Sonntag, 31. Januar 2021

Korrupte Intervention

[Triggerwarnung bzgl. Essstörung]

Ich muss zurück. Ab morgen. An den Ort, an dem alles angefangen hat. (Besser gesagt: mein (neues) Leben.) Der Gedanke erfüllt mich mit so vielen Gefühlen, und ich kann keines davon zuordnen. Es ist nicht der Ort an sich; ich war bloß eine andere Person damals. Mit anders meine ich: so krank wie zu keinem Zeitpunkt zuvor. September 2017 ging alles so schnell abwärts, dass sie Maßnahmen ergreifen mussten, um mein Leben zu retten. Ich habe alles daran gehasst. Das Essen. Die Dokumentation darüber, wann und was und wie viel und. Die Gespräche. Jede. Einzelne. Woche. Die Kontrolltermine. Die Nadel in meinem Arm und die Kommentare der Arzthelferinnen. Das Attest, das mir bescheinigt, dass ich tatsächlich dort gewesen bin. Camille, die all das in einem Ordner sammelt.
Natürlich habe ich Widerstand geleistet. Widerstand ist quasi mein zweiter Vorname. Nein - da Ria übersetzt (unter anderem) die Widerspenstige bedeutet, kann ich guten Gewissens sagen: Widerstand ist mein Name. Mit einem eher schlechten Gewissen denke ich an all die Lügen, die ich erzählt habe. Jahrelang. Cheza ist die einzige Person, die ich nicht angelogen habe. Nie.
[Zwar habe ich ihr meine Gefühle verschwiegen. Aber das ist eine andere Geschichte.] Gehasst habe ich trotzdem, wie sie mir die Worte in den Mund gelegt hat.
Es hat dann noch ein halbes Jahr gedauert - in dem ich nicht tot, aber längst noch nicht lebendig gewesen bin. Ich bin mitten in der Zeit verloren gegangen. Eine Mischung aus Dissoziation und einem Körper, der einfach nicht mehr kann. Dann habe ich den Widerstand aufgegeben. Und angefangen, f ü r mich zu arbeiten, weil ich ein Ziel gefunden hatte. Eben an besagtem Ort; ein Ort an dem Schmetterlinge in Köpfen und Pyramiden auf der Zunge eines Mannes existiert haben. Das Schlimmste jedoch ist: der Ort erinnert mich nicht nur an die Version von Ria, die damals existiert hat. Wie durch Zufall ist er räumlich nah dran an etwas... das beendet, aber nicht vorbei ist. (Cheza. Wieso muss Cheza sich eigentlich überall einmischen?)
Die Entfernung lässt sich nicht in Metern oder Minuten, sondern besser in Schritten messen. Das ist eindeutig zu nah dran. Wie soll ich mich zurückhalten? Wenn es so einfach wäre, vor ihrer Tür zu stehen? Und auch andere Dinge - Dinge, die niemand tun würde, der noch einigermaßen bei Verstand ist - werden plötzlich viel zu einfach. Viel zu einfach auch in der Dunkelheit. Andererseits: ich habe jahrelange Übung darin, mich Cheza gegenüber zurückzuhalten. Ich habe Zurückhaltung quasi perfektioniert. [Trotzdem bin ich viel zu viel. Aber das ist auch wieder ein anderes Thema.] Außerdem habe ich gar keine Wahl, und die Tage lassen sich ja auch an... vier Händen abzählen. Das wird schon. Das wird schon.

