Sonntag, 31. Oktober 2021

empire & the sun (or: i could never love someone who could love someone like me)

Cause you're the empire and the sun
And you're the voice that calls me home
And you're the place that makes me wanna stay
But you're the walls I cannot climb
The Moth & The Flame - Empire & The Sun

Normalerweise arbeite ich am Wochenende nicht. Heute (also: gestern, denn technisch gesehen ist ja schon Sonntag) habe ich dann aber via Videotelefonat eine zweistündige Fallbesprechung mit einer Kollegin geführt. Besser: sie hat mir eine Mini-Fortbildung gegeben, da ich von der Behandlung des Störungsbildes meiner neuen Patientin keinen blassen Schimmer habe.
(Meine Chefin hat mir die Patientin nach der Anmeldung "zugewiesen" und war so: "Traust du dir das zu?" Getreu dem Motto "Learning by doing" habe ich Idiotin? zugestimmt. Kam mir super dumm vor heute mit meinem Wissen aus 20 Unterrichtsstunden, aber besagte Kollegin macht halt seit 20 Jahren nichts anderes.) Jedenfalls wollte sie gegen Ende des Gesprächs wissen, was ich für das Wochenende noch geplant habe. Ich... hoffe immer, dass meine Mitmenschen mir diese Frage nicht stellen, denn ich habe in letzter Zeit nie Pläne, die beinhalten, dass man mal das Haus verlässt. Und ich habe die Befürchtung, dass die gesellschaftliche Anerkennung (oder sowas in der Richtung?) in dem Fall nicht vorhanden ist.

"Offiziell" habe ich dann das erste Halbfinalspiel der Worlds geschaut, aber tatsächlich lief das mehr im Hintergrund, und ich bin irgendwo zwischen Pixeln verschwunden. Danach habe ich mich zwei Stunden lang in die Fantasiewelt eines Computerspiels gestürzt. War dabei aber auch nur in Bruchstücken anwesend. Und nun liege ich seit drei Stunden auf dem Bett, starre die Wand an, und denke über lebenswichtige Entscheidungen nach. Wie ich mit der Frau, die sich keinen Namen verdient hat verfahre, zum Beispiel. Der Funke ist nämlich nicht ganz übergesprungen. Auch zähle ich wieder die Wochen, seit. Und die Wochen, bis. Ich muss dringendst mindestens ihre Stimme hören. Am Besten wäre es natürlich, sie auch zu sehen. Der twist (mir fällt gerade absolut kein besseres Wort ein) ist bloß: Ich warte, um zu gehen. Nie warte ich, um zu bleiben; das treibt mich in den Wahnsinn und macht mich krank, wenn ich die Gedanken daran zulasse. Aber mal sehen, vielleicht finde ich dafür ja auch noch eine Schublade.

Mittwoch, 27. Oktober 2021

tonight my life will lack its meaning


Mays Nachricht gestern Abend tritt (zu) viele Dinge gleichzeitig los. Reya hat auch davon gehört und fragt - berechtigterweise - bei mir nach, weil sie Angst hat, dass ich nicht klar komme. Ich komme klar. Etwa 15 Stunden lang. Dann fällt meine Fassade in sich zusammen; ich kann nicht aufhören, daran zu -

Es ist so dunkel, dass ich kaum die Hand vor Augen erkennen kann. Ich stolpere blindlings durch den Wand und bahne mir einen Weg durch das Brombeerdickicht. Hier kann ich nicht bleiben. Doch wohin soll ich gehen? Was ist dieses "Zuhause"?

Ich kann einfach nicht aufhören, daran zu denken. Reya bietet an, darüber zu reden. Ich
spreche mir das Recht dazu ab. Es geht schließlich nicht um mich; ich kann nicht zulassen, dass sich unser Gespräch jetzt um mich dreht. Am Allerwenigsten kann ich May wissen lassen, dass ich mit ihren Neuigkeiten nicht gut umgehen kann. Es geht ihr sowieso schon schlecht genug, da will ich nicht noch Gewissensbisse verursachen. 

