Dienstag, 23. August 2022

lie to me

Let's spend our summers in Paris
We'll walk the streets and then black out on red wine
There's joie de vivre in our spirits
I wonder how many years until that dies

I still don't know why I'm careless
You drag me out of a lonely state of mind
I'd never cut you on purpose
I'm just beginning to take hold of my life

The Dangerous Summer - Lie To Me

Montag, 22. August 2022

help in the head (Oder: Der ganz normale Wahnsinn)

Dienstag, 16. August

"Ich schreibe heute noch meine Kündigung" sagt die Lieblingskollegin. Sie ist seit Monaten schon unzufrieden. Ich kann das verstehen, zumindest teilweise - und die Sache mit der toxischen Kollegin hat das Fass echt zum Überlaufen gebracht. Farewell, angenehmes Praxisklima. // "Kannst du vergessen, dass ich das gerade gesagt habe?" frage ich Rell und sie antwortet Nein. Ich befinde mich in einer weirden Ich-will-darüber-reden-achneindochnicht-Situation. Sie möchte dann wissen was sie tun kann, damit es mir besser geht und ich würde am Liebsten kotzen. Ich will nicht so sein wollen. Ich hätte nicht durchblicken lassen sollen dass Redebedarf besteht, aber ich habe absolut keine Energie mehr um zu verstecken, dass ich gerade nicht in Ordnung bin.

Mittwoch, 17. August

Nach dem Gespräch mit der Lieblingskollegin schlägt unsere Chefin sich auf ihre Seite. Uns beiden fällt ein Stein vom Herzen. Es soll wohl auch noch ein klärendes Gespräch mit Fräulein Toxisch geben - aber ich gehe stark davon aus, dass die Lieblingskollegin trotzdem zu Ende des Jahres kündigen wird, aus... Gründen. // Ich bin daran Schuld denke ich, und dieser Gedanke, dieses Gefühl frisst sich durch meinen Körper. Das ist meine Schuld. Ich bin dafür verantwortlich. Ich unterhalte mich dann mit Rell und kann die Worte nicht aussprechen; entscheide mich für eine Version, die weniger... krass klingt. "Wie hättest du das denn wissen sollen?" fragt sie, und natürlich hat sie Recht. I c h bin nicht diejenige, die einen Fehler gemacht hat. Und auch wenn Rell eigenartig optimistisch ist, ändert das nichts an der Tatsache, dass das Kind bereits in den Brunnen gefallen ist.

Donnerstag, 18. August

Entspannung an der Lieblingskollegin vs. Fräulein Toxisch Front - da wird die neue Kollegin (noch) problematisch(er). Mir gegenüber erzählt sie, sie fühle sich in der Praxis von "Migrationskindern überrannt" (ich könnte jetzt schon kotzen, aber es wird noch schlimmer) und wünsche sich mehr Patient:innen aus der "gehobenen Mittelschicht" - ob sie ihre "deutschen Patienten" denn nicht vorziehen könne? (Was. Zum. FICK?!?! Was bitte läuft bei dieser Frau verkehrt?!) Weil ich das nicht bis Dienstag für mich behalten kann, rufe ich meine Chefin an. Es verschlägt ihr die Sprache. Ich gehe stark davon aus, dass sie das Arbeitsverhältnis noch in der Probezeit beenden wird - dann müssen wir wieder einen Haufen Patient:innen in Pause schicken, aber besser keine Therapeutin als eine, die rassistisch ist, I guess? - während die Lieblingskollegin darauf setzt, dass die neue Kollegin aus eigenem Antrieb die Kündigung einreicht, weil ihr jetzt schon "alles zu viel" ist. (Das letzte Mal hat es vier Monate gedauert, die freie Stelle zu besetzen. Wenn es sich dieses Mal auch so lange ziehen sollte, stehe ich Ende des Jahres ohne Kolleginnen da. Großartig.)

Freitag, 19. August

"Ich will dich da nicht mit reinziehen" sagt die toxische Kollegin. Und dann tut sie es doch. Es ist so ermüdend. Ich will gerade gar nicht mehr darüber schreiben - das habe ich in den letzten vier Stunden mit der Lieblingskollegin zur Genüge getan. Die wollte mich da auch nicht mit reinziehen - i h r glaube ich das - aber dazu ist es zu spät. Und so wie es aussieht, werde ich nächste Woche auch nochmal für sie in die Bresche springen. Müssen könnte ich an dieser Stelle ergänzen, tatsächlich ist es eher ein Wollen, weil diese Vorwürfe, diese Negativität, dieses Gaslighting mir so dermaßen gegen den Strich gehen.

