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Donnerstag, 16. Januar 2025

Kapitel 51: Silbertablett

14.03.2024

Ich tue Das Hier™ schon wieder. Denn vielleicht haben manche Dinge wirklich kein Ende. Vielleicht ist das hier mein Für Immer. Bloß habe ich nie damit gerechnet, es als eine Art Geist zu verbringen. Denn ich kann nicht anders; alle meine Worte sind bloß eine Metapher für Sie hat mir den Ausweg präsentiert auf einem silbernen Tablett. Und ich habe danach gegriffen, weil es die beste Option war. Und ich hasse mich dafür. Ich bin das ganze Durcheinander so müde. Es war so einfach eine Zeit lang -

Jetzt

Keine Worte. Nur noch mehr Chaos. Wegen Rell jetzt, aber ändert unterm Strich nichts. Nur noch Chaos, Chaos, Chaos. (Der Plan ist: den Rest der Archiv Posts veröffentlichen, mich mal strukturieren, und dann komme ich auf eure Kommentare etc. zurück. (Der Plan ist auch: jetzt.nicht.untergehen.))

Mittwoch, 28. August 2024

chapter 56: absti-none-ce

Gestern. Ich halte diese blöde Tüte in der Hand, so als könne mir der Inhalt die Finger verbrennen. Ich denke mir: gut für ihn. Ich frage mich, welche Gedanken ihr wohl durch den Kopf gegangen sind, beschließe dann, dass mich das Thema emotional zu sehr aufwühlt und schaue nicht mehr hin, bis heute, bis zu meiner Therapiestunde.

Was haben wir denn da verstanstaltet? Oh, und w i e wir es veranstaltet haben, nachdem "Normalerweise" außer Kraft gesetzt war, weil das für mich NiChT FuNkTiOnIeRt. Ihr seid alle schon dabei gewesen. War es nicht perfekt? Der Dialog, die Requisiten, die Kostüme und das Bühnenbild, es war die perfekte Lüge, wirklich. (Der sterbende Garten. Die sonnenblumengelbe Jacke. Dunkelblaues Geschenkpapier und meine stetig zitternden Finger. Eine Blume, die nicht sterben kann; eine Blume, die sich in mein Gedächtnis gebrannt hat; eine Blume, wunderschön und giftig, Ironie des Schicksals, etc pp. Dann natürlich noch: Kälte, ein weißes Haus - ihr habt es tausende Male gesehen, ich habe es tausende Male beschrieben. Was neu ist: ein Buch, in dem die Sätze sich lesen wie Blasphemie, Geistermusik, ihre Berührung, die mehr sagt als all ihre Worte zusammen, und: letzte Male.

Jetzt, hier, will ich am liebsten irgendwas in Brand setzen. Ich werde aber: frühstücken, meine Blumen gießen, dann brav auf die Arbeit fahren, danach mit Kätzchen ins Kino gehen, und mir einreden, dass das Thema nichts mit mir macht. (Ich hab das doch gewusst, alles und von Anfang an. Ich hab das doch gewollt, alles und von Anfang an. Spielt keine Rolle, sagt der Therapeut. Er hat ja keine Ahnung. Das ist gar kein Vorwurf, ich kann seine Fragen auch nicht beantworten. (Nochmal, jetzt die Wahrheit: Das ist gar kein Vorwurf, ich scheue mich, seine Fragen zu beantworten.) Manchmal denke ich, ich sollte einfach zustimmen, dann hätte das Ganze schon ein Ende.  So bin ich aber nicht gestrickt. Noch dazu müsste ich dafür lügen; ich müsste meinem Therapeuten ins Gesicht lügen und das wäre ja nun wirklich selten dämlich.)

Jetzt, hier, scrolle ich durch meine Anrufliste, anstatt zu frühstücken. Ich starre an die Wand, anstatt zu frühstücken, versuche meinen Gedanken zuzuhören, aber nur sie spricht zu mir, spricht ihre Worte direkt in mein Ohr. Sie ist da, aber ich kann sie nicht mehr fühlen. Ich fühle sie nicht mehr.

