein Achtjähriger, der bei der Aussicht darauf, in der nächsten Stunde mit seiner Schwester und mir Plätzchen zu backen, wahrscheinlich eine Woche lang nicht schlafen konnte.

[Ich würde hier gerne noch weiter schreiben, aber ich muss jetzt zum Bahnhof fahren, mich in den Zug setzen und zu meiner Familie fahren. Später mehr.]

Freitag, 24.12.21
Minimal den Faden verloren; ich freue mich also nicht auf Weihnachten. Und es ist gut, das endlich sagen zu können, weil ich glaube, dass es mir die letzten Jahre auch schon so ging, und ich mich immer nur dafür verurteilt habe. Stattdessen freue ich mich darauf, dass ich 10 Nächte lang wieder die Sterne aus dem Schlafzimmerfenster sehen kann. Ich freue mich darauf, dass ich in dieser Wohnung einen Backofen habe und ganz viele Sachen essen kann, die man mit Käse überbackt. Ich freue mich darauf, dass ich wahrscheinlich Sapphire und Keara treffen werde. Und ich habe die Hoffnung, dass sich mein klitzekleines Vielleicht erfüllt - aber wenn das nicht passiert, ist es auch in Ordnung. Schließlich sind es - wenn alles nach Plan läuft - "nur noch" 5 Wochen. Und bis dahin trage ich sie in meinem Kopf und halte die Zeit an, hin und wieder mal.

Their faces melt reflections on the wind
Or are they out there watching?
As time stands still this Christmas day
Shadow Gallery - Comfort Me

Samstag, 25.12.21
Eigentlich sollte der Post am Freitag schon kommen, aber beim Drüberlesen ist mir aufgefallen, dass das so nicht stimmt - ich freue mich nicht auf mein "Stattdessen". Diese Dinge sind es, die den Urlaub erträglich machen, aber Freude ist nicht vorzufinden. Da ist überhaupt.kein.Gefühl vorzufinden. Auch in Situationen, in denen etwas da sein sollte, ist da bloß ein schlechtes Gewissen und ich frage mich, was genau bei mir gerade mal wieder kaputt ist.

Konkret meine ich Situationen, in denen Patient:innen mir etwas schenken. Damit kann ich nicht gut umgehen - da hat sich jemand a) Gedanken gemacht und b) Geld investiert, um mir eine Freude zu machen... Und ich sitze bloß wieder da und fühle mich schlecht weil ich das
a) überhaupt nicht verdiene und b) nicht in der Position bin, etwas zurück zu schenken.
Dann denke ich, dass diese Geschenke wahrscheinlich der Versuch sind, m i r etwas zurück zu geben. Weil die Patient:innen zu m i r kommen und von m i r etwas wollen, und ich glaube, manche haben das Gefühl, dass ich so viel für sie tue, und möchten sich deswegen bedanken.
Die einen tun das dann mit Worten ("Ich bin so froh, dass ich Sie habe, ich wüsste nicht wie ich meinem Sohn sonst helfen sollte.") und die anderen eben mit wahlweise Süßigkeiten, selbstgebackenen Plätzchen, Tee oder etwas Alkoholischem. (*)

So begründe ich mir das dann: ich habe zuerst etwas "geleistet", da muss ich mich nicht schlecht fühlen, wenn ich ein Geschenk bekomme. Trotzdem sollte da noch irgendein anderes Gefühl sein, aber am Ende der Stunde ziehe ich meinen Mantel an und denke, dass ich vor 751 Tagen aufgehört habe zu fühlen, und mir ist, als müsste ich meine Haut öffnen mit einem scharfen Gegenstand und nachsehen, ob überhaupt noch irgendetwas ist in mir -

(*) Ich hätte nicht gedacht, dass das so triggert, bis ich das Papier geöffnet und den Alkohol gesehen habe. Und ich habe mich bedankt und hab's in meine Tasche gesteckt, weil ich's in der Praxis nicht liegen lassen kann, und zuhause ist es in eine Schublade gewandert und ich habe versucht zu vergessen, aber die Wahrheit ist, dass ich seitdem - seit fast 2 Wochen jetzt - ein unglaubliches Verlangen danach habe, mich zu betrinken, weil ich dann zumindest wieder irgendetwas fühlen würde. Aber wahrscheinlich kann ich, wenn ich anfange zu trinken, die nächsten 5 Tage nicht damit aufhören und das geht nicht. Und irgendwie muss ich dieses Geschenk ja auch wertschätzen, also kann ich nicht komplett abstürzen, das geht auch nicht.

Seit gestern ist das Geschenk dann auch Geschichte, weil ich es mitgenommen habe zu meiner Familie, aber ich habe hier Vodka, Cointreau, Ramazotti und zwei verschiedene Sorten Gin, und ich meine, es ist schließlich Wochenende, und Weihnachten ist es auch, aber es ist auch
13:30 Uhr und wenn ich gleich nicht
irgendetwas tue, endet das hier gar nicht gut.

Sonntag, 26.12.21
Ich bin noch immer so müde von gestern
Und suche bei Netflix nach einem Western
Die Jungs mit Revolvern helfen vergessen
Dass man trinkt um zu vergessen
AnnenMayKantereit - Ich geh heut nicht mehr tanzen

Ich warte noch immer darauf, dass ich wieder fühlen kann. Nach moderaten 2 1/2 Drinks wird mir klar, dass das auch keine Lösung ist. Ich werde wohl einfach warten - auch wenn ich nicht genau weiß, auf was. Im Warten bin ich schließlich Expertin. Sowieso entsteht mein ganzer "Zustand" auch nur dadurch, dass ich nie zufrieden sein kann. Ja, natürlich ist das wieder meine Schuld. Noch vor ein paar Wochen habe ich es nicht ertragen, dass ich die Dezember-Gefühle fühlen muss, jetzt sind die irgendwie weg, und das ist mir auch nicht Recht. Keine Ahnung. Ich werde in der nächsten Woche versuchen, meinen Urlaub so gut es geht zu genießen, und Anfang Januar kann ich dann x, Ende Januar hoffentlich y, und dann bin ich glücklicher. Bestimmt.

Sonntag, 19. Dezember 2021

vorsatz

manchmal wünschte ich, es würde eine anleitung geben für uns. so wie früher, als wir zwei einfache bezeichnungen getragen haben, die jeweils mit einer rollenbeschreibung versehen waren. immer bitte und danke sagen - nein, schon das ist falsch: du bittest sie um nichts - also immer danke, danke, danke sagen, ihr brav diese tür aufhalten und die nächste auch, ihre zeit mit unnützen dingen nicht verschwenden, bloß nicht zu sehr auseinander fallen, denn du kannst ihr nicht zumuten, dich wieder zusammenzusetzen, und auf gar keinen fall lässt du dir anmerken, dass dein herz jedes mal fast zerfließt in ihrer gegenwart, du hast diese gefühle überhaupt nicht zu haben. nein - das ist nicht die rollenbeschreibung, sondern das was mein verquerter kopf daraus gemacht hat. bis auf danke, danke, danke sagen ist davon nichts übrig geblieben; die türen halten wir uns gegenseitig auf, immer abwechselnd, eine nach der anderen, als hätten wir es einstudiert. doch dazu müsste ich natürlich dort sein. bin ich aber nicht. denn meine bezeichnung lautet jetzt irgendwas mit "ex" - das aber auch nicht so richtig - irgendwie nur so halb, immer nur mittwochs und an geraden tagen. und vielleicht ist ihre bezeichnung auch irgendwas mit "ex" - bloß ist sie gleichzeitig auch mein zuhause, jetzt, für immer eigentlich, und daraus resultiert dann, dass ich die dinge, die ich haben möchte, niemals werde bekommen können, und ich nicht weiß, was ich tun soll. ich weiß nicht mal, was in dieser anleitung stehen würde, wenn es denn eine gäbe; wenn ich all meine fantasie bemühe, dann... nein, wenn ich den realismus zusammen sammle und die erste seite aufschlage, kann ich erahnen, dass schon das vorwort den begriff "loslassen" enthält. es ist anzunehmen, dass die folgenden kapitel gefüllt sind mit möglichkeiten, dies zu tun, ohne dass das eigene herz in der brust zerreißt. sie sind also allesamt leer, diese seiten - mit ähnlicher leere gefüllt wie meine augen, wenn ich in den spiegel sehe - aber nicht zu vergleichen mit der leere, die in meinem leben herrscht, seit es keine worte mehr gibt für uns. denn diese art von leere lässt sich mit nichts sonst vergleichen. mit nichts.

Sonntag, 12. Dezember 2021

and i fall into a hole, and i can take no more

I see the doors that I can't open
Adding locks from time to time
When it opens something blocks me
And I'm asking myself why?

Die Zeit, die ich damit zubringe, auf den blinkenden Cursor zu starren, lässt vermuten, dass ich eine Schreibblockade habe. Vielleicht stimmt das; ich bin aber nicht nur schreibblockiert. Ich habe das Gefühl, als seien die Worte blockiert, ganz egal auf welche Weise ich versuche, sie rauszulassen. Sei es eine WhatsApp-Nachricht, ein Telefonat, oder eine simple Unterhaltung mit den Kollegen auf der Arbeit. Wobei Letzteres noch über die Bühne gebracht werden kann. Obwohl - oder vielleicht gerade weil - es sich dabei um Smalltalk handelt. Das hat auch nichts mehr damit zu tun, dass ich nun mal eben einen Sprechberuf habe und mich am Ende eines Arbeitstages manchmal selbst nicht mehr reden hören kann.

Es hat damit zu tun, dass ich die Türen nicht öffnen kann. Anfangs "darf" ich einen flüchtigen Blick riskieren: da ist die Trauma-Tür, die Dezember-Tür, hinter der sich die Weihnachts- und die Cheza-Tür verbergen. Dann ist da noch eine separate Cheza-Tür - das ist die direkt neben der Depressions- und Suizidalitäts-Tür. Wenn mir bewusst wird, welche Inhalte sich dahinter verbergen, beschließe ich die Türen auf gar keinen Fall zu öffnen, sondern lieber noch ein zusätzliches Schloss daran anzubringen. Nur leider habe ich da kein Mitspracherecht. Denn kaum nähere ich mich, werde ich von dem Dahinter wie von einer Flutwelle überrollt. Ich kämpfe mich dann an die Oberfläche und versuche, den Kopf über Wasser zu halten. Sobald ich wieder Land sehen kann, versuche ich mir einen ruhigen Moment zu nehmen, um mir anzuschauen, was genau sich hinter der Tür verbirgt, um im besten Fall Lösungen zu finden, damit mir das Thema nicht immer wieder um die Ohren fliegt - und dann geht das blöde Teil nicht auf. Ich finde einfach keinen Zugang. Ausgerecht jetzt, wo ich wirklich gerne... nein, wo es notwendig wäre, das Dahinter zu betreten, klemmt das verdammte Schloss. Ich stehe wie ein Idiot davor, immer noch mit tropfnasser Kleidung.

Mir ist bewusst, dass es irgendwo auch eine Zukunfts-Tür gibt, aber ich weiß nicht, an welcher Stelle die sich befindet - nicht mal an welchem Ort ich danach suchen sollte. Die letzten Türen, durch die ich gestolpert gegangen bin, haben dann nämlich doch wieder in die Vergangenheit geführt. Aber irgendwo muss es mehr geben als Vergangenheit - rede ich mir ein. Weil ich genau weiß dass ich es nicht ertrage, mich wieder und wieder und wieder so zu fühlen.

What's behind the door I wonder
Must be brighter than my past
Will I feel a little different
When I take myself across?
Infected Mushroom - In Front Of Me

Dienstag, 7. Dezember 2021

you should know i am falling to pieces without you here

 

Könnte ich den Song falten wie einen DIN A4 Zettel, dann würde ich ihn in einen Briefumschlag stecken und Dir mit der Post schicken. Mit besten Weihnachtsgrüßen. Kann ich aber nicht, was gut ist aus zwei Gründen: 1) Das Lied würde Dir nicht gefallen - Du würdest es vermutlich irgendwo zwischen "Gestohlener Lebenszeit" und "Lärmbelästigung" einsortieren - und 2) So muss ich nicht gestehen, wie "tief gesunken" ich schon wieder bin. Um diesen Song (oder: Dead by April allgemein) zu hören muss ich nämlich in einer ganz besonderen Stimmung sein. Weltuntergangsstimmung. Jetzt kann ich einfach verschweigen, dass ich vor ein paar Tagen einen Post geschrieben habe, in dem ich mich mit meinen immer wiederkehrenden Anflügen von Suizidalität auseinandergesetzt habe. Die ist inzwischen fast überwunden; dafür geht es mir im Moment anders schlecht. Jetzt muss ich nämlich wieder Gefühle fühlen. Ein paar Tage lang war ich so naiv zu glauben, dass ich diesen Dezember ungeschoren davonkomme, aber... Nein. Ich kann nicht mehr aufhören daran zu denken; an Dich zu denken. Ich möchte doch nur nach Hause. Etwas in mir weint und tobt vor Verzweiflung - gerade wo ich dachte, genug Fortschritte gemacht zu haben, um mir bei d e m Gedanken nicht mehr die Lunge aus dem Hals schreien zu wollen. Aber noch immer falle ich auseinander, so wie das erste letzte Mal. Es ist auch egal an welchem Ort und zu welcher Zeit ich - offiziell - bin; überall umklammere ich bloß meine Teetasse und weine in meinen Kuchen. Öffne ich mit viel zu kalten Fingern ein Geschenk, das in dunkelblaues Papier eingepackt ist. Schaue ich abwechselnd aus dem Fenster und in das Buch, aus dem ich Dir vorlese. Beschließt Du nach monatelangem Warten gnädigerweise mich nicht zu Deinen Füßen sterben zu lassen. Da spricht vielleicht ein klein wenig Wut aus mir. Aber dann denke ich an die mehr als perfekten Momente. Die habe ich ja auch gesammelt, schriftlich, weil man die leider nicht ein Glas packen und nochmal erleben kann. Das ist schade. Ich würde gerade so dringend einen davon brauchen - und das nicht nur auf dem Papier.