Samstag, 20. August

Ich hatte nie geplant, dass 

Sonntag, 21. August

Da war ich ja gestern richtig zum Schreiben aufgelegt. Ich glaube, da sollte sowas stehen wie, dass ich nicht geplant hatte, dass sich in diesen Post (fast) alles um irgendwelche berufsbezogenen Dramen dreht. Und jetzt tut es das doch - weil sich in meinem Leben gerade (fast) alles um genau diese Dinge dreht. Der Stress, der dadurch entsteht, lässt mich nahezu vergessen, dass [Name] immer noch im Krankenhaus liegt, dass Cheza mir so fehlt, dass d i e s vielleicht die ersten Körnchen des Sandes sind, der durch meine Finger rinnt...

Montag, 22. August

Noch ein Notfall-Telefonat mit meiner Chefin. "Du hast [Name der Lieblingskollegin] gerade den Arsch gerettet" sagt sie. Denn: Fräulein Toxisch verdreht die Tatsachen, verdreht uns die Worte im Mund und meint allen Ernstes, ich hätte am Freitag ihre Version der Ereignisse bestätigt. Uff. Ein paar Mal ist mir schon der Gedanke gekommen, dass sie vielleicht gar nicht mit Absicht so manipulativ unterwegs ist, sondern schlichtweg den Bezug zur Realität verloren hat. Macht aber keinen Unterschied. Das Verhalten, das sie an den Tag legt... da kann ich mir gar nicht so fest vor den Kopf hauen, wie ich gerne würde. Ich will einfach nur, dass das vorbei ist. Ich wollte dich da echt nicht mit reinziehen sagen sie alle - und sind jetzt doch froh; zumindest meine Chefin ist froh darüber, dass ich ihr die Wahrheit erzählt habe. (Die ist natürlich auch immer subjektiv. Aber ich denke, ich kann Tatsache und Meinung gut voneinander trennen. Im Gegensatz zu anderen beteiligten Personen.)

Ja, ich will, dass es vorbei ist, auch wenn mir gleichzeitig nicht gefällt, wie es enden wird: die Lieblingskollegin will ja so oder so die Kündigung einreichen. Aus Gründen, die auch ein klärendes Gespräch nicht aus der Welt schaffen wird. Leider. // Es gibt Lichtblicke. Es geht wieder aufwärts, in anderen Bereichen. Vielleicht mache ich da noch einen gesonderten Post zu, dieser hier ist inzwischen lang genug geworden.

I said things, yeah, I confess
I just meant you needed help in the head
You don't know what I think I said
I just meant you needed help in the head
I just meant you needed help...
The Faint - Help In The Head

Montag, 15. August 2022

Tiefpunkt

"Heute habe ich den Tiefpunkt erreicht, glaube ich" habe ich gestern geschrieben. "Jetzt kann es nur noch in eine Richtung gehen: aufwärts." Ich. Lag. Falsch. Und wie ich falsch lag. // Als ich sie das letzte Mal gesehen habe, war sie, wenn man die Umstände betrachtet, noch recht guter Dinge. Jetzt liegt sie im Krankenhaus. Durch meinen Kopf schwirren Wörter, die ich zur Hälfte nicht richtig abgespeichert habe - Ösophagusirgendwas, Soundsodurchbruch - ganz deutlich eingebrannt haben sich nur: Biopsie, Lungenentzündung und Not-OP. Ich frage nach, ob sie "einigermaßen stabil" sei, und ernte als Antwort nur ein Schnauben. Kann sein dass du sie gar nicht mehr siehst meint Jalta in ihrer letzten Nachricht. Meine Erwiderung: Schweigen. Denn ganz ehrlich? Mir fehlen die Worte. Ich habe keine Ahnung, wie es mir geht, oder mir gehen
s o l l t e. Wahrscheinlich müsste ich mich von der Sache irgendwie distanzieren. Kann ich aber nicht. Weil ich nicht weiß, wie ich es ertragen sollte, wenn sie nicht wieder auf die Beine kommt. 