Mittwoch, 27. Januar 2021

In mute silence of my space I crouch under my yearning

Ich komme zu dem Ergebnis, dass Du es einfach nicht besser gewusst hast. Ich meine - 4 Jahre lang war Dir nicht bewusst, welche Wirkung Du auf mich hast. Wahrscheinlich bist Du Dir ebenso wenig darüber im Klaren, wie Deine Worte auf mich wirken. Und ich habe schon am Telefon letzte Woche gemerkt, dass ich es Dir nicht sagen kann. Wir konnten gestern wunderbar über Gott und die Welt reden; naja, eigentlich habe ich Dich über die vergangenen 13 Wochen geupdatet und Dir von meinen Zukunftsplänen erzählt. (Ich. Und Zukunft. Und Pläne. Ich komme immer noch nicht darauf klar.)
Und es war schön, bis Deine Frage mich so aus dem Konzept gebracht hat. Ich wusste nicht, was ich darauf antworten soll. Besser: ich wusste, dass ich all die Worte, die ich im Kopf hatte, wohl lieber nicht aussprechen sollte. Es macht mich wahnsinnig. Ich denke immer, dass ich nichts ungesagt lassen will, weil mich das sonst bloß zerfrisst, und dann bietest Du mir wirklich eine Steilvorlage, und was tue ich? Ich schweige. Dann beginne ich Sätze, die ich nicht zu Ende bringe, nach einer Weile greifst Du diese auf, ich gehe aber nicht darauf ein, sondern beginne den nächsten Satz, den ich nicht beende. Ich weiß einfach nicht, wie.
Wenigstens habe ich mehr als genug Zeit, um das nochmal vernünftig zu durchdenken; wenn wir uns sehen das nächste Mal, wird es Frühling sein. Und dann will ich nicht dort sitzen und die Zähne aufeinander beißen müssen, damit ich bloß nichts Falsches sage, und meine Teetasse so fest umklammern, dass mir fast die Finger abbrechen - das hat Dich zu der Annahme geführt, ich sei wütend auf Dich, aber ich konnte schon gar nicht mehr. Nicht, nachdem Du Dich zu Beginn dafür entschuldigt hattest, dass Du um Weihnachten herum so wortkarg gewesen bist. Ich war so kurz davor zu kontern, aber so geht man nicht um mit Entschuldigungen. Nicht?
(Und - ich hasse es so sehr, aber es gibt eine leise Stimme in mir, die Deine Worte anzweifelt. Die flüstert mir zu, dass Du das im Grunde gar nicht so gemeint hast. Du hast es nur gesagt, damit ich (nicht).) Diese Stimme hinterfragt j e d e s Deiner Worte, und dann muss ich mich wieder daran erinnern, dass ich Dir vertraue. Du sagst dann so Kleinigkeiten, wie dass Du Dich noch sehr gut an 2018 erinnern kannst, oder an einen Traum, den ich Dir vor einer Weile erzählt habe, das entzieht meiner Skepsis die Grundlage. 
Bloß ... weiß ich noch immer nicht, was wir da eigentlich tun. Ich meine: wir haben uns nachmittags gesehen, so wie Du es wolltest. Dann ist Soundso nicht da. Über diesen Satz könnte ich mich immer noch aufregen. Was ist aus Wir müssen kein Geheimnis daraus machen geworden?! Ich habe mich gestern ins Haus geschlichen und bin auch offiziell nie an diesem Ort gewesen; wir machen sehr wohl ein Geheimnis daraus. [*]
Irelia fragte am Freitag übrigens, ob wir uns tatsächlich nur "sehen" würden; natürlich ist das nicht der Fall. Wir reden auch. Und trinken Tee. [Und halten uns nicht an Regeln. Aber immer noch an Konventionen.] Problematisch wird das an dem Punkt, an dem ich mich nicht damit zufrieden geben kann. Ich weiß, dass ich mich sehr glücklich darüber schätzen kann, dass ich Dich noch immer an meiner Seite habe. Weil ich weiß, dass das nicht selbstverständlich ist. Und ich schätze mich glücklich. Die meiste Zeit. Aber dann will ich. Mehr. Als. Nur. Das. Mehr als Dich nur zu sehen. Und mehr Zeit als mir zusteht. Ich will m e h r sein als das, was wir im Moment sind. Und dieses Verlangen wird mich immer unglücklich machen, weil es nicht sein darf. Und weil ich weiß, dass Du meine Gefühle nicht erwiderst. [Wie habe ich mir eigentlich je einbilden können, ich hätte auch nur den Hauch einer Chance?]
Also wähle ich die Stille. Stille wird mich begleiten, bis ich Dich wiedersehe.

([*] Das ist immerhin ein geteiltes Geheimnis. Damit bin ich nicht alleine.
Aber. Da sind so viel mehr Geheimnisse nur in meinem Kopf. Dass ich Dich stundenlang einfach nur ansehen könnte, zum Beispiel. Oder dass ich Dir verschwiegen habe, dass Du mich geküsst hast in meinem Traum von Freitag. Oder wie wunderschön ich es finde, wenn die Abendsonne in Deinem Haar scheint. Oder, oder, oder.)

Her hair I would long to adorn with glowing stars, her brow with shining sun
In silver I would trace the moonshine of her grace, the shining one
Amorphis - My Sun