Dienstag, 30. November 2021

half the world (is keeping me apart)

Watch the moment as it fades
And tell yourself it ain't like dying
Have you got something for the taste?
Because the chemicals are kicking in
So bring the morning if it comes
For I have given up on timing
And you know I couldn't say it
But I was hoping I would drown

(...)

As we fade
Never knowing if we'll dream about it
And as we fall
Hoping we had said enough to begin
We are the same
All alone we'll face our doubts in the end
But keep your hands upon the wheel

Darling I'm afraid
Be yourself when you're full of doubt
Hold on to the reins
Be yourself and when it's falling down
Listen to the rain
Be yourself when you're calling out
Know that we're the same
So keep your hands upon the wheel

Arcane Roots - Half The World

/ / / / / / / / / / 

I'll keep my hands upon the wheel.

Freitag, 26. November 2021

Kapitel 23: "Nein."

"Hast du noch eine Frage?"

Können... Können wir das öfter machen? Also, so jeden Tag jede Woche? Haben sich die Wogen jetzt schon etwas geglättet? In welchen Situationen denkst Du an mich? Fällt Dir vielleicht nun (...) ein? Würdest Du mir davon erzählen? Bist Du eigentlich stolz auf mich, bei all den Dingen, die ich dieses Jahr erreicht habe? Hast Du immer noch Angst um mich? Was kann ich tun, um Dir diese Angst zu nehmen? Können wir das vielleicht öfter machen? Hast Du d a s gerade ernst gemeint? Weißt Du, wie schön ich es finde, Deine Stimme zu hören? Warum liebst Du mich nicht? Was muss ich denn tun, damit Du...? Warum konntest Du damals nicht anders? Was ist der Grund gewesen? Bleibt das jetzt so? Wünschst Du Dir nicht manchmal auch, dass wir die gleichen Möglichkeiten hätten? Würde das nicht helfen? Musst Du Dich sehr zurückhalten? Was hindert Dich denn daran? Wenn wir uns treffen das nächste Mal, darf ich Dich dann wieder...? Darf ich Dich wiedersehen? Und wie lange geht das noch so weiter? Wie? Lange? Noch?

"Nein."

Montag, 22. November 2021

and i just need you to know: i tried letting go but nothing would let me

Unter den kleidermachenden Leuten gab es bestimmte Sätze, die immer wieder gefallen sind.
Es verging zum Beispiel kein Tag, ohne dass sich jemand fragte "Ist das Blau oder Schwarz?" (Was da hilft: nebeneinander halten. Oder auf den Farbcode schauen. Es ist Schwarz, wenn nur Nullen darauf stehen.) Anyway - neues Umfeld, neue Sätze, die immer wieder fallen. Aktuell bin ich umgeben von "Einmal ist noch kein [pathologischer] Prozess" - ich notiere mir dann zwar, welche Auffälligkeit besteht, lege die dann aber unter "Einzelabweichung" ab. Lies: nicht therapiebedürftig. Und genauso wie meine Patient:innen analysiere ich gerade mein eigenes Verhalten. Den Samstag habe ich beispielsweise komplett gegen die Wand gefahren. (Wozu, bitte, soll ich denn aufstehen? Und: Flüssigkeitszufuhr nicht in Form von Wasser, sondern Bier? Bin dabei. Und: Äh, Essen? Was ist diese?) Da muss ich dann doch etwas genauer hinschauen. Bleibt es bei diesem einen Mal? Finde ich am nächsten Tag in die Spur zurück? Oder falle ich gerade in das berühmt-berüchtigte Schwarze Loch der Depressionen? Im Winter bin ich da immer besonders hinterher, weil... Ist eben Winter. (2014 habe ich den dritten Winter innerhalb von fünf Jahren in der Klinik verbracht. Seitdem zwar nicht mehr - aber die Angst besteht weiterhin. Deswegen werden die Medikamente auch erst im Frühjahr abgesetzt.)
Naja. Samstag wurde dann nichts Produktives geleistet, dafür lief The Plot In You in einer Endlosschleife. Früher war das immer Musik, die ich gut hören konnte, weil sie mich nicht an Cheza erinnert hat. Aber das neue Album... hmpf.

Cause you were whole without me
As I was self destructing
And I just need you to know
I tried letting go but nothing would let me

So here it goes, I'll tell the whole world
It's been me, it's been me
I'm the sick one it shows
The Plot In You - Whole Without Me


Ich fühle das... gerade ein bisschen zu sehr. It's been me / I'm the sick one it shows. Zu. Sehr. Dabei muss ich das dringendst hinterfragen. Krank? Echt jetzt, Ria? Sind die auch alle krank??? Klares Nein. Das ist nicht die richtige Bezeichnung. Troubled würde sehr gut passen. "Mit Problemen belastet" - völlig unverschuldet. Dann: Hilfssysteme, die eine Lösung anbieten sollten und einfach Teil des f*cking Problems sind/werden. [Den Satz, der eigentlich folgen sollte, kann ich nicht schreiben. Weil ich dann anfange, mich aufzuregen. Und wenn ich jetzt anfange, mich aufzuregen, kann ich viel zu lange nicht mehr damit aufhören. Es ist noch nie jemand gestorben, weil. Du willst es echt drauf ankommen lassen?!] Ich hänge mich gefühlsmäßig auf; irgendwo zwischen Wut und... Verachtung?

Gedanklich hänge ich auch fest: es ist Sommer, Cheza steht vor dem Haus, eine Zigarette in der Hand. Mein verräterisches Herz setzt einen Schlag aus. Ich liebe sie so.
Morgen ist dann auch endlich der Tag, an dem ich mir erlaube, sie anzurufen. Das Strick drehen, das ich die letzte(n) Woche(n) sehr intensiv betrieben habe, hat mich endgültig ermüdet. Ich gebe auf. Situation x wird nie eintreten; darauf zu beharren tut bloß weh. Aufgeben tut auch weh. Nie "gewinnen" zu können tut auch weh - und ich weiß, dass ich undankbar bin, aber ich kann im Moment nicht anders. Ich kann nicht anders. Das mit dem Gehenlassen funktioniert natürlich auch nicht, weil ich nicht weiß, wie. I tried letting go. But nothing would let me.

Mittwoch, 17. November 2021

satellites* * [17/11/18]


D a m a l s. "Ich habe deine Mail mehrmals gelesen und freue mich immer noch darüber. Mein Lieblingssatz daraus ist "Ich fühlte mich unglaublich erleichtert und endlich bereit, meine Flügel auszubreiten!" Weil es sich für mich gerade sehr ähnlich anfühlt, nur hätte ich die Worte nicht gefunden, das so auszudrücken. Ich hätte wahrscheinlich gesagt, dass ich mich so fühle, als könnte ich endlich frei atmen. Oder als hätte ich das fehlende Puzzleteil gefunden, und das Bild würde plötzlich einen Sinn ergeben." H e u t e. Ich bin nicht in der Stimmung zu schreiben. Also, nicht über den Jahrestag. Die Wahrheit ist, dass ich nicht weiß, was in den letzten Tagen mit mir passiert. Das Puzzle liegt in seinen Einzelteilen in der Ecke, und nichts passt mehr zueinander; nichts ergibt mehr einen Sinn. Aber ich bin frei. Ich darf nicht vergessen. Darf nicht vergessen wie es sich an(ge)fühlt (hat) oder dass ich mich nicht mehr verstecken m u s s. Darf nicht vergessen, dass es schien als würde ich verlieren, und tatsächlich doch das Gegenteil passiert ist. Darf nicht vergessen, dass es in Ordnung ist, wenn "es" gerade keinen Sinn ergibt. Darf nicht vergessen, dass es auch weh tun darf. Darf nicht vergessen, dass sie da wäre - ich müsste sie nur lassen. Darf nicht vergessen; ich darf nicht vergessen.

I'm sick of concealing
I'm sick of the feeling
I no longer want to hide
Cause I think it could be love
But I can't show you enough
Enter Shikari - satellites* *

Dienstag, 16. November 2021

some days i wish that both my lungs would cave // fall asleep and never wake so that my words could breathe

Nachtrag zum letzten Post: ich bin ein Idiot. Denn - ich zitiere - "Schließlich habe ich schon jetzt Dinge, die ich nie hätte bekommen dürfen" gefolgt von "Ich bin Niemand. Und ich habe Nichts." Ich widerspreche mir selbst; ich kann nicht zeitgleich "Dinge, die ich nie hätte bekommen dürfen" und "Nichts" haben. Davon abgesehen bin ich auch kein Niemand. Daran habe ich mich letzte Woche erst erinnert. Es kam nämlich zu folgender Situation auf der Arbeit:

"Die Katze."
"Mh hm. ... Oh, schau nochmal genau hin. Das ist... eine besondere Katze."
"Was heißt 'besonders'?"

Erstens: an dieser Stelle erstmal Props an mich; es ist eine Glanzleistung Tiger mit "besondere Katze" zu beschreiben. Zweitens: wie erkläre ich jetzt einem Achtjährigen die Bedeutung von "besonders"? (Ich kann mich nicht mehr daran erinnern, aber am Ende der Stunde hat er das Wort in seinen Sprachgebrauch übernommen und benutzt es bei jeder sich bietenden Gelegenheit. Aus irgendeinem Grund finde ich das unglaublich erheiternd.) 

Worauf ich eigentlich hinaus will - ich musste an meine "Besonders-Unterhaltung" mit Cheza denken. Während derer sie mir eine Frage stellt, die im Grunde keiner Antwort bedarf, weil wir es beide schon längst wissen... Aber wissen wir das? Weil ich die Worte aus ihrem Mund nie gehört habe. Nicht in dem Wortlaut; ich brauche doch den Wortlaut, ansonsten bin ich aufgeschmissen. So versuche ich, verschiedenste Situationen zu einem Gesamtbild zusammenzubasteln, aber sicher sein kann ich mir nie - und ob sie das, von dem ich glaube, dass sie es sagt, auch so meint, steht auf einem anderen Blatt.

Jedenfalls widerspreche ich mir nicht nur in Blogeinträgen. Auch mein Verhalten widerspricht sich. Das ist unglaublich anstrengend. Ich warte tagelang, will unbedingt x tun, als dann endlich der Zeitpunkt gekommen ist, entscheide ich mich dagegen, und 20 Minuten später ist das eine komplette Katastrophe. Von dem Ausmaße, dass ich meine, mir wehtun zu müssen. Passiert dann aber nicht, weil ich den Deckel wieder rechtzeitig drauf bekomme. In diesen Momenten stelle ich fest: da ist so viel (an Gefühlen) dass ich nicht weiß, wohin damit. Ich weiß nicht, wohin mit m i r oder ob es noch einen Ort gibt für mich und meine Worte.

I guess it's a shame / I'm so damn destructive
And you're so reluctant to mean what you say
The Plot In You - I always wanted to leave

Montag, 15. November 2021

i can feel your soul, i can hear your last laugh // tearing trough my veins while awake at night

Freitag
Mit mehr als einer Stunde Verspätung komme ich in der Heimatstadt an. Sänk ju for trävelling wis Deutsche Bahn. Meine Mutter holt mich vom Bahnhof ab. Nachdem wir uns wochenlang nicht gesehen haben, fällt es mir leichter, mit ihr ein Gespräch zu führen. Ja - wahrscheinlich kann Distanz das Ganze vereinfachen; aber eine Verbesserung unserer Beziehung ist wohl nicht mehr möglich. Dieser - Achtung, Wortwitz - Zug ist abgefahren. (Anders gesagt: Verbesserung wäre wahrscheinlich schon möglich, würde aber Zeit und Mühe kosten. Und ich bin nicht bereit, das zu investieren. Wofür auch? Ich werde eine Mutter immer nur im biologischen, und nie im familiären Sinn haben. Und einen Vater ebenso.) Anyway: ich bin dauermüde seit Donnerstagnachmittag und befürchte, dass ich die nächsten beiden Tage mit Aktivitäten zu vollgepackt habe. (Ich muss/will einkaufen, die Wohnung putzen, im Wald spazieren gehen, in der Stadt ein paar Dinge besorgen, Familie & Kaiser treffen und Brownies backen. Nicht unbedingt in dieser Reihenfolge.) Mal sehen, was davon tatsächlich stattfindet.