Das schlechte Gewissen bringt mich fast um. "Am Liebsten würde ich sie [Cheza] anrufen und ihr sagen, dass es mir unendlich Leid tut. (...) Ich habe ihr weh getan, wie soll ich mir das verzeihen? (...) Ich habe das Gefühl, als müsste ich es wieder gut machen. Aber ich habe doch nur meine Worte; wie können Worte den Schmerz aufwiegen?"

Ich kann es Reya nicht sagen; ich kann es May nicht sagen; ich kann es keiner Person auf dieser Welt sagen. I c h bin diejenige, die in dieser Sache... I c h habe das getan - also, hätte es getan. Fast. Und damit habe ich schon mehr als genug Schaden angerichtet. Zwei Jahre nach "Fast" fragt sie am Telefon nach, um meine Worte richtig zu deuten. Es bricht mir das Herz.

Meine Chefin möchte wissen, ob ich jemanden habe, um über solche Themen zu sprechen. Irgendetwas sagt mir, dass "Nein" keine zulässige Antwort ist. Ich denke an Sapphire? Kaiser? Cheza - lasse all die Kompliziertheit außenvor - und bejahe ihre Frage.

Ich bahne mir einen Weg durch das Brombeerdickicht und gelange über den Trampelpfad auf eine asphaltierte Straße. Nun, wo die Bäume nicht länger die Sicht versperren, kann ich nach oben in einen absurd schönen Sternenhimmel schauen. Ich fühle mich wie der einsamste Mensch auf dem Planeten. Wieso weiß ich nicht, wohin ich gehen soll? Wieso finde ich keinen Weg nach Hause? Ich kann bloß (m)eine Wohnung aufsuchen, die auch nach fünf Jahren kein Gefühl von Sicherheit vermittelt. Das tut nur Cheza.

Das Umschalten klappt. Manchmal weiß ich nicht mehr, wer ich bin. Wahrscheinlich sollte ich aufhören, mir den Stempel "Kaputt" aufzudrücken. Alles, damit sich meine kompetente Seite mir... Zugehöriger anfühlt. (Nicht darüber nachdenken, was das für eine Bedeutung hat. Nicht darüber nachdenken, wie unfair diese Sache ist. Nicht. Darüber. Nachdenken.)

Mittlerweile bin ich völlig leergeweint; wenn ich mich jetzt randvoll mit Ablenkung fülle, dann halte ich auch durch, bis... Ja, bis wann eigentlich? Bis ich am Wochenende Zeit habe für einen kompletten Zusammenbruch? Bis ich's in eine Schublade mit der Aufschrift "Lappalie" gesteckt habe? Und darauf vertraue, dass auch drin ist, was an der Außenseite dran steht? Keine Ahnung.

Samstag, 23. Oktober 2021

Von Äpfeln und Birnen

Davor.
Ich wünschte, es wäre einfach; es sollte einfach sein, aber das ist es nicht. Dieses Mal drehe ich immerhin nicht so durch wie im letzten Jahr, aber den Text, den ich im Juli 2020 geschrieben habe, würde ich noch immer unterschreiben. Und das ist problematisch. Weil die Tatsache, dass wir uns treffen, wohl unter "Hoffnungen machen" fällt. F*ck, das tut alleine schon der Aspekt dass ich mich nach "Da draußen" begebe. Und mit welchen Absichten? Ich denke immer, ich kann's. Aber ich kann's nicht. Ich kann das nicht; es ist nicht richtig, weil ich die ganze Zeit hoffe, dass sie sich nicht in mich verliebt. Das wäre das Schlimmste, das passieren könnte.