Donnerstag, 4. April 2024

chapter 52: i went to live outside to find myself, but when i found truth it was something else

davor: es kümmert mich nicht mehr. es interessiert mich einfach nicht mehr; ob das richtig ist, oder was danach passiert - ungeahnte folgen? scheiß drauf. ich muss das wissen, muss die worte aus ihrem mund hören. alle worte. und wenn sie ihre meinung über uns geändert hat, auch genau das. natürlich hätte ich sie gerne in meinem boot sitzen, aber wenn das nicht so wäre, wüsste ich wenigstens, dass ich anscheinend an, naja, realitätsverlust leide. weil ich das problem nicht sehe. weil ich nichts sehe, das konsequenzen verdient hätte. vor allem: konsequenzen für sie - sie hat doch nur getan was ich wollte, weil ich es so wollte. und jetzt soll das so so so falsch gewesen sein? ich meine, ich weiß dass wir uns nicht an deren* gottverdammte regeln gehalten haben, aber man sollte doch wohl meinen, dass ein menschenleben mehr wiegt als ein paar verstaubte vorschriften. hätte ja keiner ahnen können, dass ich's nicht schaffe loszulassen, sondern (sie) festhalte bis zum bitteren ende. und jetzt sieht jemand diese trümmer - und kann es denn tatsächlich so wirken, als hätte sie mich in meine einzelteile zerschlagen? ich habe das getan. und jetzt brauche ich die gewissheit.

danach: sie präsentiert mir gewissheit auf einem silbernen tablett. zwar nicht die gewissheit, die ich wollte, aber ich hab all ihre worte gebraucht, um zu verstehen.

i don't know you anymore
or maybe i never did
yeah maybe i never did
and maybe i never will
enter shikari - giant pacific octopus

Dienstag, 26. September 2023

Kapitel 45: Februar

wenn sich im februar nichts verändert hätte -
... würde ich mich mittwochabend in den zug setzen, wahrscheinlich don't stay here zwei stunden auf endlosschleife hören, und keinen gedanken an nervosität verschwenden.
wenn sich im februar nichts verändert hätte -
... würde nervosität mich nach einer nicht sehr erholsamen nacht nach dem aufstehen überfallen; wäre ich einen vormittag lang kaum in der lage dazu, einen klaren gedanken zu fassen; müsste ich mich dazu zwingen zu frühstücken, bloß wäre es vermutlich schon 13 Uhr, also ist das wirklich der passende begriff?
wenn sich im februar nichts verändert hätte -
... würde ich mich nach all dem zittern ins haus schleichen, wie ein dieb, weil "wir müssen kein geheimnis daraus machen" eben nur in der theorie gut klingt. (und ich würde mir wünschen ... ich würde mir wirklich wünschen, dass sich etwas ändert.)
wenn sich im februar nichts verändert hätte -
... würden wir zusammen tee trinken, vielleicht auch kuchen essen, einfach weil wir es können, und weil ich ihr die bedeutung dieses tages erklärt hätte, und sie hätte sie verstanden. ich würde versuchen, meine dankbarkeit in worte zu fassen und dieses mal nur fast daran scheitern. 
wenn sich im februar nichts verändert hätte -
... würde ich dann doch scheitern, an irgendeinem punkt später in unserem gespräch. ich. würde. scheitern., vergessen zu atmen, die zähne so fest aufeinander beißen, dass sie fast aus dem kiefer brechen. ich müsste die tränen zurückhalten, die worte, die aus meiner kehle klettern wollen, mühsam wieder herunterschlucken, damit ich bloß keinen fehler mache; und im bestreben, keinen fehler zu machen, mache ich alles falsch, was? hätte ich es dir denn jemals recht machen können?
wenn sich im februar nichts verändert hätte -
... wäre ich noch immer dort gefangen und würde mir einreden, freiheit liege im bereich des möglichen - freiheit für uns, aber du hast ja nicht gewollt. du willst nicht. und ich vermisse dich trotzdem. und das ist okay. aber ich muss mir vor augen führen, was ich lange nicht erkennen konnte, damit ich nicht darin verloren gehe.