Samstag
Das Gefühl lässt sich kaum in Worte fassen. Die Wohnung ist kalt, halbleer - und doch der zweitsicherste Ort auf der Welt. Ich bin mir fast sicher, dass ich es nicht bereue von hier weg gezogen zu sein, und zähle trotzdem Gründe auf, aus denen ich nicht zurück möchte. (Keine Spülmaschine; im Sommer ist es zu warm und im Winter zu kalt; keine richtige Heizung; zu hohe Stromkosten; der Herd hat nur die Einstellungen "Ich tue gar nichts" & "Ich verbrenne dein Essen" und wegen der Dachschrägen lässt sich kaum ein vernünftiger Schrank aufstellen.) Ich mache überall sauber, weil ich keine Lust habe, das sonst an Weihnachten erledigen zu müssen. Außerdem kommt Kaiser ja morgen Nachmittag. (Habe ich schon erwähnt, dass ich mich ein bisschen unnormal sehr freue?) Ich freue mich ein bisschen unnormal sehr, weil wir uns nicht so oft sehen. Aber: die Qualität einer Freundschaft (bzw. einer jeden Beziehung) lässt sich nicht in der Anzahl der Treffen in einem Jahr messen. Jetzt muss ich dieses Wissen nur auf die Sache mit Cheza übertragen. Dann wäre ich bestimmt 100% glücklicher. Aber das möchte ich gar nicht. 100% glücklicher sein, meine ich. Es würde mir ja schon reichen, wenn. 

Ursprünglich hatte ich nicht vor, den letzten Satz zu beenden. Weil das wahrscheinlich in einem seitenlangen Rant endet. Aber dann ist mir eingefallen, wie ich es in einem Satz ausdrücken kann: es würde mir ja schon reichen, wenn wir (lies: Cheza und ich) die gleichen Rechte hätten. Und mit "Rechte" meine ich Möglichkeiten. Die gleichen Möglichkeiten; auf gar keinen Fall
m e h r. Schließlich habe ich schon jetzt Dinge, die ich nie hätte bekommen dürfen. Wie kann ich da noch mehr verlangen? Aber ich weiß, dass "gleiche Möglichkeiten" nicht reichen würden. Das ist genauso wie ich nur ein Mal wollte, dass. Und nun - unzählige Male später - ist es natürlich nicht genug. Es reicht einfach nicht. Es wird nie reichen. Ich habe Angst, dass ich mich auch nie glücklich schätzen werde. Aber dazu tut es immer noch zu weh. 

Noch einen Absatz schreiben, während ich abwechselnd auf die Uhr (22:26 Uhr) und die Flasche Vodka (zu etwa noch einem Fünftel gefüllt) starre. Ich sollte ins Bett gehen. Weil ich auch genau weiß, dass ich, wenn noch einen Vodka Lemon trinke, bis Mitternacht wach bin und mich ein weiteres Mal durch die Playlist mit Songs von Iris höre. Es fühlt sich so an, als sei ich gestern zusätzlich zu den 250 Kilometern auch ein Jahr in die Vergangenheit gereist. Ich warte noch auf die Panikattacke, weil schließlich bald Dezember ist. Aber die Panik bleibt aus. Ja, meine Gefühlslage ist der aus dem letzten Jahr sehr ähnlich, aber in den letzten Monaten hat sich genug verändert - Fortschritte; ich muss schließlich Fortschritte vorweisen, sonst reißen die* mir den Kopf ab. (Fortschritte. Also Schritte, die mich f o r t führen, an einen anderen Ort. Hätte ich wohl auch fortschreiten können, wäre ich in dieser Stadt geblieben?) Denn die räumliche Distanz ist tatsächlich sehr wohltuend. Es ist die Stille, die problematisch für mich ist. Aber das ist sie an jedem Ort. 

I can feel your soul / I can hear your last laugh
Tearing through my veins while awake at night
I can feel your soul / I can hear your last laugh
Echoing inside while I'm bathed in my cruel silence

Sonntag
Ich könnte ja etwas tun gegen die Stille. Aber ich halte mich davon ab; frage mich, wie lange es dauern würde, bis. Ob dieser Punkt überhaupt jemals eintreten würde. Mir ist bewusst, dass ich ihr da keinen Strick draus drehen sollte, weil sie es sich ja auch nicht ausgesucht hat... Aber ich kann nicht anders. Ich kann nicht anders, weil - auch wenn sie es sich nicht ausgesucht hat - sie die Umstände zumindest akzeptiert.

Stunden später sitze ich im Zug zurück in die nicht mehr ganz so neue Stadt. Meine Stimmung lässt sich nicht beschreiben. Das Wochenende war zwar gut (Kaiser wurde beim Spazierengehen und Brownies backen einfach eingespannt) aber das Gefühl kommt nicht an. Weil ich innerlich mit Strick drehen beschäftigt bin. Es ist frustrierend und kostet zu viel Energie - wie sollte es auch jemals andere Umstände geben können? Wie habe ich glauben können Jemand zu sein oder Etwas zu haben? Ich bin Niemand. Und ich habe Nichts. Nichts außer Erinnerungen an letzte Male, und einer Ahnung, die über mir schwebt.

So what do you say
Did I ever have you anyway
I so want to stay
All my separate lives
Only one is the way
Iris - Cruel Silence

Sonntag, 7. November 2021

v i e l l e i c h t

vielleicht sind es die ahornbäume, die jeden meiner schritte gezählt haben, und nun wirken, als wüssten sie, dass ich, den leinpfad entlang laufend, eigentlich ein anderes ziel habe

vielleicht ist es die dunkelheit, die mich umhüllt; eine dunkelheit, die meine tränen und auch meine wünsche verbirgt

vielleicht ist es der garten voll sterbender blumen, in den ich mich mit meinen blicken
flüchte - denn ich kann mich ihr nicht zuwenden; kann nicht ertragen, dass sie nicht länger weiß, wie sie mich anschauen soll

vielleicht ist es der regen; dieses wetter ist längst zu etwas geworden, über das wir nur noch scherzhaft lachen, aber die wahrheit ist: kein regen, kein unwetter dieser welt könnte mich jemals davon abhalten, sie zu sehen

vielleicht ist es die kälte, die in jedem winkel des hauses lauert, und sich doch nie an sie heran wagt, stattdessen umgibt sie mich - oder kommt aus mir 

vielleicht sind es die träume. vielleicht ist es die musik. vielleicht werde ich auch nie erfahren, warum sie mir im herbst mehr fehlt als zu allen anderen (jahres)zeiten

Samstag, 6. November 2021

she said "let me love you in my own way" // i said "i've never hurt like this before... my ghost is yours"

She said "Let me love you in my own way"
She said "I've always loved you but I can't stay"
She said "Let me love you in my own way"
She said "You look lovely on the floor"
DREAMCAR - After I Confessed

"Es wird auch wieder einfacher" versuche ich mir zu sagen; versuche mir zu sagen, dass ich doch vor einer kleinen Weile erst festgestellt habe, dass es einfacher ist an den Tagen, an denen ich weiß, dass ich k ö n n t e. Weil es dann meine Entscheidung ist - das Schlimmste, all die Jahre lang, war immer immer immer das Gefühl der Ohnmacht, und das Wissen, dass kein Wutanfall der Welt, kein Hungern und kein Sterben dazu in der Lage ist, die Situation zu beeinflussen.
Das Gefühl hat sich nicht verändert, es ist noch immer so unfair, dass ich am Liebsten schreien möchte. Ich tue es nicht. Und hasse mich dafür. In was habe ich mich da verwandelt; bin ich etwa dazu übergegangen, einfach mitzuspielen?! Wann bin ich dazu übergegangen, einfach mitzuspielen? Wann habe ich den Widerstand hinter mir gelassen? Dann wird mir klar, dass die Zeiten sich geändert haben; es braucht Worte für diese Art von Widerstand. Das bloße Sein ist nicht mehr ausreichend. Ich wünschte wir könnten einfach s e i n hallt wie ein Echo durch meinen Kopf - ich meine, wir s i n d auch: wir sind denen* ein Dorn im Auge. Was wir nicht sind ist: zusammen. Das werden wir auch niemals sein. Und - anders als noch vor ein paar Monaten behauptet - fällt es ins Gewicht. Nebst anderen Dingen; für sich alleine genommen Kleinigkeiten, aber zusammen genug Tropfen, um das Fass zum Überlaufen zu bringen. 

💧 You look lovely on the floor. You look lovely. "Lovely." 💧 Vier Jahre nach "Lovely" habe ich längst aufgehört darüber zu sprechen. Wie könnte ich denn auch? Wenn schon das nicht in Ordnung war? 💧 Beautiful. 💧 Captivating. 💧 "Ich liebe dich nicht mehr." 💧 Ein (Fieber)Traum von Sternschnuppen. Sie zeichnet eine Sternschnuppe auf die Weihnachtskarte. 💧 Da steht ihr Name. Auf "meiner" Teetasse. Unter dem Henkel. Fast unbemerkt. 💧 Es ist ein Leuchtturm; es war noch nie so klar. Ein Leuchtturm, der nicht existiert, aber das Gefühl... Das Gefühl habe ich gefunden. Sicherheit. 💧 She said, she said... 💧 "Wenn es stimmt, dass wir nicht nur Tropfen sind, sondern auch Ozean..." 💧 Wo bist du? Wenn ich doch "nie wirklich alleine" bin? Warum bist du dann jetzt nicht hier? Wo? Bist? Du? 💧 Ich halte mich zurück; ich verstehe nicht, warum ich mich noch länger zurückhalte. "Du willst doch gar nichts fragen" meint die Stimme, die versucht mir einzureden, dass ich vernünftig sein muss. 💧 Ein Fiebertraum von... 💧 Aber das stimmt nicht. Ich möchte viele Dinge fragen; möchte dem Widerstand (m)eine Stimme verleihen. 💧 "Noch etwas?" Wochen später fühlt es sich an wie eine verpasste Chance. Kopf schütteln. Aufstehen. 💧 Das Feuer, das da brennt... 💧 Ein Notizbuch, in dem all die Dinge stehen, die ich nicht aus meinem Kopf bekomme. 💧 After I confessed you said it couldn't happen, no // No, not without a mess 💧 Die Tatsache, dass sie nicht weiß, dass es sich anfühlt wie ein Chaos... 💧 Ich verbringe Stunden damit, Worte zu einem Kleid zusammenzunähen. Ein Kleid, in dem unsere Geschichte ansehnlich wirkt. Nicht, dass ich jemals auf die Idee kommen würde, einer anderen Person davon zu erzählen. 💧 Vielleicht sollte ich die Geschichte mir selbst erzählen, solange bis ich sie verstehe. 💧 Es sollte gar keinen Preis geben; es sollte einfach sein, nicht an Bedingungen geknüpft. Es geht schließlich um Zuhause. 💧 // My ghost is yours // 💧

Sonntag, 31. Oktober 2021

empire & the sun (or: i could never love someone who could love someone like me)

Cause you're the empire and the sun
And you're the voice that calls me home
And you're the place that makes me wanna stay
But you're the walls I cannot climb
The Moth & The Flame - Empire & The Sun

Normalerweise arbeite ich am Wochenende nicht. Heute (also: gestern, denn technisch gesehen ist ja schon Sonntag) habe ich dann aber via Videotelefonat eine zweistündige Fallbesprechung mit einer Kollegin geführt. Besser: sie hat mir eine Mini-Fortbildung gegeben, da ich von der Behandlung des Störungsbildes meiner neuen Patientin keinen blassen Schimmer habe.
(Meine Chefin hat mir die Patientin nach der Anmeldung "zugewiesen" und war so: "Traust du dir das zu?" Getreu dem Motto "Learning by doing" habe ich Idiotin? zugestimmt. Kam mir super dumm vor heute mit meinem Wissen aus 20 Unterrichtsstunden, aber besagte Kollegin macht halt seit 20 Jahren nichts anderes.) Jedenfalls wollte sie gegen Ende des Gesprächs wissen, was ich für das Wochenende noch geplant habe. Ich... hoffe immer, dass meine Mitmenschen mir diese Frage nicht stellen, denn ich habe in letzter Zeit nie Pläne, die beinhalten, dass man mal das Haus verlässt. Und ich habe die Befürchtung, dass die gesellschaftliche Anerkennung (oder sowas in der Richtung?) in dem Fall nicht vorhanden ist.