Diese Situation ist einfach nur verquer; verquer und moralisch fragwürdig, auch wenn Sapphire sagt(e) es sei nicht falsch, es zu versuchen. Wahrscheinlich ist das Schreiben dieses Textes auch einfach nur Prokrastination; ich will nicht in den Tag starten, ich habe sogar gehofft, dass sie absagt, weil alles so falsch falsch falsch ist; i c h bin falsch. Aber ich sehne mich auch nach Verbindungen und ich weiß, dass sie sich freuen würde; ich möchte kotzen bei dem Gedanken. Ich sollte das nicht tun, weil ich ihr gegenüber meinen guten Willen beweisen möchte. Ich kann auch nicht zugeben, dass ich Angst habe; ich habe Angst davor, dass es wird wie im Sommer 2019, denn hätte ich die Wahl gehabt... Doch ich hatte keine Wahl. Ich habe auch jetzt keine Wahl. Ein einziges Mal, das ist kein Verbrechen. Das ist kein Verbrechen, richtig?


Danach.

Es ist einfach; einfach, sich mit ihr zu unterhalten. Es fühlt sich nicht an wie ein Verbrechen. Wieder zuhause fällt mir auf, dass ich - um es sprichwörtlich auszudrücken - ja auch gar nicht Äpfel mit Birnen vergleichen kann. Also, kann ich schon, ergibt bloß keinen Sinn. Nein, diese Gefühle lassen sich nicht vergleichen; aus diesem Grund könn(t)en sie koexistieren. Und das wahrscheinlich nicht nur ein einziges, sondern auch ein zweites und ein drittes Mal; bis zu den ganzen ersten Malen, denn ich bin ziemlich sicher, dass es mich dann raus haut -

Fast würde ich sagen, dass es einfach nur Zeit braucht, aber wie viel Zeit braucht es wohl, um etwas zu erreichen, von dem ich nicht sicher bin, ob ich es auch will? Denn ich bin ein hoffnungsloser Fall; halte an etwas fest, warte auf etwas, das sich nicht erfüllen wird. Vielleicht, vielleicht lerne ich irgendwann eine Frau kennen, mit der es sich nicht so anfühlt wie: sich mit der zweiten Wahl zufriedengeben. Aber dazu muss ich mich nach "Da draußen" begeben; Menschen treffen, so wie heute. Ganz eventuell habe ich das unter "Hoffnungen machen" auch falsch geparkt, denn wann sind Gefühle schon garantiert? Es könnte gar nichts passieren, oder alles, aber am Wahrscheinlichsten ist, dass irgendwas dazwischen passiert.

"Irgendwas dazwischen" ist auch mein Zustand jetzt; bloß bin ich mir nicht ganz sicher, wozwischen genau ich mich befinde. Auf der einen Seite hoffe ich bei jeder Benachrichtigung auf meinem Handy, dass sie (lies: die Frau, bei der ich mir noch nicht sicher bin, ob sie einen Namen verdient hat) schreibt, auf der anderen Seite habe ich heute die Wochen gezählt, bis ich sie (lies: Cheza) treffen kann. Aber: Äpfel und Birnen. "Äpfel und Birnen" nimmt dem Ganzen die moralische Fragwürdigkeit. "Äpfel und Birnen" gibt Sapphire Recht. "Äpfel und Birnen" bestätigt Verbindungen. Ich mach's zu meinem Mantra. Und nachher schreib ich ihr. 

Donnerstag, 21. Oktober 2021

the pressure's on.

I step out the door and it's dark and I'm on my own
I breathe in the scent of the pine and the conifer cones
I feel like I've fallen down a staircase and broken my bones
Enter Shikari - the pressure's on.