Montag, 25. Januar 2021

How did I get here? I don't belong here


Anathema - Springfield 

Das Wochenende eine mittlere Katastrophe. Versucht die Anforderungen auf ein Minimum runter zu brechen, aber schon das ist eine Überforderung. In der Schule bin ich (mal wieder) Gesprächsthema (unter den Lehrern mindestens, tendenziell auch unter den Mitschülerinnen) und werde mit Samthandschuhen angefasst. Genau das, was ich nicht gewollt habe. Auch hier wird versucht, die Anforderungen zu reduzieren, aber am Ende erledige ich doch mehr, als abgesprochen war, weil mein Perfektionismus das sonst nicht zulässt. Außerdem habe ich nie Sonderregelungen gewollt und das auch so kommuniziert, aber scheinbar... Ich bin mir auch noch nicht ganz sicher, was das soll, ich meine - ja, ich bin depressiv, stehe unter maximalem Stress etc., aber das bedeutet nicht, dass ich nicht mehr dazu in der Lage wäre, einen dreiseitigen Fragebogen zu kopieren. Erledigt meine Lehrerin dann für mich, damit ich mich darum nicht auch noch kümmern muss. Mh. Ich muss zusehen, dass ich einen Plan erarbeite, wie zur Hölle ich aus diesem Tief rauskomme, weil mir ziemlich deutlich bewusst ist - im Gegensatz zu früher - dass ich nicht an diesen Ort gehöre. Und auch nicht hier bleiben möchte. 

Samstag, 23. Januar 2021

never gets better, always gets worse

[TW bezüglich Suizidalität und allerhand depressivem Gedöns]

[...] weil ich morgen früh aufstehen muss. Ich weiß noch nie genau, wie. Und die Depressionen so: nun, wie wäre es mit... gar nicht? Das hätte so nicht passieren sollen. Statt mich zusammenzureißen, falle ich weiter fröhlich auseinander. Ich falle; alles fällt, und ich habe nun mal nur zwei Hände und weiß nicht, was ich als erstes versuchen soll aufzufangen. Es fällt in bodenlose Tiefen, in der Dunkelheit kann ich die Trümmer nicht sehen, und ich bin nicht dazu in der Lage, irgendetwas von diesen Einzelteilen wieder zusammenzusetzen. [Licht. Ich brauche Licht. (Cheza ist Licht. Aber sie ist nicht hier.)] Mir würde ja eine Taschenlampe schon reichen. Oder ein Feuerzeug, oder ein Streichholz - okay, das vielleicht nicht. Dann müsste ich mich zusätzlich noch davon abhalten, das Ganze in Brand zu setzen.
Gleichzeitig ist das hier die stabilste Version von "Alles geht den Bach runter" die ich je erlebt habe. Weil ich nicht suizidal bin & das mit dem Essen ganz gut auf die Reihe kriege, und wenn das der Fall ist, wie schlecht kann es mir dann überhaupt gehen? Dann müsste ja eigentlich alles in Ordnung sein. Auch in den Zwischenzeiten geht es mir viel viel besser als beispielsweise vor einem Jahr, und wenn das der Fall ist, wie schlecht...? Dann müsste ja... Aber. Es ist definitiv nicht "alles in Ordnung" - Ordnung; gutes Stichwort. Irgendjemand müsste hier mal wieder aufräumen. Oh wait. Das wäre dann meine Aufgabe. [10:59 Uhr]

Was hatte ich mir gedacht? Dass ein Spaziergang alle meine Probleme löst? Dass ein Spaziergang mich vergessen lässt? Ich vergesse den Moment, weil ich an den Frühling denken muss; dann an einen anderen Frühling in einem anderen Wald, von Gott und der Welt verlassen und nicht mal mehr sicher, ob ich zu einem dieser Dinge zurück finden möchte. Ungefähr in diese Zeit fällt das Gespräch mit der Lehrerin 2019, die proklamiert, ich sei nicht stabil. Die Lehrerin in meiner Gegenwart möchte wissen, wodurch es damals denn besser geworden sei, vielleicht könne mir das ja auch in meiner jetzigen Situation helfen?
Und mit Schrecken erinnere ich mich daran, dass dieser Frühling verging, und der Sommer auch, und gegen Ende der Ferien hatte ich detailliert meinen Suizid geplant. Wann. Wo. Wie. Welche Dinge ich zuvor noch erledigen muss, damit es reibungslos ablaufen kann. Es war ein "fast", das mein Leben gerettet hat. Ich habe ja schon erklärt - ich bin jetzt nicht suizidal. Die Wahrheit ist aber auch, dass ich nicht weiß, was ich aktiv dazu beitragen kann, dass das dieses Mal auch so bleibt. [14:50 Uhr]

Ich bin so müde vom Weinen. Gin Tonic ist nicht hilfreich. [Wenn ihr einen Shot trinken würdet jedes Mal, wenn ich zu dieser Feststellung komme, wäre unser Alkoholpegel etwa auf dem gleichen Level.] Und wenn i c h den Blick von meinem Bildschirm löse und aufschaue, sehe ich direkt in den Dezember hinein. Dezember 2019. Es hätte ein Abschied sein sollen; mittlerweile frage ich mich, ob wir es nicht einfach nur noch schlimmer gemacht haben. Denn in was für einer Position bin ich jetzt? Stimmt, ich ertrage das nicht länger. [17:11 Uhr]