"Offiziell" habe ich dann das erste Halbfinalspiel der Worlds geschaut, aber tatsächlich lief das mehr im Hintergrund, und ich bin irgendwo zwischen Pixeln verschwunden. Danach habe ich mich zwei Stunden lang in die Fantasiewelt eines Computerspiels gestürzt. War dabei aber auch nur in Bruchstücken anwesend. Und nun liege ich seit drei Stunden auf dem Bett, starre die Wand an, und denke über lebenswichtige Entscheidungen nach. Wie ich mit der Frau, die sich keinen Namen verdient hat verfahre, zum Beispiel. Der Funke ist nämlich nicht ganz übergesprungen. Auch zähle ich wieder die Wochen, seit. Und die Wochen, bis. Ich muss dringendst mindestens ihre Stimme hören. Am Besten wäre es natürlich, sie auch zu sehen. Der twist (mir fällt gerade absolut kein besseres Wort ein) ist bloß: Ich warte, um zu gehen. Nie warte ich, um zu bleiben; das treibt mich in den Wahnsinn und macht mich krank, wenn ich die Gedanken daran zulasse. Aber mal sehen, vielleicht finde ich dafür ja auch noch eine Schublade.

Mittwoch, 27. Oktober 2021

tonight my life will lack its meaning


Mays Nachricht gestern Abend tritt (zu) viele Dinge gleichzeitig los. Reya hat auch davon gehört und fragt - berechtigterweise - bei mir nach, weil sie Angst hat, dass ich nicht klar komme. Ich komme klar. Etwa 15 Stunden lang. Dann fällt meine Fassade in sich zusammen; ich kann nicht aufhören, daran zu -

Es ist so dunkel, dass ich kaum die Hand vor Augen erkennen kann. Ich stolpere blindlings durch den Wand und bahne mir einen Weg durch das Brombeerdickicht. Hier kann ich nicht bleiben. Doch wohin soll ich gehen? Was ist dieses "Zuhause"?

Ich kann einfach nicht aufhören, daran zu denken. Reya bietet an, darüber zu reden. Ich
spreche mir das Recht dazu ab. Es geht schließlich nicht um mich; ich kann nicht zulassen, dass sich unser Gespräch jetzt um mich dreht. Am Allerwenigsten kann ich May wissen lassen, dass ich mit ihren Neuigkeiten nicht gut umgehen kann. Es geht ihr sowieso schon schlecht genug, da will ich nicht noch Gewissensbisse verursachen. 

Das schlechte Gewissen bringt mich fast um. "Am Liebsten würde ich sie [Cheza] anrufen und ihr sagen, dass es mir unendlich Leid tut. (...) Ich habe ihr weh getan, wie soll ich mir das verzeihen? (...) Ich habe das Gefühl, als müsste ich es wieder gut machen. Aber ich habe doch nur meine Worte; wie können Worte den Schmerz aufwiegen?"

Ich kann es Reya nicht sagen; ich kann es May nicht sagen; ich kann es keiner Person auf dieser Welt sagen. I c h bin diejenige, die in dieser Sache... I c h habe das getan - also, hätte es getan. Fast. Und damit habe ich schon mehr als genug Schaden angerichtet. Zwei Jahre nach "Fast" fragt sie am Telefon nach, um meine Worte richtig zu deuten. Es bricht mir das Herz.

Meine Chefin möchte wissen, ob ich jemanden habe, um über solche Themen zu sprechen. Irgendetwas sagt mir, dass "Nein" keine zulässige Antwort ist. Ich denke an Sapphire? Kaiser? Cheza - lasse all die Kompliziertheit außenvor - und bejahe ihre Frage.

Ich bahne mir einen Weg durch das Brombeerdickicht und gelange über den Trampelpfad auf eine asphaltierte Straße. Nun, wo die Bäume nicht länger die Sicht versperren, kann ich nach oben in einen absurd schönen Sternenhimmel schauen. Ich fühle mich wie der einsamste Mensch auf dem Planeten. Wieso weiß ich nicht, wohin ich gehen soll? Wieso finde ich keinen Weg nach Hause? Ich kann bloß (m)eine Wohnung aufsuchen, die auch nach fünf Jahren kein Gefühl von Sicherheit vermittelt. Das tut nur Cheza.

Das Umschalten klappt. Manchmal weiß ich nicht mehr, wer ich bin. Wahrscheinlich sollte ich aufhören, mir den Stempel "Kaputt" aufzudrücken. Alles, damit sich meine kompetente Seite mir... Zugehöriger anfühlt. (Nicht darüber nachdenken, was das für eine Bedeutung hat. Nicht darüber nachdenken, wie unfair diese Sache ist. Nicht. Darüber. Nachdenken.)

Mittlerweile bin ich völlig leergeweint; wenn ich mich jetzt randvoll mit Ablenkung fülle, dann halte ich auch durch, bis... Ja, bis wann eigentlich? Bis ich am Wochenende Zeit habe für einen kompletten Zusammenbruch? Bis ich's in eine Schublade mit der Aufschrift "Lappalie" gesteckt habe? Und darauf vertraue, dass auch drin ist, was an der Außenseite dran steht? Keine Ahnung.

Samstag, 23. Oktober 2021

Von Äpfeln und Birnen

Davor.
Ich wünschte, es wäre einfach; es sollte einfach sein, aber das ist es nicht. Dieses Mal drehe ich immerhin nicht so durch wie im letzten Jahr, aber den Text, den ich im Juli 2020 geschrieben habe, würde ich noch immer unterschreiben. Und das ist problematisch. Weil die Tatsache, dass wir uns treffen, wohl unter "Hoffnungen machen" fällt. F*ck, das tut alleine schon der Aspekt dass ich mich nach "Da draußen" begebe. Und mit welchen Absichten? Ich denke immer, ich kann's. Aber ich kann's nicht. Ich kann das nicht; es ist nicht richtig, weil ich die ganze Zeit hoffe, dass sie sich nicht in mich verliebt. Das wäre das Schlimmste, das passieren könnte.

Diese Situation ist einfach nur verquer; verquer und moralisch fragwürdig, auch wenn Sapphire sagt(e) es sei nicht falsch, es zu versuchen. Wahrscheinlich ist das Schreiben dieses Textes auch einfach nur Prokrastination; ich will nicht in den Tag starten, ich habe sogar gehofft, dass sie absagt, weil alles so falsch falsch falsch ist; i c h bin falsch. Aber ich sehne mich auch nach Verbindungen und ich weiß, dass sie sich freuen würde; ich möchte kotzen bei dem Gedanken. Ich sollte das nicht tun, weil ich ihr gegenüber meinen guten Willen beweisen möchte. Ich kann auch nicht zugeben, dass ich Angst habe; ich habe Angst davor, dass es wird wie im Sommer 2019, denn hätte ich die Wahl gehabt... Doch ich hatte keine Wahl. Ich habe auch jetzt keine Wahl. Ein einziges Mal, das ist kein Verbrechen. Das ist kein Verbrechen, richtig?


Danach.

Es ist einfach; einfach, sich mit ihr zu unterhalten. Es fühlt sich nicht an wie ein Verbrechen. Wieder zuhause fällt mir auf, dass ich - um es sprichwörtlich auszudrücken - ja auch gar nicht Äpfel mit Birnen vergleichen kann. Also, kann ich schon, ergibt bloß keinen Sinn. Nein, diese Gefühle lassen sich nicht vergleichen; aus diesem Grund könn(t)en sie koexistieren. Und das wahrscheinlich nicht nur ein einziges, sondern auch ein zweites und ein drittes Mal; bis zu den ganzen ersten Malen, denn ich bin ziemlich sicher, dass es mich dann raus haut -

Fast würde ich sagen, dass es einfach nur Zeit braucht, aber wie viel Zeit braucht es wohl, um etwas zu erreichen, von dem ich nicht sicher bin, ob ich es auch will? Denn ich bin ein hoffnungsloser Fall; halte an etwas fest, warte auf etwas, das sich nicht erfüllen wird. Vielleicht, vielleicht lerne ich irgendwann eine Frau kennen, mit der es sich nicht so anfühlt wie: sich mit der zweiten Wahl zufriedengeben. Aber dazu muss ich mich nach "Da draußen" begeben; Menschen treffen, so wie heute. Ganz eventuell habe ich das unter "Hoffnungen machen" auch falsch geparkt, denn wann sind Gefühle schon garantiert? Es könnte gar nichts passieren, oder alles, aber am Wahrscheinlichsten ist, dass irgendwas dazwischen passiert.

"Irgendwas dazwischen" ist auch mein Zustand jetzt; bloß bin ich mir nicht ganz sicher, wozwischen genau ich mich befinde. Auf der einen Seite hoffe ich bei jeder Benachrichtigung auf meinem Handy, dass sie (lies: die Frau, bei der ich mir noch nicht sicher bin, ob sie einen Namen verdient hat) schreibt, auf der anderen Seite habe ich heute die Wochen gezählt, bis ich sie (lies: Cheza) treffen kann. Aber: Äpfel und Birnen. "Äpfel und Birnen" nimmt dem Ganzen die moralische Fragwürdigkeit. "Äpfel und Birnen" gibt Sapphire Recht. "Äpfel und Birnen" bestätigt Verbindungen. Ich mach's zu meinem Mantra. Und nachher schreib ich ihr. 

Donnerstag, 21. Oktober 2021

the pressure's on.

I step out the door and it's dark and I'm on my own
I breathe in the scent of the pine and the conifer cones
I feel like I've fallen down a staircase and broken my bones
Enter Shikari - the pressure's on.

Die letzten Tage habe ich mich gefragt, warum ich abends nach der Arbeit immer so erschöpft bin - schließlich arbeite ich ja nur 30 Stunden. Und dann fiel mir wie Schuppen von den Augen dass das ja keine 30 Wochenarbeitsstunden sind. Sondern 30 Therapiestunden. Dazu kommt noch: Vorbereitung, Dokumentation, Diagnostiken auswerten, Berichte schreiben, Termine vereinbaren, Gespräche aus der Reihe mit Eltern/Angehörigen oder sonstigen Personen aus dem Umfeld der Patient:innen. Kind zeigt Verhalten x. Verhalten x ist nicht gut. Also im Kindergarten anrufen und die Erzieherin fragen, wie das Kind da so drauf ist. Pausen mache ich auch noch zwischendurch. Wie kann ich mich nur erdreisten. Und naja, aus dieser Aufzählung wird vielleicht ersichtlich: das summiert sich. Hinzu kommt, dass die Fahrtzeit zur Arbeit beinahe eine Stunde beträgt; macht insgesamt also nahezu zwei Stunden, denn zurück nach Hause muss ich ja auch noch. Ich bin also die meisten Tage insgesamt fast 10 Stunden außer Haus, und wundere mich, dass ich am Abend nur noch essen und dann ins Bett möchte? Zusätzlich sind da Gefühle, die sich wie ein Schleier über mein "Es ist gerade sehr in Ordnung" legen. Ich meine, ich b i n in Ordnung, die meiste Zeit. Dann wieder bin ich wütend; traurig; gestresst; noch ein bisschen wütender - und das halte ich unter Verschluss. Weil ich Angst habe dass es mir den Boden unter den Füßen wegzieht, wenn ich mehr als einen flüchtigen Blick riskiere. Und wenn das jetzt auseinanderfällt ist da keine Person mehr, die mir beim Trümmer sortieren helfen könnte. Zu keinem anderen Zeitpunkt in meinem Leben war ich so sehr auf mich alleine gestellt. Zugegeben, das war meine eigene Entscheidung. Und noch bereue ich sie nicht. Auf der anderen Seite ist mir, als müsste ich Vorsorge treffen, denn ein Teil von mir wartet noch immer auf die Katastrophe. Doch die bleibt aus, seit nunmehr fast zwei Monaten. Das fühlt sich nicht immer an wie mein Leben. Es ist zu gut; gleichzeitig ist es das nicht... "Verwirrung" ist wohl ein passender Begriff für diesen Zustand. Wahrscheinlich sollte ich zumindest den Versuch wagen, das Ganze in Worte zu fassen. Wie viel kann schon schief gehen?

Montag, 11. Oktober 2021

You

(13) The answer is always You

(12) But the answer would have been You

(11) So I get up. And I leave.

(10) And I want to tell you. So badly. But I'm afraid everything will change. I'm afraid that you wouldn't understand. And that's a risk I'm not going to take.

(9) You want me to spell it out for you - 

(8) But I'm not paranoid. It looks like...

(7) I'm starting to shake. You seem to have it all figured out. I think you know the truth. Or am I getting paranoid? I'm getting paranoid. I'm paranoid.

(6) No way. This can't be happening.

(5) So, what do you need? I'm lost for words. You ask me a second time and I can't believe you just said that.

(4) ...

(3) You're done playing hide and seek. You're so done. I'm anxious. I have no idea what you are going to do next.

(2) And again, I'm not telling you all. I'm not saying what I really want to say. You know this. And...

(1) I'm telling you about this dream I have had. You. Me. On a Friday. Meeting each other. When we were not supposed to.

[Write about the time you made the wrong choice in reverse chronological order. After Rachel McKibbens]

Mittwoch, 6. Oktober 2021

Say, would you never walk away on the break of a coming day? Would you end this line with me?