Die letzten Tage habe ich mich gefragt, warum ich abends nach der Arbeit immer so erschöpft bin - schließlich arbeite ich ja nur 30 Stunden. Und dann fiel mir wie Schuppen von den Augen dass das ja keine 30 Wochenarbeitsstunden sind. Sondern 30 Therapiestunden. Dazu kommt noch: Vorbereitung, Dokumentation, Diagnostiken auswerten, Berichte schreiben, Termine vereinbaren, Gespräche aus der Reihe mit Eltern/Angehörigen oder sonstigen Personen aus dem Umfeld der Patient:innen. Kind zeigt Verhalten x. Verhalten x ist nicht gut. Also im Kindergarten anrufen und die Erzieherin fragen, wie das Kind da so drauf ist. Pausen mache ich auch noch zwischendurch. Wie kann ich mich nur erdreisten. Und naja, aus dieser Aufzählung wird vielleicht ersichtlich: das summiert sich. Hinzu kommt, dass die Fahrtzeit zur Arbeit beinahe eine Stunde beträgt; macht insgesamt also nahezu zwei Stunden, denn zurück nach Hause muss ich ja auch noch. Ich bin also die meisten Tage insgesamt fast 10 Stunden außer Haus, und wundere mich, dass ich am Abend nur noch essen und dann ins Bett möchte? Zusätzlich sind da Gefühle, die sich wie ein Schleier über mein "Es ist gerade sehr in Ordnung" legen. Ich meine, ich b i n in Ordnung, die meiste Zeit. Dann wieder bin ich wütend; traurig; gestresst; noch ein bisschen wütender - und das halte ich unter Verschluss. Weil ich Angst habe dass es mir den Boden unter den Füßen wegzieht, wenn ich mehr als einen flüchtigen Blick riskiere. Und wenn das jetzt auseinanderfällt ist da keine Person mehr, die mir beim Trümmer sortieren helfen könnte. Zu keinem anderen Zeitpunkt in meinem Leben war ich so sehr auf mich alleine gestellt. Zugegeben, das war meine eigene Entscheidung. Und noch bereue ich sie nicht. Auf der anderen Seite ist mir, als müsste ich Vorsorge treffen, denn ein Teil von mir wartet noch immer auf die Katastrophe. Doch die bleibt aus, seit nunmehr fast zwei Monaten. Das fühlt sich nicht immer an wie mein Leben. Es ist zu gut; gleichzeitig ist es das nicht... "Verwirrung" ist wohl ein passender Begriff für diesen Zustand. Wahrscheinlich sollte ich zumindest den Versuch wagen, das Ganze in Worte zu fassen. Wie viel kann schon schief gehen?

Montag, 11. Oktober 2021

You

(13) The answer is always You

(12) But the answer would have been You

(11) So I get up. And I leave.

(10) And I want to tell you. So badly. But I'm afraid everything will change. I'm afraid that you wouldn't understand. And that's a risk I'm not going to take.

(9) You want me to spell it out for you - 

(8) But I'm not paranoid. It looks like...

(7) I'm starting to shake. You seem to have it all figured out. I think you know the truth. Or am I getting paranoid? I'm getting paranoid. I'm paranoid.

(6) No way. This can't be happening.

(5) So, what do you need? I'm lost for words. You ask me a second time and I can't believe you just said that.

(4) ...

(3) You're done playing hide and seek. You're so done. I'm anxious. I have no idea what you are going to do next.

(2) And again, I'm not telling you all. I'm not saying what I really want to say. You know this. And...

(1) I'm telling you about this dream I have had. You. Me. On a Friday. Meeting each other. When we were not supposed to.

[Write about the time you made the wrong choice in reverse chronological order. After Rachel McKibbens]

Mittwoch, 6. Oktober 2021

Say, would you never walk away on the break of a coming day? Would you end this line with me?

Erst gestern habe ich einen Songtext gepostet, der mich an Cheza erinnert. Dabei habe ich den Wunsch nach einem "Für immer" in den Vordergrund gestellt. I wish you'd be forever by my side. Heute auf der Arbeit sitzt vor mir dann ein Junge, der vielleicht gerade 8 Jahre alt ist.
Am Ende unserer (wohlgemerkt ersten) Therapiestunde fragt er mich: "Kannst du für immer hier bleiben?" Das ist schon ein bisschen süß... Und macht mich gleichzeitig auch ein bisschen traurig. Denn ich wünschte, ich könnte sie mit der Unbedarftheit eines Kindes nach einem
"Für immer" fragen. Aber ich kann nicht. Weil ich nicht mehr 8 Jahre alt bin. Und es besser weiß wissen sollte. Ich wende mich dem Jungen zu und sage, dass ich bleibe - während ich mir wünsche, ich könnte sie bitten zu bleiben. Doch ich tue ihr schon wieder Unrecht; sie bleibt ja, sie verlässt mich nicht. Ich bin nicht im Stande dir zu sagen, dass. Ich weiß auch, dass sie würde, wenn sie könnte. Aber sie kann nicht. Oder besser: glaubt, nicht zu können. Aus... Gründen. Und plötzlich habe ich Angst, mehr "herauszufinden" in den nächsten Tagen, Wochen, Monaten. Ich habe Angst, dass ich beginne, Grenzen zu sehen. Angst, ihre Position besser nachvollziehen zu können; ich will für mein Scheitern keine rationale Begründung finden. Andererseits würde mir ein wenig mehr Verstehen vielleicht ganz tut tun. Schließlich muss irgendwie... irgendwann... etwas Bewegung in die Sache kommen. (Diese Worte. Aus meinem Mund. Ich bin schockiert.) Und zeitgleich gebe ich die Hoffnung nicht auf. Die Hoffnung, dass wir am Ende des Weges einen neuen Anfang finden können.