Jetzt starre ich auf die Lücke zwischen meinem future historian Zertifikat und dem Bild vom Kodama Albumcover. Das fühlt sich nicht richtig an; ich bin bloß verzweifelt genug. 
Nichts von dem, was ich noch tue, fühlt sich richtig an. [18:43 Uhr]

Erst in dem Moment, in dem ich mein Zeug quer durch das Badezimmer werfe merke ich, dass ich wütend bin. Es sind ihre Worte. Natürlich sind sie das. Wie sie mir sagte, wie sehr ich ihr fehlen werde; aber es steht ihr nicht zu, das zu sagen. Nicht, wenn sie es hätte anders haben können. Wenn sie mich hätte haben können, und sich dagegen entschieden hat. Weil sie gefangen sei, das sind ihre verdammten Worte gewesen. Und was tut man, wenn man gefangen ist? Man versucht sich zu befreien, gemeinhin. Man v e r s u c h t es zumindest, auch wenn es ausweglos erscheint. Und was tut sie? Wenn sie die Freiheit nicht will, wenn sie mich nicht will, dann soll sie es doch einfach sagen, statt sich hinter Gründen zu verstecken.
Ich habe es so satt, dass ich NIE weiß, woran ich bei ihr bin; aber wahrscheinlich ist das auch wieder meine Schuld, weil ich zu blind bin, um zu begreifen. Weil ich so viel Bestätigung brauche. Weil ich ihren Worten schon damals nicht glauben konnte, weil ich sie dazu gebracht habe, diese Entscheidung zu treffen, weil ich, weil ich, weil ich. Ich kann nicht mal wütend sein auf sie, am Ende geht es wieder nur um mich selbst. Ich kann ihr das auch nicht ins Gesicht sagen; natürlich habe ich überlegt, ihr das ins Gesicht zu sagen - und da ich theoretisch sicher dazu in der Lage wäre, ist es nicht viel eher so, dass ich es nicht sagen will? Weil ich zu viel Angst davor habe? Weil ich Angst vor ihrer Antwort habe; ich habe Angst, dass ich nicht im Stande dazu bin, das zu ertragen, Angst daran endgültig zu zerbrechen. Im Grunde belüge ich mich selbst wenn ich sage, dass ich mich nicht länger selbst belügen will. [19:55 Uhr]

I wanna feel like I feel when I'm asleep [21:26 Uhr]

Freitag, 22. Januar 2021

I keep falling, I'm falling apart

Im Moment dissoziiere ich munter durch die Weltgeschichte. In meinem Kopf bleibt nichts hängen. Gar nichts. Mehrmals am Tag muss ich mich rückversichern, welchen Wochentag wir haben und welches Datum. Es könnte genauso gut noch immer November sein. Oder Anfang März. Ich würde es nicht mitbekommen. Im Laufe meines Gesprächs mit Irelia finden mich dann doch die Erinnerungen. Zumindest an die letzte Woche. Ich erzähle ihr davon, welche Dinge zu erledigen gewesen sind. [Eine Klausur; 2 Planungen; 2 1/2 Berichte und einen davon nach der Korrektur direkt überarbeitet; und dann noch 3 Patienten. (Ich verwende hier häufig den Begriff "Therapie(n)" - und damit meine ich mal die Therapie, zu der ich als Klientin gehe, und dann die Therapien, in denen ich Patienten habe. Vielleicht macht es das etwas... verständlicher. Also: Hi, ich bin Ria, und ich erlerne einen Therapieberuf.)]
So, und worauf ich eigentlich hinaus wollte: das alles habe ich in einer Woche geschafft. Jetzt, wo ich es lese, kann ich das fast gar nicht glauben. Denn erstens ist jede geschriebene Seite ein K(r)ampf, und zweitens... im Moment fällt alles auseinander. Gefühlsmäßig. [I follow you out of the dark // I tried it my way but I keep falling apart] Wie bin ich bitte dazu in der Lage, noch halbwegs zu funktionieren? Ich kümmere mich ja nicht nur um die Schule, sondern vorrangig um meine Psyche. Also, ich versuche das. So halbwegs. Und mit "Psyche" meine ich wahrscheinlich auch eher Gesundheit. Psychisch und physisch. Essen. Trinken. Bewegung. Frische Luft. Solche Dinge. Dann noch all das haushaltstechnische Kram; meine Mitschülerinnen so: "Wir bewundern dich" - die wohnen meist noch bei den Eltern, und ich muss den Laden hier alleine schmeißen. [Eigentlich wollte ich heute den Haushalt schmeißen. Aber ich weiß noch nicht, wohin. Ba dum tss.]
Also - ich funktioniere. Oberflächlich. Bis ich es dann nicht mehr tue, weil unbearbeitetes Zeug wieder hoch kommt, und dann schließe ich mich weinend auf der Schultoilette ein. Einer meiner Klassiker. [I'm tired of my ways // Cause I keep falling, I'm falling apart] (Ja. Und sowas lernt einen Therapieberuf. Ist für mich selbst auch nicht immer verständlich.) "Unbearbeitetes Zeug" ist an dieser Stelle übrigens mehr ein Synonym für "Cheza" - heute versucht, Irelia davon zu erzählen, weil ich bezüglich Dienstag einfach maßlos überfordert bin, aber sie wollte so viele Dinge wissen, die ich ihr alle nicht sagen konnte (wie lange wir uns kennen und woher; wie alt sie ist; ihren Namen etc.) und irgendwann hat sie einfach gefragt; also eine einfache Ja/Nein Frage, im Grunde musste ich nur mit dem Kopf nicken, und jetzt weiß sie immerhin, woher wir uns kennen, und das ist die Stelle, an der ich nicht einschätzen kann, ob es gefährlich wird oder nicht, weil der letzte Therapeut, dem ich das gesagt habe, ist eventuell minimal hellhörig geworden und äh ja, ist das hier noch ein Satz?
Anyway, ich weiß, dass ich ihr irgendwann all diese Dinge erzählen m u s s, weil sie mir sonst nicht wirklich helfen kann, und ich... bin schon sehr froh darüber, dass ich zumindest bis an diesen Punkt gekommen bin. Manchmal glaube ich, dass Irelia unterschätzt, wie schwer es für mich ist, darüber zu sprechen - um nicht zu sagen unmöglich - aber ich weiß auch, dass ich dazu tendiere, Dinge unnötig kompliziert zu machen. [I can't even trust myself // I'm burning in my skin] Mal wieder weiß ich bloß nicht, wie ich damit aufhören soll.