Erst gestern habe ich einen Songtext gepostet, der mich an Cheza erinnert. Dabei habe ich den Wunsch nach einem "Für immer" in den Vordergrund gestellt. I wish you'd be forever by my side. Heute auf der Arbeit sitzt vor mir dann ein Junge, der vielleicht gerade 8 Jahre alt ist.
Am Ende unserer (wohlgemerkt ersten) Therapiestunde fragt er mich: "Kannst du für immer hier bleiben?" Das ist schon ein bisschen süß... Und macht mich gleichzeitig auch ein bisschen traurig. Denn ich wünschte, ich könnte sie mit der Unbedarftheit eines Kindes nach einem
"Für immer" fragen. Aber ich kann nicht. Weil ich nicht mehr 8 Jahre alt bin. Und es besser weiß wissen sollte. Ich wende mich dem Jungen zu und sage, dass ich bleibe - während ich mir wünsche, ich könnte sie bitten zu bleiben. Doch ich tue ihr schon wieder Unrecht; sie bleibt ja, sie verlässt mich nicht. Ich bin nicht im Stande dir zu sagen, dass. Ich weiß auch, dass sie würde, wenn sie könnte. Aber sie kann nicht. Oder besser: glaubt, nicht zu können. Aus... Gründen. Und plötzlich habe ich Angst, mehr "herauszufinden" in den nächsten Tagen, Wochen, Monaten. Ich habe Angst, dass ich beginne, Grenzen zu sehen. Angst, ihre Position besser nachvollziehen zu können; ich will für mein Scheitern keine rationale Begründung finden. Andererseits würde mir ein wenig mehr Verstehen vielleicht ganz tut tun. Schließlich muss irgendwie... irgendwann... etwas Bewegung in die Sache kommen. (Diese Worte. Aus meinem Mund. Ich bin schockiert.) Und zeitgleich gebe ich die Hoffnung nicht auf. Die Hoffnung, dass wir am Ende des Weges einen neuen Anfang finden können.

Say, would you never walk away
On the break of a coming day?
Would you end this line with me?
Would you like to waste away what we've ever been?
Would you like to come along with me?
Sirenia - A shadow of your own self

Dienstag, 5. Oktober 2021

// i wish you'd be forever by my side //

I wish that summer never would let go
I wish that winter never got its grip on my lost soul
I wish you'd be forever by my side
And lead me through the falling devastating eventide
Sirenia - Winter Land

Freitag, 1. Oktober 2021

3. Person / Singular / Präsens / Indikativ / Aktiv

Ich schreibe also diese Worte; schreibe Worte in die Stille und weiß dass ich auch schreien könnte: es macht keinen Unterschied. Du hörst mich nicht. Du hörst mich nur, wenn wir beide uns im selben Raum aufhalten; zu jedem anderen Zeitpunkt existiere ich in Deinem Leben nicht. Ich bin wie ein Geist; dabei bist Du es, die meine Gedanken heimsucht.

H i e r unterbricht mein Schreibfluss, ich stolpere über das Wort heimsucht. An dieser Stelle ein Verb: 3. Person Singular Präsens Indikativ Aktiv; "heimsucht" wie in "Als etwas Unerwünschtes, Unheilvolles o. Ä. über jemanden, etwas kommen; befallen." (Danke, Duden.) Aber wenn man es mal als Kompositum betrachten würde? Also heim+sucht? Und damit meine ich "heim" wie in "zuhause" und "sucht" wie in "suchen"? Das wäre dann nämlich meine Wenigkeit; 20 Jahre lang war ich "Die Heimsuchende" - bis ich mein Zuhause (bei Dir) gefunden habe.

So, und jetzt noch ein linguistischer Gedankengang - wir machen aus "heimsucht" noch ein Kompositum, dieses Mal aus zwei Nomen: wieder "Heim" wie in "Zuhause" und die "Sucht" wie "Abhängigkeit" - und auch in diesem Fall bin ich schuldig im Sinne der Anklage. Ich bin "heimsüchtig" - kann nicht genug bekommen von meinem Zuhause; von Dir. Und das ist der Fehler im Plan. Denn geplant war nie Mehr. Sondern immer nur Weniger. Ich erinnere mich noch daran, wie Du, als wir vor ein paar Monaten gesprochen haben, versucht hast die Veränderung zu relativieren. Erst dachte ich, dass Du Recht hast mit Deiner Sichtweise. Aber man kann das Ganze nicht mit meinen - Wortwahl? - restlichen Freundschaften vergleichen. Schon aus dem Grund, weil wir eben keine Freunde sind.

Ich meine, Sapphire sehe ich üblicherweise zu Weihnachten, und dann meist erst wieder im Frühjahr, weil sie so weit weg wohnt. Und das ist in Ordnung, eben w e i l wir zwischendurch in Kontakt stehen: per WhatsApp, Skype etc. Wenn ich Dich sehe, meinetwegen auch um Weihnachten herum, und dann erst wieder nach zwei/drei Monaten, herrscht in dieser gesamten Zeit Funkstille. Das ist der Unterschied; das ist es, was mich so... wahnsinnig macht. Ich würde Dir jetzt so gerne mitteilen, dass ich gut in der neuen Stadt angekommen bin, und wie mein erster Arbeitstag lief usw. - dazu fehlt mir aber jegliche Möglichkeit.

Stattdessen ist da Fuchs, der mir 30.000 Fragen stellt. Und vielleicht ein bisschen zu begeistert ist angesichts meiner Anwesenheit. So, um jetzt mal zum Punkt zu kommen mein berühmter Satz, der auch sehr gut zu dieser Situation passt: Ich weiß, dass das so ist, und dass das so sein muss, und dass es nichts gibt, was man dagegen tun könnte. Bloß hilft mir mein Wissen nicht; ich hasse es immer noch wie die Pest. Noch vor ein paar Tagen gingen mir all die Dinge durch den Kopf, die Du nicht tun kannst - nachdem mir auffiel, dass ich Dich mit meiner schwammigen Antwort total im Dunkeln gelassen habe. Das war gar keine Absicht, ich hatte bloß Angst, etwas Falsches zu sagen. (Der Gedanke, dass Du diese Info vielleicht brauchst, weil Du denen* Rede und Antwort stehen musst, hat mich dann fast zur Weißglut getrieben.)

Der Gedanke, dass Du diese Info für Dich brauchst... ist eigentlich gar nicht zulässig. Denn was hätte er - bis ans Ende gedacht - für eine Bedeutung? H i e r sollte ich aufhören, weiter daran zu denken, weil das eine Spirale in nur eine Richtung ist: abwärts. Vielleicht ist das der Zeitpunkt, um auf die Definition von "heimsuchen" zurückzukommen, die ich dem Internet entnommen habe: ich habe Dich mit etwas Unerwünschtem/Unheilvollem verglichen, aber Du weißt bestimmt, dass das überhaupt nicht meine Ansicht ist. Ich habe diese Worte noch nie ausgesprochen, auch nie aufgeschrieben, aber ich halte Dich für das Beste, was mir passieren konnte. Ja... das klingt jetzt wie ein Klischee, und noch vor zwei Jahren hatte ich eine ganz andere Meinung. Da hast Du nämlich gesagt "Es ist das Beste, das hätte passieren können" - und ich habe Dir kein Stück geglaubt. 

Aber das war bevor* - und bevor* bestand aus Kälte, Zittern, Panik. Dann vorsichtige Hoffnungen, Tage zählen, noch mehr Panik; aber das weißt Du natürlich. Ich merke gerade, dass ich keine Ahnung habe, wie diese ersten vier Zeilen sich so vervielfachen konnten, und ob dieser Text einigermaßen zusammenhängend ist. (Ich habe heute Morgen Kaffee getrunken. Ich trinke sonst nie Kaffee. Vielleicht erklärt das meine wirren (?) Gedanken.) Ich bin auch zu müde - trotz Kaffee! - um beurteilen zu können, ob man meinen Gedanken folgen kann; heute Vormittag sind so viele Informationen auf mich eingeprasselt, dass ich keinerlei Verarbeitungskapazitäten mehr zur Verfügung habe. Von heute Vormittag würde ich Dir gerne erzählen. Aber. 

Ich habe auch gar kein schlaues Fazit an dieser Stelle; ich könnte jetzt über den Preis philosophieren, den ich nun eben bezahle, oder darüber, dass das alles Part des Deals ist - Deal bringt mich dann zu Dealer bringt mich zurück zu Abhängigkeit. Naja, Abhängigkeit hin oder her; trotzdem bin ich jetzt hier. Ich glaube, es war die richtige Entscheidung. Ich weiß, dass Du weißt, dass ich ein bisschen Angst habe; und Du weißt, dass ich weiß, was die Lösung ist für dieses Problem. Aber noch bin ich in Ordnung. Es ist gerade sehr in Ordnung. Keine Kälte. Kein Zittern. Keine Panik. (Okay; ein bisschen Panik.) Aber dafür sehr viel Hoffnung.

Sonntag, 26. September 2021

(K)ein Sinneswandel

[evtl. Triggerwarnung bzgl. Essstörungen]

26.09.20 21:56 Uhr: Heute ist ein guter Tag, um dein Leben zu ändern.
Wir feiern Geburtstag. Heute. Mein Opa wird 81 Jahre alt. Im ganzen Haus riecht es nach Pflaumenkuchen und ständig klingelt das Telefon. Was niemand am Kaffeetisch weiß: dieser Tag ist auch für mich eine Art Geburtstag. Zwar ist mein richtiger Geburtstag erst im
Frühjahr - aber. Heute. Wird mein "neues" Leben offiziell drei Jahre alt. Und was tue ich? Ja. Genau. Ich trete es mit Füßen. Ein wenig mehr Dankbarkeit würde mir schon ganz gut stehen. Aber ich kann nicht. Und weil Kuchen essen und aus dem Fenster in den Garten schauen mich an Cheza erinnert... werde ich extra-melancholisch. Weil sie nicht da ist. Weil ich sie nicht anrufen kann. Weil ich sie nächste Woche eventuell anrufen könnte und genau das eventuell definitiv n i c h t tun sollte. Und weil ich weiß dass ich sowieso keine Wahl habe.

Den Rest des Tages verbringe ich am Schreibtisch. Ich muss viel für die Schule tun - viel viel zu viel. Noch vier Wochen. Dann habe ich an den Wochenenden vielleicht auch wieder Zeit für andere Dinge. Bis dahin... ist mir voraussichtlich vom ganzen Stress regelmäßig kotzübel und meine Wohnung ist ungefähr so aufgeräumt wie mein Kopf. Also gar nicht.
Positiv zu bemerken ist: ich habe (endlich) einen Therapieplatz. Muss bloß erst zum Arzt um so einen Wisch ausfüllen zu lassen. Verstehe auch noch nicht so ganz warum diese Therapeutin sich das antun will. Und überhaupt bin ich ein bisschen verwirrt. Von allem. Aber ich habe beschlossen: es muss sich etwas ändern. Die letzten Monate - das letzte Jahr - dürfen sich nicht wiederholen. Ich meine - ich habe das schon so so oft versucht. Und bin jedes Mal daran gescheitert. Vielleicht scheitere ich dieses Mal auch. Aber. Das ist immer noch besser als es gar nicht mehr zu versuchen.

26.09.21 14:59 Uhr: Reflexionen
Heute vor vier Jahren habe ich keinen Sinneswandel vollzogen. Es liest sich vielleicht ein bisschen so, wenn ich von meinem "neuen Leben" spreche. Aber erst kamen die Zwangsmaßnahmen - gegen die ich mich "natürlich" aufgelehnt habe: beispielsweise habe ich mein Esstagebuch "aufgebessert" und bei der Gewichtskontrolle beim Arzt geschummelt - und erst ein halbes Jahr später habe ich den Entschluss gefasst für mich etwas gegen meine Essstörung zu tun. Und nicht nur, weil mein Umfeld das so wollte. Zu dem Zeitpunkt habe ich immer noch versucht, dem Gesundwerden meine Regeln zu diktieren. Ich will zwar gesund werden, aber nur wenn ich am Ende nicht mehr als xx Kilo wiege. Ich will zwar gesund werden, aber für den Fall, dass ich mal ein Mittel zur Emotionsregulation brauche, spare ich mir ein bisschen meiner Essstörung auf. (Spoiler: das funktioniert so natürlich nicht.)

Der ganze Stress 2019 hat der "Operation Recovery" dann einen ordentlichen Dämpfer verpasst. Ich hatte gerade genug Kraft übrig, um die Krankheit irgendwie in Schach zu halten. Mehr nicht. Und dann hat sich 2020 irgendein Schalter umgelegt. Ich kann den Zeitpunkt nicht benennen und kenne auch keinen expliziten Grund, der dazu geführt hat - aber seitdem läuft es mit dem Essen. In Extremsituationen muss ich immer noch aufpassen, dass ich nicht rückfällig werde - aber mittlerweile kenne ich die Frühwarnzeichen. Ich kann die Gedanken besser hinterfragen, und die Tür, in der die Essstörung jahrelang noch einen Fuß hatte, bleibt fest verriegelt.