Say, would you never walk away
On the break of a coming day?
Would you end this line with me?
Would you like to waste away what we've ever been?
Would you like to come along with me?
Sirenia - A shadow of your own self

Dienstag, 5. Oktober 2021

// i wish you'd be forever by my side //

I wish that summer never would let go
I wish that winter never got its grip on my lost soul
I wish you'd be forever by my side
And lead me through the falling devastating eventide
Sirenia - Winter Land

Freitag, 1. Oktober 2021

3. Person / Singular / Präsens / Indikativ / Aktiv

Ich schreibe also diese Worte; schreibe Worte in die Stille und weiß dass ich auch schreien könnte: es macht keinen Unterschied. Du hörst mich nicht. Du hörst mich nur, wenn wir beide uns im selben Raum aufhalten; zu jedem anderen Zeitpunkt existiere ich in Deinem Leben nicht. Ich bin wie ein Geist; dabei bist Du es, die meine Gedanken heimsucht.

H i e r unterbricht mein Schreibfluss, ich stolpere über das Wort heimsucht. An dieser Stelle ein Verb: 3. Person Singular Präsens Indikativ Aktiv; "heimsucht" wie in "Als etwas Unerwünschtes, Unheilvolles o. Ä. über jemanden, etwas kommen; befallen." (Danke, Duden.) Aber wenn man es mal als Kompositum betrachten würde? Also heim+sucht? Und damit meine ich "heim" wie in "zuhause" und "sucht" wie in "suchen"? Das wäre dann nämlich meine Wenigkeit; 20 Jahre lang war ich "Die Heimsuchende" - bis ich mein Zuhause (bei Dir) gefunden habe.

So, und jetzt noch ein linguistischer Gedankengang - wir machen aus "heimsucht" noch ein Kompositum, dieses Mal aus zwei Nomen: wieder "Heim" wie in "Zuhause" und die "Sucht" wie "Abhängigkeit" - und auch in diesem Fall bin ich schuldig im Sinne der Anklage. Ich bin "heimsüchtig" - kann nicht genug bekommen von meinem Zuhause; von Dir. Und das ist der Fehler im Plan. Denn geplant war nie Mehr. Sondern immer nur Weniger. Ich erinnere mich noch daran, wie Du, als wir vor ein paar Monaten gesprochen haben, versucht hast die Veränderung zu relativieren. Erst dachte ich, dass Du Recht hast mit Deiner Sichtweise. Aber man kann das Ganze nicht mit meinen - Wortwahl? - restlichen Freundschaften vergleichen. Schon aus dem Grund, weil wir eben keine Freunde sind.

Ich meine, Sapphire sehe ich üblicherweise zu Weihnachten, und dann meist erst wieder im Frühjahr, weil sie so weit weg wohnt. Und das ist in Ordnung, eben w e i l wir zwischendurch in Kontakt stehen: per WhatsApp, Skype etc. Wenn ich Dich sehe, meinetwegen auch um Weihnachten herum, und dann erst wieder nach zwei/drei Monaten, herrscht in dieser gesamten Zeit Funkstille. Das ist der Unterschied; das ist es, was mich so... wahnsinnig macht. Ich würde Dir jetzt so gerne mitteilen, dass ich gut in der neuen Stadt angekommen bin, und wie mein erster Arbeitstag lief usw. - dazu fehlt mir aber jegliche Möglichkeit.