Montag, 13. Februar 2023

chapter 38: a week ago

Wir telefonieren 39 Minuten lang. Die Dinge, die Du sagst, lassen meine Welt in ihre Einzelteile zerbrechen. Selten hat mich etwas so sehr verletzt; Du klingst so endgültig. Ich trinke erst Wodka, am nächsten Abend dann Wein direkt aus der Flasche, und kann die Kälte in Deinen Worten doch nicht vergessen. Ich versuche die Gefühle auszuhungern - seit dem Wochenende tue ich das schon - und am Mittwoch kann der Körper nicht mehr. Rell sammelt mich vom Fußboden auf. Ich erzähle ihr, was in den letzten Tagen passiert ist. Sie ist für mich wie ein Zuhause sage ich. Aber mit jedem Satz, der meinen Mund verlässt, sammeln sich in Rells Blick mehr und mehr Zweifel. Ich rechne ihr hoch an, dass sie diese mit Vorsicht äußert. Nach unserem Gespräch fühle ich mich fast wieder wie ein Mensch, und nicht mehr nur wie ein Wrack. Der Eindruck, die letzten drei Jahre nur Fehler gemacht zu haben, bleibt. Am nächsten Tag um 13:15 Uhr weiß ich es wieder besser. Es folgen noch mehr Momente wie dieser: im Schneidersitz auf dem Fußboden, eine Tasse Kaffee in der Hand; Wasser, Lichter, Füße, die vom Tanzen weh tun. Die Entscheidung scheint einfach zu sein. Am Wochenende wache ich auf und möchte mich nicht direkt vor Schmerz zu einem Knäuel zusammenrollen. Die Entscheidung scheint einfach zu sein - weil ich sie zu einem früheren Zeitpunkt schon getroffen habe.

(Und doch: Du fehlst mir, sehr sogar. Da ist noch so viel Chaos, das ich nicht sortiert bekomme. Weil ich nicht stark genug bin, um hinzusehen. Aber ich habe ja Zeit. Wenn ich auch vielleicht Dich nicht mehr habe.)

Donnerstag, 8. Dezember 2022

Kapitel 36: Hafenklang

Stich mir die Klinge in die Brust
Gib mir einen letzten Kuss
Wirf mich vor den nächsten Zug
Tu einfach was du tun musst
Aber tu's mit mir
TEMMIS - Klinge 

>> Nein. Ich hab genug.

Ihre letzten Minuten; sie lässt sie verstreichen. Das war's. Oder vielleicht könnte ich ja  -

>> Nein. Ich hab genug, wirklich. 

Wie eine Schlange eine Maus anstarren würde; dabei macht es keinen Unterschied. Ich will sie nicht sehen, will nicht mit ihr reden. Unsere Gespräche enden immer gleich, weil wir den Anfang nicht finden. 

>> Nein. NeinNeinNeinNeinNein...

Also tue ich, was ich tun muss. Bevor sie mir das Herz bricht.

(Ich hab genug. Das sage ich mir selbst, immer und immer wieder.)
(Ich hab genug. Aber für wie lange? Wie lange noch?)
                                                                                                                                                     //Sonntag//

&&&

I tried your phone and I bought dry shoes
The squelch of rubber soles on wet tar
There's too many steps from where you are
I'll conjure you up, you'll appear
It's ridiculous that you're not here
Karin Park - Bending Albert's Law

today i've decided i'm done with missing you
just like i did yesterday
and like i will tomorrow 
   