26.09.21 18:34 Uhr: Reflexionen II
Der Sinneswandel war also mehr ein Prozess, aber trotzdem hat dieser 26. September für mich eine Wichtigkeit. Wäre dieser Tag vor vier Jahren nämlich nicht genauso abgelaufen, wie er nun eben ablief, hätte ich mich wahrscheinlich mit ganzen Kräften weiter der Selbstzerstörung gewidmet. Habe ich aber nicht; stattdessen bin ich hier, und nach dem obligatorischen Kaffee bei den Großeltern ist dieser Tag auch immer für ein wenig Selbstreflexion reserviert.
Was habe ich erreicht? Wo will ich vielleicht noch hin, was sind die nächsten Ziele? Inzwischen ist das wohl mehr ein Finetuning - die Essstörung ist im Alltag nicht mal mehr Hintergrundrauschen - aber so ganz aus dem Blick lasse ich das Thema (noch?) nicht. Ich weiß nicht, ob das irgendwann möglich sein wird, dazu spielen zu viele Faktoren in die ganze Sache mit rein. Schließlich ist die Essstörung auch immer "nur" ein Symptom. Mittelfristig gibt es wohl auch noch einige... tieferliegende Dinge, die der Veränderung benötigen. Aber dazu ist jetzt mit dem Umzug und dem ersten Job nicht der richtige Zeitpunkt.

Was nun den ersten Absatz angeht: ich trete dieses Leben nicht mehr mit Füßen. Ja, da ist mehr Dankbarkeit; manchmal bis an den Punkt, an dem sie mir zu den Ohren wieder
rauskommt - und mittlerweile bin ich nicht mehr nur meinem Team dankbar. Ich weiß, dass diese Menschen viel für mich getan haben, aber i c h habe eben auch viel für mich getan. Es gab so viele Situationen, die ich alleine meistern musste: ich werde nie vergessen, wie ich mir auf der Toilette im Theater die Augen aus dem Kopf geweint habe, weil ich nicht mehr konnte. Da hat mich keiner an die Hand genommen; ich selbst musste irgendwie die Verzweiflung beiseite fegen und mich wieder an die Arbeit machen. Vielleicht war es auch ganz gut, dass ich nicht wusste, wie viel Arbeit da überhaupt auf mich zukommt. Dann hätte ich diesen Schritt wohl nie gewagt. Aber nun, mit dem Wissen darüber, wie g u t es werden kann, würde ich es immer wieder tun. Weil das vorher kein Leben war; ich saß 8 Jahre lang in einem Käfig fest und war mit Sterben beschäftigt. Ich habe die Freiheit erst auch nicht gewollt, das muss ich
zugeben - nach einem Jahr Krankheit stand ich (aus freien Stücken!) schon in einer Klinik auf der Matte, die auf Essstörungen spezialisiert war. Und dann habe ich nen Rückzieher gemacht. Habe mich auch geweigert, mit meinem ambulanten Therapeuten daran zu arbeiten.

Mittlerweile habe ich Blut geleckt - im positivsten Sinne. Natürlich gibt es noch Situationen, in denen das Konzept von "Freiheit" mich zu Tode ängstigt. Aber die Zeit der Gefangenschaft ist vorbei. Ich lasse mich nie wieder in Ketten legen. Und ich hoffe, dass ich diesen Text nie brauchen werde, um mich daran zu erinnern. 

Donnerstag, 23. September 2021

the remains of the day [this is not goodbye III]


Sie erzählt mir von ihrer Kindheit, von ihrem ersten Job, und von Perspektivwechseln. Ich hänge an ihren Lippen; kann sie bitte einfach immer weiter sprechen? Vielleicht so lange, bis auch die* mitbekommen, was hier gerade passiert? Dann wäre nämlich ziemlich schnell klar, dass man x sehr wohl von y trennen kann. Dass wir das gerade auf eine Art und Weise tun, die deren* Weltbild wahrscheinlich noch stärker gefährdet... *räusper* Eventuell trennen wir gerade auch überhaupt nichts. Und das hier ist das schönste x das ich je erlebt habe - 

Es bricht mir das Herz, dass sie noch immer Angst hat, mich zu verlieren.

"Ich bin nicht dazu im Stande dir zu sagen, dass." An dieser Stelle würde Irelia wohl wollen, dass ich nachfrage. Warum? Aber anders als Irelia brauche ich keine Erklärung in Worten, um zu verstehen. Ich verstehe, weil ich genau weiß, wie es sich anfühlt.

"So etwas findet man im Leben nicht oft." Mir ist nicht klar, ob sie erläutern will, dass sie versteht, warum es für mich so schwer ist - oder ob das tatsächlich auch ihre Meinung ist. Dann fällt mir ein, dass sie in den vergangenen Monaten öfter schon das Gleiche gesagt hat. Nicht jedes Mal in diesem Wortlaut. Aber. Trotzdem.

Noch immer bricht es mir das Herz, dass sie Angst hat, mich zu verlieren. Ich war so lange nicht in der Lage dazu, das zu sehen. Weil ich nicht sehen konnte, dass ich a u c h eine Bedeutung habe. Ich weiß auch nicht, ob ich je begreifen kann, wie tief ihre Angst sitzt. Und ich habe keinen blassen Schimmer, was ich tun kann, um ihr diese Angst zu nehmen. Denn: Worte? Die haben es heute nicht besser gemacht.

"Wenn du mich das nächste Mal etwas fragen willst, rufst du mich einfach an, anstatt dir erst fünf Wochen lang Gedanken zu machen, ja?" [Für's Protokoll: vier Tage. Es waren vier Tage.] Als sie das so sagt, klingt es auch überaus logisch, bloß... So "einfach" ist das für mich nicht.

[Zuhause fällt mir auf, dass ich schon seit einer Weile die Wochen nicht mehr gezählt habe.
Dafür tue ich es jetzt. Und nicht nur die Wochen, sondern die genaue Anzahl von Tagen, bis. Also, wenn es nach (meinem) Plan läuft. Wir hätten ja auch... Und ich hätte sehr gerne, aber noch größer war mein Anspruch, nicht zu "bedürftig" zu wirken. Keine Ahnung, ob das die richtige Entscheidung gewesen ist. Darf nicht daran denken, ob ihr die andere Variante vielleicht nicht etwas lieber gewesen wäre. Darf. Nicht. Daran. Denken.]

Der Blick auf die Uhr macht mich sehr glücklich.

Meine Hände zittern und ich umklammere meine Teetasse so fest, dass meine Fingerknöchel weiß hervortreten. Als meine Worte die Stille endlich durchbrechen, ist es meine Stimme, die mich verrät: wie verloren ich doch klinge. (Nur weiß sie das nicht, weil sie nicht weiß, worauf sie achten muss. Dieses Mal nicht.) "Es sind nur Träume. Es sind nur Träume, oder?" Es sind nur Träume, aber was ist, wenn? Was ist wenn, was ist wenn, was ist wenn.

Es braucht keinen Traum, um sie mitzunehmen. Aber das kann ich ihr nicht sagen.

Sie möchte wissen, was die Situation für mich etwas einfacher machen könnte. Ich denke nicht groß darüber nach, sondern frage sie, ob sie mich in den Arm nimmt. Dann passiert alles innerhalb von Sekundenbruchteilen.
1. Ich bin etwas überwältigt, weil ich schon fast vergessen hatte, wie richtig sich das anfühlt.
2. Es ist so richtig; es wäre falsch, jetzt ...mehr... zu wollen...
3. Es wäre falsch - und ich schrecke zurück, als hätte ich mich verbrannt.
4. Sie sieht mich an, und ich weiß, dass ich verloren wäre in dem Moment, in dem ich ihrem Blick begegne. Also wende ich mich ab. Denn: es sind vielleicht nur Träume - mein Körper hingegen ist sehr real. Und nun ist es nicht meine Stimme; mein ganzer Körper verrät mich.

Der Rest fällt in die Kategorie Die Flucht ergreifen. Also: die Gedanken und Gefühle ganz weit weg packen und gehen. Solange ich dazu noch in der Lage bin. Es ist ja auch nicht für immer; dieses Mal nicht. Dieses Mal ist es nur etwas... anders. Und weil ich nicht gut bin mit "anders" sammle ich die Zwischentöne und Bruchstücke, fast wie ein Eichhörnchen, das einen Wintervorrat anlegt. In der Hoffnung, dass mich das durch die nächste Zeit tragen kann. 

Samstag, 18. September 2021

I don't think about you any more.




Jeder Versuch zu schreiben resultiert gerade in einem Chaos. Ich kann nicht mal darüber schreiben, aus welchen Gründen ich nicht schreiben kann. Nur so viel: bis Donnerstag ging es mir tendenziell gut - von der Tatsache abgesehen, dass Schlaf gerade Mangelware ist. Die letzten beiden Tage ... waren nicht so schön ... und die nächsten beiden Tage werden auch nicht schön. Bis ich Montag/Dienstag dann (hoffentlich) endlich das Wissen erlange, das vielleicht wieder Schlaf bringt. Oder das genaue Gegenteil passiert. Bis dahin sitze ich wie auf glühenden Kohlen. Und denke nicht mehr an Cheza. Ich denke einfach nicht mehr an Cheza. (Aber ich denke auch nie weniger an sie. Vielleicht ist das das Problem: ich weiß nicht, wie.) Ich weiß einfach nicht.

Samstag, 11. September 2021

Kapitel 21: Nachtgedanken

Ich finde keinen Schlaf, also stehe ich wieder auf und stelle mich ans geöffnete Fenster. Die kühle Nachtluft streicht über mein Gesicht, sanft wie Fingerspitzen. Ich schließe die Augen und stelle mir vor, es wären Deine Hände, die mich berühren. Könnte ich doch ewig hier so stehen; ich müsste nie wieder in die Realität zurückkehren. Denn Realität ist: das letzte Mal meine Hand gehalten hast Du vor (viel zu vielen) Monaten. An diesem Tag hast Du mir gesagt, wie sehr ich Dir fehlen werde. Ich frage mich: bedeutet das, dass auch Du gerade nach draußen in den Himmel schaust und an mich denkst? Bedeutet das, dass Du meine Briefe liest, wieder und wieder, und in Gedanken die Linien nach ziehst, die mein Stift auf das Papier gezeichnet hat? Oder bedeutet es, dass Du versucht bist, zum Telefon zu greifen und meine Nummer zu wählen, allen „Regeln“ zum Trotz? Vielleicht träumst Du ja auch von mir in der Nacht und musst weinen beim Aufwachen, weil ich jetzt nicht bei Dir sein kann. Und werden Deine Erinnerungen manchmal auch so unaushaltbar, dass Du zum Alkohol greifst, um wenigstens für einen Moment vergessen zu können? Gleichzeitig ist es aber das Vergessen, das Dir am meisten Angst macht; die Angst, dass ich Dich vergessen könnte, denn was bliebe dann übrig von Deinem Leben? Dabei kannst Du ganz unbesorgt sein: an jedem Ort dieser Welt würde ich Dich am Nachthimmel finden. Und das ist Fluch und Segen zugleich.

And I will not sleep until you hold me
For I can not dream anymore
Of you and your absence so haunting
I won't sleep, I won't dream anymore
Cellar Darling - Insomnia

Dienstag, 7. September 2021

Glück ist, wenn die Katastrophe eine Pause macht

Mittwoch - 01.09.21
Die schönsten drei Worte der Welt sind nicht etwa "Ich liebe dich" (oder "Essen ist fertig") sondern "Sie haben bestanden" aus dem Mund meiner Schulleiterin. 

Donnerstag - 02.09.21
Zeugnisvergabe. Bei der nächsten Schülerin freue ich mich besonders darüber, ihr heute ihr Zeugnis überreichen zu dürfen... Und dann wird m e i n Name genannt. Also stehe ich auf, gehe nach vorne und nehme die Mappe mit den Dokumenten und die Blumen entgegen. Der Rest der Feier ist gefüllt mit Herzlichen Glückwunsch, Ria und Ich bin stolz auf dich, Ria.
Wieder zuhause greife ich zum Telefon und wähle Chezas Nummer. "Ich hatte gehofft, dass du mich anrufst" sagt sie und so sehr ich mich über ihre Worte freue, ist es doch genau dieser Satz, der das größte "Problem" aufzeigt, das wir haben -

Freitag - 03.09.21
Es ist halb 3 in der Nacht. Ich bin (wieder) so wach, dass ich das Gefühl habe, die nächsten 5 Nächte keinen Schlaf zu benötigen. Mitten auf der Tanzfläche trifft mich dann die Realisation, dass all diese Tage ja nicht nur von Feierlichkeiten geprägt sind, sondern auch von Abschieden. Da sind so viele verschiedene Personen auf dieser Party, von denen mir manche wirklich ans Herz gewachsen sind; und nicht mal bei Reya oder May ist vorauszusehen, wann wir uns wiedersehen werden. Drei Stunden später, um halb 6, liege ich auf Reyas Sofa und versuche, die Tränen zurückzuhalten. Im gleichen Raum schlafen May und ihr Freund auf ihren Luftmatratzen; dies ist nicht der passende Ort, um sich in den Schlaf zu weinen...

Samstag - 04.09.21
Vier Stunden Schlaf und eine Autofahrt von gefühlt der gleichen Länge später bin ich wieder zuhause. Mitgebracht habe ich einen Haufen Gefühle, die ich nicht zuordnen kann. Die Copingstrategie meiner Wahl für den restlichen Tag bzw. Abend lautet: zwischen Pixeln verschwinden. Also tue ich genau das.