Okay. Ich weiß scheinbar auch nicht, wie man einen Post schreibt, ohne mittendrin aufzuhören, dann irgendetwas anderes zu tun, dabei die Zeit zu vergessen und dann verwirrt zu sein. Blogger will mir auch erklären, dass ich um 14:48 Uhr angefangen habe mit dem Schreiben, aber das ergibt gar keinen Sinn; ich bin doch um 12 Uhr von Irelia weg, was ist in der Zwischenzeit passiert? Zuhause habe ich mir dann ernsthaft einen Wecker gestellt, damit ich rechtzeitig daran denke, dass ich um 18 Uhr mit meinem Vater skypen wollte. Habe ich auch bis eben. Das war tatsächlich irgendwie... erleichternd. Mal mit einem Menschen zu sprechen, dem man all die Kleinigkeiten erzählen kann. Freunde treffen ist ja im Moment schwierig. Cheza treffen... naja. Jedenfalls habe ich original gar nichts für die Schule geschafft und wollte so viel erledigen. Ich kann bloß nicht. Gar nichts. Muss meine letzten Kräfte irgendwie noch für Abendessen und Yoga mobilisieren, und irgendwie will ich Alkohol trinken, aber davon muss ich mich dringendst abhalten, weil ich morgen früh aufstehen muss. Ich weiß noch nicht genau, wie. Befürchte auch, dass in der Schule nächste Woche ein Gespräch darüber ansteht, dass mir gerade alles über den Kopf wächst. [Dabei wäre es nur noch eine Woche. Im Februar wird alles... anders. Vielleicht nicht besser; aber anders. Anderer Stress, wahrscheinlich.] Kann ich diese eine Woche nicht noch über die Bühne bringen, ohne ein Drama zu veranstalten? Bitte. Ich bitte darum.
[Ach ja falls ich ein bisschen für Verwirrung gesorgt habe... der letzte Post ("end of me") und ich, wir führen gerade eine On-Off-Beziehung. Tendenziell bleibt der auch off. Mal sehen.]

Freitag, 15. Januar 2021

my head is spinning i can't explain // your words are poison inside my veins

And I don't know what to say
I'm thinking about you
It's hurting without you
I never learn from my mistakes

Ich starre abwechselnd auf meinen Kalender, dann auf den Stundenplan. Dann wieder auf den Kalender; als würde sich auf magische Art & Weise plötzlich noch ein Zeitfenster offenbaren diesen Monat, das es mir ermöglicht, Cheza zu treffen. Bin schon sehr froh darüber, dass ich die Therapietermine alle auf die Freitage legen konnte, weil das mit der Schule sonst nicht passen würde. Für private Vergnügen jeglicher Art ist da einfach kein Spielraum.
Schließlich muss ich neben meinen Schul- auch noch Chezas Arbeitszeiten berücksichtigen und das scheint diesen Monat nicht aufzugehen. Aber der Gedanke daran, bis in den Februar warten zu müssen . . . macht mich mehr oder weniger wahnsinnig.