Stattdessen ist da Fuchs, der mir 30.000 Fragen stellt. Und vielleicht ein bisschen zu begeistert ist angesichts meiner Anwesenheit. So, um jetzt mal zum Punkt zu kommen mein berühmter Satz, der auch sehr gut zu dieser Situation passt: Ich weiß, dass das so ist, und dass das so sein muss, und dass es nichts gibt, was man dagegen tun könnte. Bloß hilft mir mein Wissen nicht; ich hasse es immer noch wie die Pest. Noch vor ein paar Tagen gingen mir all die Dinge durch den Kopf, die Du nicht tun kannst - nachdem mir auffiel, dass ich Dich mit meiner schwammigen Antwort total im Dunkeln gelassen habe. Das war gar keine Absicht, ich hatte bloß Angst, etwas Falsches zu sagen. (Der Gedanke, dass Du diese Info vielleicht brauchst, weil Du denen* Rede und Antwort stehen musst, hat mich dann fast zur Weißglut getrieben.)

Der Gedanke, dass Du diese Info für Dich brauchst... ist eigentlich gar nicht zulässig. Denn was hätte er - bis ans Ende gedacht - für eine Bedeutung? H i e r sollte ich aufhören, weiter daran zu denken, weil das eine Spirale in nur eine Richtung ist: abwärts. Vielleicht ist das der Zeitpunkt, um auf die Definition von "heimsuchen" zurückzukommen, die ich dem Internet entnommen habe: ich habe Dich mit etwas Unerwünschtem/Unheilvollem verglichen, aber Du weißt bestimmt, dass das überhaupt nicht meine Ansicht ist. Ich habe diese Worte noch nie ausgesprochen, auch nie aufgeschrieben, aber ich halte Dich für das Beste, was mir passieren konnte. Ja... das klingt jetzt wie ein Klischee, und noch vor zwei Jahren hatte ich eine ganz andere Meinung. Da hast Du nämlich gesagt "Es ist das Beste, das hätte passieren können" - und ich habe Dir kein Stück geglaubt. 

Aber das war bevor* - und bevor* bestand aus Kälte, Zittern, Panik. Dann vorsichtige Hoffnungen, Tage zählen, noch mehr Panik; aber das weißt Du natürlich. Ich merke gerade, dass ich keine Ahnung habe, wie diese ersten vier Zeilen sich so vervielfachen konnten, und ob dieser Text einigermaßen zusammenhängend ist. (Ich habe heute Morgen Kaffee getrunken. Ich trinke sonst nie Kaffee. Vielleicht erklärt das meine wirren (?) Gedanken.) Ich bin auch zu müde - trotz Kaffee! - um beurteilen zu können, ob man meinen Gedanken folgen kann; heute Vormittag sind so viele Informationen auf mich eingeprasselt, dass ich keinerlei Verarbeitungskapazitäten mehr zur Verfügung habe. Von heute Vormittag würde ich Dir gerne erzählen. Aber. 

Ich habe auch gar kein schlaues Fazit an dieser Stelle; ich könnte jetzt über den Preis philosophieren, den ich nun eben bezahle, oder darüber, dass das alles Part des Deals ist - Deal bringt mich dann zu Dealer bringt mich zurück zu Abhängigkeit. Naja, Abhängigkeit hin oder her; trotzdem bin ich jetzt hier. Ich glaube, es war die richtige Entscheidung. Ich weiß, dass Du weißt, dass ich ein bisschen Angst habe; und Du weißt, dass ich weiß, was die Lösung ist für dieses Problem. Aber noch bin ich in Ordnung. Es ist gerade sehr in Ordnung. Keine Kälte. Kein Zittern. Keine Panik. (Okay; ein bisschen Panik.) Aber dafür sehr viel Hoffnung.