                                                                                                                                               //Mittwoch//

&&&

Ich kauf doch jetzt keine Weihnachtskarte?! Lieber würde ich mir die Pulsadern mit einem Schlüssel öffnen. (Sorry, ich weiß, dieser Satz ist mehr als unangebracht - aber das sind die letzten drei Jahre halt auch.) Aber weiter im Text: nun werde ich mich garantiert nicht auf diese Art und Weise degradieren; von uns wird nichts übrig bleiben am Ende. Ich will auch keine Worte mehr darüber verlieren; ich dachte noch, ich müsste schließlich eine Erklärung finden für das Chaos - aber das Chaos resultiert ja erst aus meinem Versuch, zu schreiben. Ich schreibe [ihr] keine Weihnachtskarte, keinen wie auch immer gearteten Brief. Es gibt auch keinen Briefumschlag auf dieser Welt, in dem Platz wäre für all diese Gefühle.
                                                                                                                                                    //Samstag//

Donnerstag, 10. November 2022

Chapter 35: Dead Letters

Ob ich wütend bin auf Dich hast Du mich am Telefon heute Nachmittag gefragt. (War das bevor oder nachdem ich Dich minutenlang angeschwiegen bzw. sämtliche meiner Sätze abgebrochen habe? Bevor oder nachdem ich in Tränen ausgebrochen bin? Bevor oder nachdem ich sagte, es sei ein Fehler gewesen, Dich anzurufen? Ich weiß es nicht mehr.) Jedenfalls: ich habe Deine Frage verneint, glaube ich; gleichzeitig habe ich nie aufgehört wütend zu sein seit dem ersten Mal. Wenn ich hier so zurücklese, stolpere ich immer und immer wieder über diese Formulierung. Wenn ich hier so zurücklese scheint es mir, als sei ich nur wirklich i c h gewesen, all die Male in denen ich diese Worte geschrieben habe. Aber das ist eine Momentaufnahme; ich bin so wütend, ich könnte das gesamte Haus in Brand setzen.

"Ich bin wütend seit Tagen."
"Und das macht mich wütend, weil."
"Ich merke wie die Wut allmählich in mir hoch kocht."
"Ja, ich bin wütend, so als könnte sie etwas dafür, dass."
"Und der Gedanke daran macht mich so wütend, dass."
"Mittlerweile werde ich wütend wenn ich daran denke."

Das mal so aus dem letzten halben Jahr. Und nichts davon habe ich Dir jemals ins Gesicht gesagt. Ebenso wenig wie das hier: es fühlt sich vorbei an seit dem letzten Mal. Manchmal nur ein klein wenig. Und vorhin am Telefon dann ein wenig mehr. Deswegen sagte ich zu Dir, der Anruf sei ein Fehler gewesen. Weil ich doch gerne noch ein bisschen länger die Augen vor den Tatsachen verschließen möchte. Ich hab einfach nicht gedacht, dass das mit dem Gehenlassen auf diese Art und Weise geschehen würde. Vielleicht war ich ein wenig naiv; hab gedacht ich wache auf eines Tages und stelle fest: Es ist so weit. Stattdessen passiert es schleichend, so als würdest Du mir aus den Händen gleiten. Und ich verspüre nicht den Impuls, Dich festzuhalten, zumindest die meiste Zeit nicht. Wir wissen ja beide um meine Ambivalenz. Das ist es, was es für mich so anstrengend macht, und heute habe ich Dich halt mit reingezogen. Ich würde mich ja entschuldigen, aber es tut mir überhaupt nicht Leid. Das tut mir Leid. Und das sind die besten Schlussworte, die es heute geben wird, denn es ist gleich 22 Uhr und ich muss meinen Koffer noch packen, für meinen Wochenendtrip in der Heimatstadt. Bei dem ich Dich nicht sehen werde, aus ... Gründen. (Aber ohne Dich macht das aus Heimatstadt einfach nur noch: Stadt. Und das sind doch Schlussworte, in denen etwas mehr an Gefühl steckt.)