Und überhaupt - manchmal denke ich, diese Geschichte mit Cheza ist wie eine Wunde. Die einfach nicht verheilen kann, weil ich sie immer wieder aufkratze. Mir ist bewusst, dass ich das nicht tun sollte, aber irgendwann wird das Jucken (das Vermissen) viel zu stark und der Drang zu kratzen (sie anzurufen) auch. Wir haben ja auch schon festgestellt (besser gesagt: ich habe euch an meiner Feststellung teilhaben lassen) dass ich mich abhängig mache.
In den Momenten, in denen ich denke, dass ich sie unbedingt sehen muss weil ich sonst den Verstand verliere, passt der Vergleich mit einer Abhängigkeit auch viel zu gut. So wie: ich muss jetzt unbedingt Alkohol trinken oder mich selbst verletzen, weil ich sonst den Verstand verliere. Ich weiß, dass diese Gedanken nicht zwangsläufig stimmen; ich glaube lediglich das tun zu müssen.

Andererseits - wieso denn auch nicht. Bevor ich nicht herausgefunden habe was Wirklichkeit ist, kann ich die Sache nicht ruhen lassen. Die Zukunft ist gar nicht mehr dieses unlösbare Problem. [Behaupte ich jetzt so. Aber tendenziell doch. Schon. Ich verdränge nur jeglichen Gedanken daran.] Aber ich hänge in der Vergangenheit fest. Mein Kopf ist übervoll von ihren Worten. Alle so gut gemeint; trotzdem manchmal fast wie ein Gift.
Und ich kann mich keinen Schritt weiter bewegen von dieser Stelle. Dazu brauche ich ihre Hilfe. Dazu muss ich sie erst anrufen. Das wiederum widerstrebt mir unendlich, weil ich mich am Telefon immer wie ein Störfaktor fühle. [Im Grunde passe ich nicht (mehr) in ihr Leben. An keine Stelle]. Und dann besteht natürlich auch immer das Risiko, dass ich nicht sprechen kann. Die Worte nicht finde. Keine Ahnung. Ich muss einfach.

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Tagelang habe ich mich vertröstet. Erst auf Montag; dann auf Donnerstag. Morgen. Und ich stelle fest: eigentlich will ich mit nichts mehr von dieser Sache noch irgendetwas zu tun haben. Immer noch kriege ich keinen Gedanken sortiert. Und kein Gefühl. Es soll einfach bloß aufhören. Ich habe es satt, so verdammt abhängig zu sein. Ich will sie nicht anrufen. Weil ich diese Position hasse, in die sie mich gebracht hat. Ich hasse es. Und es macht mich wütend. Sie hatte eine Chance, und sie hat sie verstreichen lassen. Ich will das nicht mehr. 

Ich will einfach nicht mehr.

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Zwei verschiedene Tage; zwei verschiedene Gedanken- und Gefühlslagen. [Ist "Gedankenlage" ein Wort? Sagt man das so?] An einem dritten Tag tue ich es dann doch: sie anrufen. Nachdem ich mir ein Zeitfenster... erkämpft habe, muss ich fast sagen. Ein Zeitfenster, zu dem es Cheza zum Glück auch passt. Das Telefonat war... merkwürdig.
Zuerst einmal hasse ich Telefonate generell. Und ich hasse Smalltalk. Eigentlich tun wir sowas nicht. Dann aber bin ich über diesen einen Satz gestolpert, den sie gesagt hat, und zum wiederholten Male frage ich mich, was wir denn da eigentlich veranstalten. Und schon jetzt glaube ich zu wissen - ich werde es ihr sowieso nicht sagen können. (Mit "es" meine ich all diese Dinge, die ich nicht aus meinem Kopf bekomme.)
Ich werde es nicht aussprechen können, aber den Gedanken, all die ungesagten Dinge wieder mit nach Hause zu schleppen, ertrage ich auch nicht. Weil ich weiß, dass dann wieder Wochen vergehen werden, bis ich sie wiedersehen kann. Manchmal glaube ich aber, dass ich nie werde aufhören können, darüber nachzudenken, egal welche Entscheidung ich treffe. Warum bin ich bloß so? Was soll das alles.

