Samstag, 15. Juli 2023

the silence where i stood

ich mache das nicht mit absicht. und ich mache das mit absicht. und es funktioniert, und es funktioniert nicht; es funktioniert ganz eindeutig nicht, sonst würde ich hier nicht sitzen, alleine mit einer flasche wein. aus angst, zu weit zu gehen, gehe ich lieber. das darf ich sie bloß nicht wissen lassen, sonst wirft sie mir wieder vor, dass ich ihr nicht genug vertrauen würde. dabei hat das mit vertrauen nichts zu tun. ich kenne sie. aber
m i c h kenne ich auch. und streng genommen weiß ich, dass ich's mir nicht erlauben dürfte, sie zu brauchen. aber ich tu's doch. vielleicht geht's ja gut aus dieses mal? sie sieht auch das problem überhaupt nicht; völlig mitleidslos ist sie der meinung, ich müsse das jetzt eben lernen. dass jemand [also: sie] gut ist zu mir. und dass nichts schlimmes passiert. [ich kann hier nicht weiter schreiben. ich bin viel zu verwirrt. sie sagt all diese dinge zu mir; vor ein paar tagen sagte sie, sie sei stolz auf mich, und ich wusste absolut nicht, wie ich darauf reagieren sollte. ich weiß auch nicht, ob das überhaupt schonmal jemand zu mir gesagt hat. scheiße, ist das nicht traurig? ja, doch, vielleicht mache ich das mit absicht; irgendwie muss ich ja sicherstellen, dass sie mir nicht auch noch abhanden kommt. das könnte ich nicht ertragen.]

In my whole life
There's silence where I stood
I found you in the lone light
Never knew it felt this good
Won't you teach me how to see
The way you see me
Talos - See Me

you gave me nothing whatsoever but a reason to leave

When you sit there acting like you know me
Acting like you only brought me in to get below me
Never mind the death threats parting at the door
We'd rather be six feet under than be lonely
And if you had a problem then you should have told me
Before you started getting all aggressive and controlling
Sleep Token - Granite

Jetzt mal im Ernst. Was ist denn los mit Dir? Ich hab getan, was Du wolltest. Und jetzt ist das hier meine Schuld? Ja, ich bin gegangen. Ich bin tatsächlich gegangen - nachdem DU mich weg geschickt hattest. Ich wäre doch geblieben - Du hättest es nur sagen müsen, aber Du wolltest nicht. Und nun stört es Dich, dass in meinem "neuen Leben" kein Platz mehr ist für Dich? Wessen Verantwortung ist denn das? Hätte es Dir vielleicht gefallen, wenn ich noch länger gewartet hätte auf Dich, irgendwo da zu Deinen Füßen? Das kannst Du vergessen. Du wolltest Dich doch nie befreien; wolltest bloß ein bisschen Gesellschaft haben in Deinem verdammten goldenen Käfig. Und ich war zu blind, um das zu erkennen. Aber nun weiß ich es besser. Und ich werde garantiert nie wieder auch nur einen einzigen Fuß über Deine Türschwelle setzen.

Mittwoch, 12. Juli 2023

this is (not) goodbye

24 Minuten lang haben wir uns nichts zu sagen. Ich erzähle ihr von meiner Feststellung, dass es keine sinnvolle Fortsetzung für uns gibt. Einen würdigen Abschluss hätte ich mir gewünscht - doch das hier ist keiner; es macht mich wütend, dass sie mit allem so in Ordnung ist. Sie ist sogar okay mit ihrem Nicht-In-Ordnung-Sein und das fuckt mich komplett ab. Aber gut, nicht mehr mein Problem. (Nicht mein Zirkus, nicht meine Affen, oder wie sagt man?) Mehr so pro forma fragt sie, wie es mir geht, ich sage: Ich habe herausgefunden, wer ich bin. Früher hätte ich konkretisiert: Ich bin non-binary* und mein Name ist Rain. (Ein Teil von mir vergeht sich in Trauer darüber, dass ich nie wissen werde, wie mein Name sich anhört aus ihrem Mund. Ein Teil von mir weint vor Erleichterung, weil es nun endlich vorbei ist. Und: weil alles andere im Moment beginnt.)

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* Hi. Jetzt nochmal offiziell für die Leute im Internet, und nicht in einem Halbsatz, in dem ich mein letztes Gespräch mit der Eiskönigin verarbeite. Durch mein Leben zieht sich gerade eine Reihe von Veränderungen, unter anderem dadurch angestoßen, dass ich (endlich!) das Gender-Rätsel lösen konnte. Ich bin non-binary (librafluid, falls Micro Label für euch interessant sind) und mein Name ist Rain. Rain Avery, um genau zu sein; ich wollte immer einen zweiten Vornamen, und nun habe ich ihn. Meine Pronomen sind they/them. Ich bin mitten im Coming Out Prozess (und im Prozess, mir einen Therapieplatz zu suchen; nach meinem Urlaub im August habe ich ein Erstgespräch) und fühle mich so befreit wie noch nie in meinem Leben zuvor. Weil es genau das endlich ist: mein Leben. Natürlich hängen an der ganzen Sache auch unglaublich viele Faktoren, die mich stressen. Aber das regelt sich mit der Zeit, ganz bestimmt.

(Falls sich hier andere NBs herumtreiben, und jemand hätte daran Interesse, sich mit mir auszutauschen, lasst mir gerne einen Kommentar da. Ich würde mich freuen.)