Samstag, 23. Juli 2022

Kapitel 31: Wolkenverblasst

Ich bin hier sicher; die Nacht weiß nicht, dass ich mich verlaufen habe.
(In der Vergangenheit, der Gegenwart, der Vergangenheit - überall, aber nie in der Zukunft.)
(Das geschah nach meiner unsanften Bruchlandung in der Realität. Drei Wochen, neun Wochen, sieben Jahre, vermisst habe ich Dich immer.)

I c h weiß nicht, ob ich mich verlaufen habe; vielleicht bin ich verloren.
(Vielleicht sind die Wolken Boten des Unglücks, so als sei die Tatsache, dass Du nicht da bist, nicht ebenfalls ein Zeichen. So als sei das nicht Zeichen genug.)
(Vielleicht ist es Freitagnachmittag. Vielleicht sind alle meine Worte Blasphemie. Vielleicht verstehst Du mich immer, ganz gleich welche Sprache ich spreche.)

Verlaufen habe ich mich, verrannt, Hals über Kopf, kopfüber.
Zurechtrücken.
(Du mich, ich Dich, sie Dich, sie(h) mich nicht.)
(Eine Runde tosenden Applaus für: Du hast mich aus meinem Versteck geholt.)
(Irgendwas mit Rehen, irgendwas mit Scheinwerferkegeln, das war vor Jahren mal modern und ist nicht gut gealtert, ganz im Gegensatz zu - )
(Die Erinnerung liegt auf dem Fußboden jetzt. Wir beide auch, in meinem Traum.)

Zurechtgerückt nun; es ist so kalt hier und 

Die
Schritte
Auf der Treppe
Hallen noch immer
Durch meinen Kopf, so als
Reiche es nicht aus sie in einen Text
zu schreiben, zu schreien, denatemanzuhalten
bis sie verschwinden, bis sie alle verschwinden, bis...

... ich stolpere, ich ...

f

a

l

l

e.

(Ich weiß nicht mehr, wie mir geschieht.)
(Vielleicht träume ich. Vielleicht träume ich, seitdem.)
(Ich träume. Doch was ist, wenn ich aufwache. Bist Du dann hier?)

Freitag, 26. November 2021

Kapitel 23: "Nein."

"Hast du noch eine Frage?"

Können... Können wir das öfter machen? Also, so jeden Tag jede Woche? Haben sich die Wogen jetzt schon etwas geglättet? In welchen Situationen denkst Du an mich? Fällt Dir vielleicht nun (...) ein? Würdest Du mir davon erzählen? Bist Du eigentlich stolz auf mich, bei all den Dingen, die ich dieses Jahr erreicht habe? Hast Du immer noch Angst um mich? Was kann ich tun, um Dir diese Angst zu nehmen? Können wir das vielleicht öfter machen? Hast Du d a s gerade ernst gemeint? Weißt Du, wie schön ich es finde, Deine Stimme zu hören? Warum liebst Du mich nicht? Was muss ich denn tun, damit Du...? Warum konntest Du damals nicht anders? Was ist der Grund gewesen? Bleibt das jetzt so? Wünschst Du Dir nicht manchmal auch, dass wir die gleichen Möglichkeiten hätten? Würde das nicht helfen? Musst Du Dich sehr zurückhalten? Was hindert Dich denn daran? Wenn wir uns treffen das nächste Mal, darf ich Dich dann wieder...? Darf ich Dich wiedersehen? Und wie lange geht das noch so weiter? Wie? Lange? Noch?

"Nein."