I'm thinking about you
I'm choking without you
And I don't know what to say
Lacuna Coil - My Demons

Donnerstag, 7. Januar 2021

cause nothing ever lasts forever // we're like flowers in this vase together

You and me
It's pulling me down
Tearing me down
Piece by piece
And you can't see
That it's like a disease
Killing me now
It's so hard to breathe
Feeder - Piece By Piece

Ich sitze also bei Irelia. Wir sprechen anfangs über die Schule - und über die Tatsache, dass ich glaube, manche Gefühle nicht fühlen zu dürfen - allen voran Wut. Mitten in unserem Gespräch finden mich die Gedanken an Cheza. Das tun sie immer. Egal, an welchem Ort ich mich befinde. Ich... darf doch jetzt aber nicht an Cheza denken. Weil ich mich konzentrieren muss.
Aber ich stelle fest, dass ich es so unendlich müde bin. Gegen die Gedanken anzukämpfen, und gegen die Traurigkeit, die damit einher geht. Ich bin es so müde ständig zu verstecken, wie es mir geht; und ich bin es so müde, aus Cheza ein Geheimnis zu machen.
Also höre ich damit auf. Auch wenn das bedeutet, dass ich darüber s p r e c h e n muss - noch dazu unter Tränen. Ich meine - ich weine ständig. Bloß nie vor anderen Menschen.
Das ist auch nicht erlaubt. Aber wenn all diese Verbote bloß in einem unaushaltbaren Gefühlswirrwarr resultieren und in einem Kopf, der so voll ist mit Gedanken, dass mich das mindestens um den Schlaf und fast auch um den Verstand bringt; und wenn ich schon gar nicht mehr weiß, aus welchem Grund sie jemals existiert haben - darf ich mich dann nicht endlich endlich darüber hinwegsetzen.
Danach stelle ich fest: die Welt dreht sich weiter. Natürlich habe ich Irelia kaum verwertbare Informationen geliefert, weil dazu auch einfach die Zeit fehlte. Aber das kann ich in der nächsten Woche tun. Kann es zumindest versuchen. Dazu muss ich bloß all die Zweifel ignorieren, die beständig an mir nagen. 
In der Schule merke ich dann: es tut so weh. Ich weiß nicht, warum es plötzlich so weh tut; mehr noch als sonst. Vielleicht weil ich Cheza seit fast drei Monaten nicht mehr gesehen habe und das eindeutig meine Schmerzgrenze übersteigt. (Ich habe da noch einige andere Vermutungen. Aber denen räume ich an dieser Stelle keinen Platz ein. Das endet in einem Chaos.)

[Ursprünglich gab es hier noch einen zweiten Absatz. Über das Gespräch in der Schule. Aber das durfte dann leider nicht so stehenbleiben. Vielleicht schreibe ich das nochmal um. Mal sehen.

Also - war ein gutes Gespräch. Glaube ich. Bin jedenfalls nicht mit der Tür ins Haus gefallen. Habe ein bisschen drumherum geredet und gewisse Worte nicht verwendet. Habe vor meiner Lehrerin auch geweint und es war minimal unangenehm. Sie war aber sehr verständnisvoll. Keine Ahnung aber wie wir das jetzt geregelt kriegen. Ich weiß dass es absehbar ist - es sind "nur" drei Wochen. Aber das hilft mir nicht. Das Atmen ist j e t z t so schwer. Und nach diesen drei Wochen... muss ich zurückkehren. An diesen Ort, an dem. An diesen Ort, von dem. Ich später vielleicht etwas mehr schreibe.]

Mittwoch, 6. Januar 2021

what we cannot speak of, must be passed over in silence

Das Schreiben ist ein Krampf. 3 Tage - 6 unveröffentlichte Blogposts. Über mich; über Cheza; über den Widerstand; über meine Essstörung; über den Ort an den ich bald zurückkehren muss. Über all die Gefühle, die ich nicht benennen kann. In der verzweifelten Hoffnung, irgendetwas davon sortieren zu können. Aber es gelingt mir nicht.
Davon abgesehen: Schule beginnt wieder und ist jetzt schon anstrengender und stressiger als im letzten Jahr. Und ich habe es erneut geschafft, mich in eine Situation zu bringen, von der ich nicht weiß, wie ich da raus kommen soll. Hatte überlegt, darüber zu schweigen, aber dann habe ich mich dazu entschieden, mich ausnahmsweise mal wie die erwachsene Person zu verhalten, die ich eben bin, und darüber zu sprechen.
Bloß - wie erzähle ich meinem Gegenüber was Phase ist, ohne die Worte "psychisch krank" zu verwenden? Denn die klingen (für mich) nach Drama, Mitleid, Sonderregelung und wasweißichnichtalles. Mit allen anderen Begriffen (à la "nicht ganz richtig im Kopf") stehe ich noch weniger gut da. Und überhaupt wollte ich so nicht mehr über mich sprechen. Außerdem muss ich irgendwie den Mittelweg finden zwischen "nicht mit der Tür ins Haus fallen" und "nicht um den heißen Brei reden" - ich kann einfach keine Gespräche. Also, nicht über mich selbst. Über alles andere schon. Irgendwie. Wenn es denn sein muss.