Sonntag - 05.09.21
to do Liste für die nächste Woche:
- Schadensbegrenzung
- Aufräumen, Wäsche waschen, Altglas wegbringen
- Nachrichten beantworten
- Wohnungssuche
- Einkaufen
- Briefwahl beantragen

Montag - 06.09.21
Eigentlich wollte ich diesen Post am Sonntag veröffentlichen. Aber irgendwie fühle ich mich gerade nicht danach, Dinge aus meinem Leben mit dem Internet zu teilen. Ich weiß nicht, warum das so ist, oder wie lange das so bleibt. Aber vielleicht ist das auch total in Ordnung.

Dienstag - 07.09.21
Es ist 13:45 Uhr. Ich liege immer noch - oder: erneut - im Bett. Es ist wundervoll, endlich mal wieder ohne schlechtes Gewissen unproduktiv sein zu können, nachdem sich ein halbes Jahr lang jede Pause erarbeitet werden musste. Ich würde das Examen nicht nochmal machen wollen; sowieso erstaunt mich immer noch, dass es geglückt ist, wenn man bedenkt, wie es mir im Februar/März ging. [Kurzfassung: Tränen. Noch mehr Tränen. Hungern. Dissoziation. Längere Fassung nachzulesen hier: Should I? / Délivrance / Wither / Monochrome]
Ich weiß nicht, welche Ressourcen ich dann mobilisiert habe, um Prüfungen zu absolvieren, die sich über fünf Monate ziehen. Aber: es ist endlich geschafft, und ich muss nie wieder eine Klausur schreiben oder sitze in einer mündlichen Prüfung von fünf Menschen, die von mir erwarten, dass ich jetzt spreche. Ich bin unglaublich erleichtert; es bleiben nur noch zwei Dinge, die mich in mini-bisschen stressen. Das verwundert mich, denn ich bin es nicht gewohnt, dass es mir gut geht; die ganzen letzten Jahre war immer irgendetwas. Es fühlt sich so an, als müsse ich wachsam bleiben, damit die nächste Katastrophe mich nicht aus dem Hinterhalt überraschen kann. Denn: wenn jetzt nichts Schlimmes passiert... ist dann überhaupt noch mein Leben?

Sonntag, 29. August 2021

kill the sun

This tragedy I blame myself for nothing
And all I really want is just some peace of mind
I'm sabotaged by the words unspoken
Happiness is chasing my own suicide

Meine Worte perlen einfach ab, so wie Regentropfen, die an einer Fensterscheibe herunter laufen und nicht ins Innere gelangen können. Als hätte da jemand eine Mauer zwischen uns errichtet, und ich sei mit dem Gesicht voran dagegen geknallt. Denn ein paar Tage später finde ich die Antwort - mal wieder, ohne dass ich die Frage stellen musste. Ich meine, ich habe sie mir gestellt, und das schon vor einen kleinen Weile; hab mir dann eingeredet, dass das ja unmöglich die Antwort sein könnte und naja, es stellt sich heraus dass ich von Anfang an richtig lag, und nun fühle ich mich wie ein unfassbarer Idiot. Es ist nicht so, dass ich so super viel investiert hätte, aber es war mir wichtig, und ich verstehe nicht, warum. Weil ich es nicht ertrage, Menschen leiden zu sehen? Was glaube ich denn, wer ich bin; ein gutherziger Samariter? Vielleicht brauche ich es auch, gebraucht zu werden, aber bitte nicht mehr so; bitte nicht mehr nach dem "Du bist die Einzige mit der ich darüber reden kann" und dann Blut kotzen und sich weigern zur Therapie zu gehen Motto. Jedenfalls sehe ich meine Worte da immer noch stehen, fast ein wenig kleinlaut. Ha... Hallo? Das hier ist gerade nicht so einfach für mich... Hallo, hört mich jemand? Irgendjemand?

Disclaimer. Ich habe heute Mittag angefangen diesen Post zu schreiben; eigentlich sollte der vorherige Absatz enden mit einem "Es bleibt mir nichts anderes übrig als zu beschließen, dass es mich nicht mehr kümmert" - aber das wäre eine Lüge. Es kümmert mich. Weil dieses "Lediglich für eine bestimmte Sache gebraucht werden" oder besser "Lediglich für eine bestimmte Sache gut sein" eine eher unschöne Konnotation hat. (Aus einer gewissen Ecke in meinem Kopf sehe ich Omnos winken. Echt jetzt?) Ich bin mir fast sicher dass "es" in diesem Fall nicht mit Absicht geschehen ist, dass es nicht mit Absicht geschehen sein kann. Und trotzdem möchte ich noch eine Frage -in die Stille- stellen: Ging? Es? Jemals? (Auch?) Um? M i c h??? 

Noch ein Disclaimer. Ursprünglich sollte es in diesem Post um Freundschaften gehen.
Oder... um Fast-Freundschaften. Oder um Scheinbar-doch-keine-Freundschaften. Und um Bekanntschaften, die ich eigentlich nicht vertiefen möchte, aus... Gründen. (Looking at you, Fuchs.) In meiner Schreibpause habe ich dann aber bemerkt, dass da irgendetwas... losgetreten wurde. Und das nicht nur im Singular, sondern im Plural - da sind gleich mehrere Irgendetwasse und ich habe das Gefühl, als müsste ich denen auf den Grund gehen. Gleichzeitig habe ich das Gefühl, als müsste ich mich betrinken, das würde der ganzen Geschichte am aller schnellsten einen Riegel vorschieben. Gleichzeitig: von allen Abenden, an denen ich Alkohol trinken könnte, kann ich mir diesen am wenigsten aussuchen, weil ich morgen Prüfungen habe. (Sagte sie. Mit ihrem zweiten Gin Tonic in der Hand.) Naja. Ich müsste doch etwas mehr trinken, um davon morgen noch etwas zu bemerken, ist also alles unter Kontrolle.

Nur dass nichts mehr "unter Kontrolle" ist. Da spielen die folgende Faktoren mit rein:
a) Ich habe mich dazu erdreistet diesen letzten Post zu schreiben. Und ich weiß nicht, was mich mehr erschüttert: der Gedanke, dass ein alternatives Ende hätte sein können, dass ich versuche mir das Leben zu nehmen - Gott diese Worte sind so surreal - aber Tatsache ist auch, dass ich's wirklich fast nicht gepackt hätte. Womit wir wieder bei einem meiner Lieblingsthemen
wären - Zugzwang - und ich möchte nur ein klein wenig kotzen. Naja, und auf der anderen Seite steht die Idee von einem gemeinsamen Zuhause und das ist so afszrtadxtrxdc.
b) Das Thema "Verrat" lässt mich immer noch nicht los. Mittlerweile glaube ich herausgefunden zu haben, dass ich gar nicht denke, dass ich Cheza verrate - ich verrate mich selbst. Ich tue mir das an, was mir angetan wurde. Ich bin kein.Stück.besser; nachdem ich um diese Sicherheit fast schon Kriege geführt habe, nehme ich sie mir nun weg, ich verlasse sie. Sicherheit ist a l l e s, etwas in mir schreit, und ich weiß nicht, wie mir das jemals verzeihen soll.
c) Weirde Träume, zur Abwechslung mal nicht von Cheza. Also, auch von Cheza - und nichts war frustrierender, als aufzuwachen in dem Moment, in dem ich ihr Weihnachtsgeschenk (?!) öffnen wollte. In einem anderen Traum hält Dawn (?!) mich in ihrem Keller gefangen (??!!) und in wieder einer anderen Szene will Fynneck wissen, ob ich "meine Meinung geändert" hätte. Nein.
d) Irgendwie so... psychiatrisches Kram? So nach dem Motto: wenn das vor ein paar Wochen tatsächlich ein Mini-Rezidiv war, sind das hier vielleicht gar keine Depressionen, sondern. Wobei man dem Kind natürlich keinen Namen geben muss, es ist unbestreitbar existent, ob es nun (...) ist oder eine depressive Episode. Gefällt mir ungefähr gleich gut (nämlich gar nicht) weil ich im Moment auch einfach nicht weiß, was ich dem entgegensetzen soll. *seufz*
e) Absurde Hoffnungen, die ich gerade noch nicht weiter ausführen kann/will.
f) Ich fühle mich einsam, und weise gleichzeitig die sozialen Kontakte zurück, die da sind.
g) Ganz viel Kram, das mit Cheza zu tun hat - also, noch viel mehr Kram; ist ja nicht so, als würde es in vier von diesen Punkten nicht zumindest zum Teil auch um sie gehen. Oh well...

And I should learn to let this go
And I will never let you go
And I should learn to let this go
And I will never let you go
Cane Hill - Kill The Sun

Samstag, 28. August 2021

alternate endings (After Clara McGowan)

It's way too cold in here and I just can't seem to get used to it. Then I see you standing in the doorway, glistening, and my heart skips a beat. How on earth am I gonna tell you...? "I thought about your proposal. And you should know how grateful I am for giving me that opportunity, but I can't take up on that offer. It's too much. Hell, I'm not even sure if it's the right thing to do - "
"If that's what you really want", you silently reply, and I slowly nod, but I can see that the spark from your eye has gone. And just like that... I've broken your heart.

or

"Maybe we should increase your medication... Excuse me? Are you listening?" No. I'm not listening to what my doctor is saying. I'm not speaking either, to him or anybody else. I have trouble sleeping and I haven't eaten in days. All I've been doing is sitting there, staring at the bandage around my left wrist, wishing I had ceased to exist. Because I can't bear the pain of losing you. And I don't think that I ever will. I just need it all to stop.

or

The calender shows that it's almost December; in my mind it's still June. I'm stuck and I'm repeating your words over and over again, but it's been months and you still haven't talked to me about... change. Then, on a Monday evening, I finally gather all my courage. "I've been wanting to ask you about... you know, about us." My voice is trembling, and all over sudden you seem really concerned. "I guess there's no easy way to tell you this, so I'm just getting it over with. You know I really wanted this to work, but on a second glance I realized there are risks I'm not willing to take. Not even for you. I'm sorry." And just like that... you've broken my heart.

or

"I know you mean well but I can't keep doing this. This isn't enough."
"You're right. Let's get out of here."
"Where are we going?"
"Home."

Montag, 23. August 2021

I heard a fly buzz when I died

I heard a Fly buzz - when I died -
The Stillness in the Room
Was like the Stillness in the Air -
Between the Heaves of Storm

Der Wasserhahn tropft stetig vor sich hin; in irgendeiner Ecke summt eine Fliege; der Kühlschrank macht, naja, Kühlschrankgeräusche, und ich muss mit dem Löffel im.mer.wie.der viel zu laut über den Boden der Schüssel kratzen, um den letzten Reis herauszuholen.
Offiziell? Stehe ich in der Küche und mache Onigiri. Inoffiziell bin ich in der Hölle auf Erden gelandet; ich möchte mich ins Bett legen und mir die Decke über den Kopf ziehen, um mich vor der Reizüberflutung zu schützen. Während ich wie mechanisch die gleichen Handgriffe
ausführe - zuerst etwas Reis, dann ein bisschen Füllung, noch mehr Reis oben drauf, zusammendrücken - hat sich irgendetwas in meinem Kopf aufgehängt; die Fliege erinnert mich an das Gedicht I heard a fly buzz when I died - bloß kann ich mich ums Verrecken (Wortwitz nicht beabsichtigt) nicht an die nächste Zeile erinnern.

Naja; wenn ich gerade mal nicht an Poesie denke, denke ich an Cheza Keara und versuche herauszufinden, wie genau ich dieses Gespräch morgen über die Bühne bringen soll. Eine meiner Königsdisziplinen ist nämlich "Um den heißen Brei herumreden" aber ich habe das Gefühl, dass das eher weniger... zielführend wäre.  "Auf den richtigen Moment warten" kann ich auch vergessen; denn der kam schon und ich hab ihn verstreichen lassen. Ich habe dieses Jahr einige schwierige Gespräche führen müssen: mit Irelia wegen dieser dämlichen Berichte, mit einer Lehrerin wegen eines anderen dämlichen Berichts, mit meiner Schulleitung, nachdem die mich vom Fußboden aufsammeln durfte; und ich würde lieber jedes dieser Gespräche nochmal führen, wenn ich dazu morgen nicht mit Keara reden müsste. Weil ich ihr wahrscheinlich das Herz brechen werde - und über all das vergesse ich, dass ich sie ja auch verliere.

On the bright side: der Endspurt hat begonnen; ich habe diese Woche noch Zeit, um mir den letzten Stoff irgendwie in den Kopf zu ballern. Dann sind drei Prüfungstage, und wenn dann alles so läuft wie geplant, kann ich meine Berufsurkunde (!) in Empfang nehmen. Bloß wird das so nicht passieren, weil ich in mindestens einem Prüfungsteil durchfallen werde.
Ja; je länger ich nachdenke über die Prüfungen, die schon gelaufen sind, desto schlimmer wird das Ergebnis in meinen Gedanken. Tut nichts mehr zur Sache, dass mein Gefühl danach okayish bis gut war, mittlerweile ist es eine einzige Katastrophe. Aber es m u s s vorbei sein nächsten Donnerstag, weil ich sowas nicht ein weiteres Mal überstehen werde. Der Dauerstress (der ja seit April besteht) macht sich seit Wochen überdeutlich bemerkbar; ich krieche komplett auf dem Zahnfleisch und wenn Cheza nicht gewesen wäre, hätte ich vor drei Wochen wohl das Handtuch geworfen. Aber. Ich bin nicht so weit gekommen, um aufzugeben, wenn das Ziel in greifbarer Nähe ist. Denn: been there, done that - und nochmal passiert mir das unter Garantie nicht.