Samstag, 11. September 2021

Kapitel 21: Nachtgedanken

Ich finde keinen Schlaf, also stehe ich wieder auf und stelle mich ans geöffnete Fenster. Die kühle Nachtluft streicht über mein Gesicht, sanft wie Fingerspitzen. Ich schließe die Augen und stelle mir vor, es wären Deine Hände, die mich berühren. Könnte ich doch ewig hier so stehen; ich müsste nie wieder in die Realität zurückkehren. Denn Realität ist: das letzte Mal meine Hand gehalten hast Du vor (viel zu vielen) Monaten. An diesem Tag hast Du mir gesagt, wie sehr ich Dir fehlen werde. Ich frage mich: bedeutet das, dass auch Du gerade nach draußen in den Himmel schaust und an mich denkst? Bedeutet das, dass Du meine Briefe liest, wieder und wieder, und in Gedanken die Linien nach ziehst, die mein Stift auf das Papier gezeichnet hat? Oder bedeutet es, dass Du versucht bist, zum Telefon zu greifen und meine Nummer zu wählen, allen „Regeln“ zum Trotz? Vielleicht träumst Du ja auch von mir in der Nacht und musst weinen beim Aufwachen, weil ich jetzt nicht bei Dir sein kann. Und werden Deine Erinnerungen manchmal auch so unaushaltbar, dass Du zum Alkohol greifst, um wenigstens für einen Moment vergessen zu können? Gleichzeitig ist es aber das Vergessen, das Dir am meisten Angst macht; die Angst, dass ich Dich vergessen könnte, denn was bliebe dann übrig von Deinem Leben? Dabei kannst Du ganz unbesorgt sein: an jedem Ort dieser Welt würde ich Dich am Nachthimmel finden. Und das ist Fluch und Segen zugleich.

And I will not sleep until you hold me
For I can not dream anymore
Of you and your absence so haunting
I won't sleep, I won't dream anymore
Cellar Darling - Insomnia

Sonntag, 28. März 2021

Kapitel 15: Den Worten so fern

"Aus dem Telefon beginnt es zu tuten, weil ich die letzte Ziffer seiner Nummer nicht gedrückt habe. Ich lasse es durch die Finger rutschen und dumpf auf den Teppich fallen. Es ist nicht auszuhalten. Ich muss wissen, ob das jetzt alles für immer so bleibt. Ich kann so nicht leben. Ich halte es nicht aus. Ich muss wissen:
Geht es weiter? 
Ich bin bereit, etwas passieren zu lassen." 
R. A. Nelson - teach me

Dieses Zitat war mein Leben. 2019 schrieb ich: "Ich kann einfach nicht anders. Ich halte das nicht mehr aus. Ich habe das Gefühl, heute, wieder, als würde ich den Verstand verlieren. Ich würde sie so so so gerne anrufen. Um was zu tun? Einfach nur ihre Stimme zu hören."
Aber anders als die Protagonistin im Buch stehe ich nicht plötzlich vor ihrer Tür. Die Veränderung geschieht aus einer Unachtsamkeit heraus. Nach dem "Traum von Freitag" muss ich gar nichts mehr sagen. Sie spricht es aus für mich. Und ich muss einfach nur zustimmen. Das ist das einzige Risiko, das ich eingegangen bin. Nachdem es sowieso schon offensichtlich war. Nicht sonderlich mutig, was? Auch dieses Mal sind mir die Worte so fern. Nicht, weil ich sie nicht finden könnte - ich brauche sie nicht länger. Sie gibt mir all die Antworten, ohne meine Fragen zu kennen. Und ich realisiere, dass ich auf manche Fragen gar keine Antwort mehr brauche: fast zwei Jahre lang habe ich nach dem "Warum" gesucht. Ich glaubte, unbedingt
v e r s t e h e n zu müssen. Denn schließlich passiert nichts ohne Grund, oder?
Wieso also ausgerechnet (m)ich, wenn sie jede:n hätte "haben" können? Ich gebe zu - ich weiß es nicht. Und das ist in Ordnung. Ich frage schließlich auch nicht: wieso gerade sie, wenn ich jede:n hätte "haben" können? Denn manches passiert einfach; wir sind einfach passiert. Wir passieren noch immer. Und all die Dinge, die nicht sind, die niemals sein werden, fallen nicht mehr ins Gewicht. Inmitten all der Stille also bin ich glücklich. Auch wenn ihre Worte verhallen und die Blumen, die sie mir schenkte, verblühen - das ist auszuhalten. So kann ich leben.
Weil ich weiß, dass es weitergeht. Und ich dazu nicht erst etwas geschehen lassen muss.