Morgen ist dann auch endlich wieder Therapie. Aber auch hier: wie.soll.ich.bloß.sprechen.
Über mich; über Cheza; über den Widerstand. Darüber, dass ich so viele Fragen habe, auf die ich keine Antwort finde. Darüber, dass ich versuche die Fakten zu sammeln, und wie ich daran scheitere, weil ich nicht weiß, welchen Gedanken ich trauen kann. Darüber, dass ich mich nicht mehr selbst belügen will - und wie ich daran scheitere, weil ich nicht weiß, welchen Gedanken ich trauen kann. Und darüber, dass mir bewusst ist, dass ich es romantisiere und dass ich versuche, damit aufzuhören - und wie ich daran dann auch scheitere. Dann schreibe ich nämlich so einen Post wie am Montag:
Still dem Lauf der Zeit folgen? Ichmeinwassolldenndas? All diese Worte klingen nicht schön. Oder poetisch. Pathetisch, bestenfalls. Außerdem scheine ich vergessen zu haben, dass die Zeit eindeutig gegen uns [Cheza und mich] ist. Das war sie von Beginn an. Ich kann mich bloß nicht zufrieden geben, deswegen folge ich weiter meiner kriminellen Veranlagung. Ich stehle sie. Die Stunden. Und die Minuten. Die früher ein Geschenk gewesen sind; dann wurde ich abhängig, und jetzt kann ich nicht aufhören. Was hilft kalter Entzug, wenn ich doch immer und immer wieder rückfällig werde? (Die "Belügt Ria sich selbst?"-Kontrollinstanz stellt übrigens fest: nein, natürlich wurde ich nicht einfach abhängig. Ich mache mich abhängig. Noch immer. Ich weiß das. Ich weiß nur nicht, wie ich damit aufhören soll.)
Schlimmer noch: ob ich damit überhaupt aufhören w i l l. Ich weiß, dass ich das wollen sollte, aber - Auftritt Schopenhauer: Der Mensch kann zwar tun was er will, aber er kann nicht wollen, was er will. Keine Ahnung. Ich lasse das mal so stehen.

Montag, 4. Januar 2021

Untouched

Alcest - Untouched

Könnten wir doch zusammen still dem Lauf der Zeit folgen. Bloß sind da so viele Fragen.
Die mich nachts nicht schlafen lassen. Mir ist bewusst, dass sie [Cheza] an Orten existiert, an die ich in meinem Leben nicht gehen kann. (1) Ich weiß, dass das so sein muss. Und ich werde sie gehen lassen wohin sie möchte, auch wenn es mein Herz bricht. (2) Liebe hin oder her; es wäre in Ordnung. Doch dann. Realisiere ich. Dass sie an irgendeinem Punkt in unbestimmter Zeit nicht mehr in meiner Gegenwart existieren wird. Dass mir damit auch die einzige Wahl genommen wird, die ich im Moment habe. (3)

Und das nimmt mir den Atem und ich weiß nicht, ob mein Herz noch schlägt. (4)

Wieder und wieder ertappe ich mich dann bei Dingen, die ich nicht tun sollte. (5) Zum Beispiel schreibe ich "Es/Sie ist das einzige in meinem Leben, das..."-Sätze. Wie: sie ist das einzige in meinem Leben, das einen Sinn ergibt. Und: es ist das einzige in meinem Leben, das unversehrt ist. Ich muss dafür sorgen, dass es unversehrt bleibt. Wenn ich einfach nicht mehr hingehe, nicht mehr hinsehe, kein Wort mehr darüber verliere - vielleicht könnte ich es so konservieren. Es schützen. Uns schützen. [Aber ich weiß es besser. Sie fehlt mir zu sehr. Also werde ich hingehen. Ich werde hinsehen. Ich kann nur hoffen, dass ich die Worte nicht verliere.] (6)

(1) Wie kann das Liebe sein?
(2) 
Kann das Liebe sein?
(3) 
Wie kann das eine Wahl sein? Wenn es sich immer mehr an(ge)fühlt (hat) wie ein Zwang?
Bin ich wirklich frei in meinen Entscheidungen? Sind wir
 jemals wirklich frei?
(4) 
Fließt da noch Blut durch meine Adern? Wie fülle ich meine Lunge wieder mit Luft? Und warum füllen sich meine Augen mit Tränen?
(5) 
Wer verbietet das eigentlich? Ich mir selbst? Oder denke ich, dass Cheza das so wollen würde?
Und kann ich mich nicht darüber hinwegsetzen? Aber wäre das vernünftig? (Muss ich denn immer so schrecklich vernünftig sein?)
(6) 
Können wir einen Abschied finden, an dem ich nicht kaputt gehe? Wieso können wir nicht zusammen still dem Lauf der Zeit folgen?
Warum sind da eigentlich so viele Fragen? Und wo sind die Antworten? Warum fehlen die (mir) auch?