Es erstaunt mich übrigens, dass ich im Rahmen dieses Posts so gefasst wirken kann - dafür weine ich morgen dann wieder über meinen Lernzetteln; oder zumindest über den Lernzetteln eines ganz bestimmten Faches, in dem einfach Hopfen und Malz verloren ist. Wir können ja ausgleichen denke ich mir; und wenn das die Einstellung ist, mit der ich durch die Prüfung komme - sei's drum. Hauptsache ich komme da durch. Ich lasse euch jetzt mit Emily (und meiner Lieblingsstrophe aus ihrem Fliegen-Gedicht) alleine und begebe mich Richtung Bett.

With Blue - uncertain - stumbling Buzz -
Between the light - and me -
And then the Windows failed - and then -
I could not see to see -
Emily Dickinson

Donnerstag, 12. August 2021

Kollateralschaden

Ich trinke meinen dritten Cosmopolitan. Dieses Mal nicht aus, sondern nur mit Wodka. Lief das letzte Mal eventuell nicht so gut. Mein Abendessen waren Schokokekse, weil das mit dem Essen nicht so richtig will, und überhaupt ist das Leben gerade großartig. *Ironie off* Naja, es ist Examen, was will man erwarten? Hm, vielleicht, dass zumindest die im Moment benötigte Energiezufuhr stattfindet? Aber der Körper ist so "Du sitzt doch nur rum, Ria, du brauchst gerade nicht so
viel" - und der Kopf meint "Excusez-moi, ich versuche hier, den Lernstoff für die letzten 8 Fächer zu verarbeiten. Gib mir mehr Essen!" Aber Toast funktioniert nicht, weder Nudeln noch Quark funktionieren, und ich weiß langsam nicht mehr, was ich noch tun soll. Wie "Alkohol trinken" da die nächste logische Option ist, ist mir auch schleierhaft. Der Gedanke, dass es in drei Wochen tatsächlich endlich geschafft ist, beruhigt leider auch nicht, da ich im Grunde nur eins tun möchte: die Zeit anhalten.

Ich fühle mich einfach nicht bereit für all die Zukunftsdinge. Davon abgesehen, dass sich, glaube ich, keiner so wirklich 100%ig bereit fühlt für den ersten Job usw. - aber wer hier lange genug mitliest weiß, dass ich's mit den Gefühlen ganz gerne mal übertreibe. Ich habe eine unglaubliche Angst davor, dass sich in den nächsten Monaten herausstellt, dass ich für diesen Beruf nicht geeignet bin. [Sidenote: ich habe auch gedacht, dass ich nie einen Job finden werde. Am Ende hatte ich drei Vorstellungsgespräche. Und drei Jobangebote. Aber das hilft nicht weiter.]
Dann denke ich an all die positiven Rückmeldungen, die ich so bekommen habe, und kann's immer noch nicht glauben, denn wie kann es sein, dass ich tatsächlich mal gut in einer Sache bin? Wobei ich "Selbstzerstörung" nahezu perfektioniert hatte. Aber ich meine jetzt eher produktive Dinge. Da ist zum Beispiel mein (ich sag's nicht ich sag's nicht ich sag's nicht) Lieblingspatient (oh, ups) der meint "Es ist immer so schön mit Ihnen" und abgesehen davon, dass "schön" zwar schön und gut ist, ich ihm aber gerne etwas beibringen würde, damit er im Alltag besser klar kommt, bitte danke, schmilzt in solchen Momenten mein Herz ja doch ein Stückchen.

Aber worauf ich eigentlich hinaus will: zu viel an Gefühl, keine Verarbeitungsmöglichkeiten. Was da helfen würde, wäre wahrscheinlich Therapie, aber naja, ich habe nur noch zwei Stunden bei Irelia, aus... Gründen, und wann ich den nächsten Therapieplatz finde, steht in den Sternen. Therapeutensuche raubt dann nochmal zusätzlich Energie, die ich nicht habe, weil ich das mit dem Telefonieren so schrecklich finde. Generell gibt es einfach zu viele Dinge, die erledigt werden müssten und zu viele Gefühle, die gefühlt werden sollten, aber viel zu wenig Energie um etwas davon zu bewältigen. Auch fühle ich mich schlecht damit, Prioritäten zu setzen, kann keine Entscheidungen treffen, und das resultiert dann darin, dass ich im Supermarkt vor dem Regal mit den Tomaten fast anfange zu weinen, weil da viel zu viel Auswahl und diese Situation die reine Überforderung ist. Ich weiß nicht genau, was mit mir nicht stimmt; in jedem Fall liegen meine Nerven blank. Selbst die Pausen sind mehr ein Zwang als Entspannung, etwas, das so schnell wie möglich erledigt werden muss, damit ich die Zeit wieder "sinnvolleren" Dingen widmen kann. Hab ich schon erwähnt, dass ich noch für 8 Prüfungen lernen muss?

Ja, das hier ist wahrscheinlich gerade sehr viel Mimimi; selbst wenn ich gewusst hätte dass das so wahnsinnig viel Arbeit wird, hätte das nichts an meiner Entscheidung verändert. Dass ich das Interesse an so ziemlich allen Dingen verliere, scheint nicht mehr zu sein als Kollateralschaden. Ich möchte einfach nichts mehr tun, weder Bücher lesen, im Wald spazieren gehen, noch Yoga. Wenn ich könnte, würde ich den ganzen Tag im Bett liegen, weil mich schon morgens eine unglaubliche Sinnlosigkeit überwältigt. Kann ich nicht ein paar Wochen lang nur im Bett liegen (und an Cheza denken)? Examen sagt Nein. Na gut. Auch irgendwo verständlich. Übrigens finde ich es erstaunlich, wie Cheza es schafft, mal ein Punkt auf der "Panikliste" zu sein, und dann wieder Ressource. Also, nach unserem letzten Gespräch wieder mehr Ressource als Paniklistenpunkt, aber das bleibt nur so lange wie ich es schaffe, nicht an die Zukunft zu denken. Also nicht lange. Es ist alles mehr oder weniger asjcgvszswtxr - wobei ich darüber wohl einen eigenen Post schreiben könnte. Sprich: sollte, denn dieser hier ist eh schon viel zu lang. Naja.

Mittwoch, 4. August 2021

where i want to be

And there is something in your face
That pulls me far enough away
I guess that I always knew
That I'd find you when I thought

I reached my point, I let them down
I slept in the worst part of this town
You are my song
And you are where I want to be
The Dangerous Summer - Where I Want To Be

Sie betont nochmal das "Ausnahmsweise" und ich denke: das hier ist gar keine Ausnahme. Das hier ist eine Ausnahme in einer Ausnahmesituation; wir haben in den letzten fünf (?) Wochen oder so Ausnahmeception gelebt. Wobei man für eine Ausnahme ja immer auch eine Erlaubnis braucht, und wir haben es über "Zähneknirschend geduldet werden" nie wirklich hinaus geschafft. (Noch immer bin ich sprachlos angesichts der Kleingeistigkeit und Engstirnigkeit mancher Menschen; vor allem wenn gerade diese Menschen eigentlich über den Tellerrand hinausschauen m ü s s t e n. Naja.) Ausnahmsweise muss ich für eine kleine Weile dann nichts mehr leisten; ausnahmsweise genügt es, einfach zu sein: ich kann mich also in den Sessel lehnen und durch das Fenster oben die Wolken betrachten, die über den Himmel ziehen. Und wenn ich den Blick dann senke ist da Cheza, und sie sieht mich an und ich weiß, dass ich nie an einem anderen Ort sein wollte. Denn nur bei ihr kann ich wieder zu Kraft kommen, nachdem ich in der letzten Zeit weder sprechen noch schreiben noch schlafen noch (...) konnte. Und bald kann ich auch endlich eine Pause machen, die länger dauert als zwei Stunden. So ist zumindest der Plan.

Sonntag, 1. August 2021

the secrets i'll bring to you are of thorns and ice

Now listen carefully
Here it comes
It's what I keep inside
This is the crime that I've tried to hide
Deathstars - Virtue To Vice

Ich tue das einzige, das die momentane Situation noch schlimmer machen kann: ich schweige. Ich erzähle es ihr einfach nächste Woche denke ich. Blöd nur, dass man Unterhaltungen schlecht planen kann, weil man Menschen eben nicht planen kann. Als Keara mir dann die Frage stellt, die ich so unbedingt vermeiden wollte, hole ich mit meiner Erzählung absichtlich möglichst weit aus, um irgendwo noch ein Schlupfloch zu finden. Es funktioniert. Und ich hasse mich dafür. Ich erzähle es ihr einfach nächste Woche, dann sind es immer noch fast zwei Monate, also mehr als genug Zeit um sich an diese Tatsache zu gewöhnen denke ich und möchte schreien, weil ich weiß, dass ich ihr weh tun werde, egal wie ich mich entscheide.
Meine Optionen sind genau zwei: ihr jetzt weh tun oder ihr später weh tun. Je später es wird, desto schlimmer ist es wahrscheinlich, und trotzdem rücke ich nicht mit der Sprache raus. Vielleicht überschätze ich ja auch meine Wichtigkeit? Das wäre doch möglich? Und dann ist es für sie gar nicht so schlimm? Aber schon Kearas dritter Satz ist "Du bist die Einzige, die das versteht" und anschließend geht es eine Weile darum, dass Freundin A jetzt in B wohnt und Freundin X nun in Y studiert und Freundin Z nie Zeit hat, weil. Ich weiß, dass ich das alles wohl nicht zu meiner Verantwortung machen sollte, aber irgendwie tue ich es doch; irgendwie tue ich das jedes Mal, vielleicht weil ich mir immer gewünscht habe, dass irgendjemand mal Verantwortung für mich übernimmt. Ich erzähle es ihr nächste Woche denke ich. Dann sind wir auch in einer schöneren Umgebung - als würden vier Wände um uns herum es leichter machen; als würde ich kein Verbrechen an unserer Freundschaft begehen, nur weil ich's in der Küche erzähle. Ich sollte Keara nicht auch noch "verlassen". Aber daran führt wohl kein Weg vorbei.

Samstag, 31. Juli 2021

if i could live another way, what would you do? // i know what i'd do if i could

Guten Tag Ria Daring!

Sie haben sich an der Hochschule [hier Stadt einfügen] einen Bewerber-Account für die Online-Bewerbung angelegt. Im Bewerber-Account haben Sie eine Bewerbung erstellt, diese aber noch nicht elektronisch abgeschickt. Bewerbernummer: [hier Zahl einfügen]

Da die Bewerbungsfrist am 31-07-2021 um 23:59 Uhr endet, möchten wir Sie hiermit daran erinnern, dass Ihre Bewerbung im Zulassungsverfahren nur berücksichtigt werden kann, wenn Sie die Bewerbung bis dahin elektronisch abgeschickt haben.

Ihr Serviceteam des Studierendensekretariats der Hochschule [hier Stadt einfügen]

__________

Es ist nicht zu spät. Ich hätte noch ein paar Stunden Zeit, und die Bewerbung ist im Grunde fertig. Ich müsste lediglich auf "Abschicken" klicken. Aber. Ich weiß, dass ich diese Frist verstreichen lassen werde. Und dass das das Richtige ist; trotzdem fühlt es sich nicht gut an, dass mir das durch diese Mail nochmal unter die Nase gerieben wird. Eigentlich interessiert der Studiengang mich auch nicht, oder: nicht genug, um dafür Schulden anzuhäufen, weil ich dann Bafög beziehen müsste. [Trotzdem ist studieren mit bleiben gleichzusetzen.] Wenn ich dann das Haus verlasse, denke ich jedes Mal, dass das schon nicht so schlimm wäre. Bloß will ich mehr als ein "Nicht so schlimm" - es ergibt einfach absolut keinen Sinn dieses "Nicht so schlimm" in Kauf zu nehmen. Nicht, wenn ich nach dem Abschluss endlich tun kann was ich möchte. [Mal von der Tatsache abgesehen, dass ich nie tun bzw. haben kann was ich wirklich will, und alles andere immer nur die zweitbeste Option ist. Ich lebe immer nur das zweitbeste Leben. Ich weiß, dass das ein eher toxischer Gedanke ist, aber so ganz bekomme ich ihn nicht aus meinem Kopf.]

If I was how I wanted, how can I like you?
Tell me would you, tell me would you?
Tell me would you too?
If I wait till tomorrow, would you see it through?
Tell me would you, tell me would you?
Tell me would you too?
Halfwait - Would You?