Sonntag, 14. August 2022

there was sun // (i hate when you're not around)

Die letzten sechs Stunden des Sonntags verbringe ich damit, aus dem Loch zu klettern, das ich die letzten Tage Wochen gegraben habe. If you find yourself in a hole, the first thing to do is stop digging habe ich mal irgendwo im Internet gelesen. Ich tue oft das genaue Gegenteil, bis es mir an diesem Ort irgendwann so gut gefällt, dass ich ihn nicht mehr verlassen möchte. Das stimmt so nicht. Irgendwann kümmert es mich einfach nicht mehr. Selbstfürsorge? Wozu soll d a s gut sein? Es ist tatsächlich schon sehr viel besser geworden - die Messlatte so niedrig, dass man aufpassen muss nicht darüber zu stolpern, und nicht jeder wird verstehen, dass ich es als Erfolg verbuche drei Mahlzeiten am Tag zu essen und mir morgens und abends die Zähne zu putzen... aber hey. (Heute habe ich das nicht getan, aber darüber bewahre ich Stillschweigen. Heute habe ich den Tiefpunkt erreicht, glaube ich, und jetzt kann es nur noch in eine Richtung gehen: aufwärts. Bitte. Etwas anderes ertrage ich nicht.)

Fürs Protokoll: das dachte ich auch schon nach dieser von Flashbacks und Traumakrams durchzogenen Woche Ende Juli. Nach der es n i c h t aufwärts ging. Mal sehen, da wären: die kritische Situation auf der Arbeit spitzt sich immer mehr zu. Ich bin im Moment nicht gerne in der Praxis. Und wenn meine Lieblingskollegin Ende des Monats tatsächlich kündigt, wird das Arbeitsklima erst recht unaushaltbar, weil meine Chefin ihr das nachträgt und eine von beiden (oder: beide?) nicht mehr in der Lage dazu sein wird, sich wie ein erwachsener Mensch zu verhalten. Plus: die neue Kollegin ist ebenfalls... problematisch. Plus: Schlafstörungen und Albträume, an die ich mich nicht gewöhnen kann. Ich hab sie [Cheza] schon so oft sterben sehen. Aber das letzte Mal war es so real, dass ich Tage gebraucht habe, um klarzukommen. Plus: viel mehr Dinge, in die Cheza involviert ist, die an dieser Stelle den Rahmen sprengen würden. Ehrlich gesagt waren es diese Dinge, die in mir das Bedürfnis ausgelöst haben sich aufzulösen, weil ich das einfach nicht länger aushalten konnte. Plus: eine Person, an der mir recht viel liegt, hat ein Gesundheitsproblem diagnostiziert bekommen, das eventuell nicht heilbar ist. Sie scheint es gelassener zu nehmen als ich. Jalta denkt, dass sie schlicht und einfach aufgegeben hat. 

Plus die Sachen, die mich vorher auch schon gestresst haben - die sollten vorübergehend sein, und sind nun Dauerstress seit Mai. So ist das Erwachsenenleben, I guess? Wenn ich mit Freunden rede, bekomme ich ähnliche Geschichten zu hören. Irgendwie ist mir so, als sollte dem nicht so sein - so viel zu arbeiten, bis man auf dem Zahnfleisch kriecht, sich mit privaten und/oder psychischen Schwierigkeiten herumschlagen, zwei Wochen Urlaub machen und dann weiter arbeiten, bis man fast zusammenklappt. Scheint nicht so gut durchdacht zu sein. Alternative? Keine Ahnung. Sinn dieses Posts? Auch keine Ahnung. ("Hey, schaut, es gibt mich noch, ich komme klar, mehr schlecht als recht. Die Antwort, die sich mehrere von euch vielleicht wünschen, habe ich leider auch nicht. Okay, ciao.") 

Jetzt werde ich wohl wieder das tun, was einer meiner Patienten diese Woche zu mir meinte: gut auf mich aufpassen. Der Satz kam für mich ein wenig... unerwartet. Rückblickend war ich sehr froh darüber, weil er mir vor Augen geführt hat, was ich die letzten Wochen nicht getan habe. Mir ist bewusst dass das beinhaltet, dass ich wieder mehr Gefühle fühlen muss. Denn: die Wege, die daran vorbeiführen, führen allesamt in den Abgrund. Und ich will da nicht immer und immer wieder hochklettern müssen. Irgendwann bleibe ich vielleicht wirklich dort unten.

Some days I feel somewhere else or somewhere in between
Some days I don't feel nothing at all
Now I'm pulling back the screen to let the future in
The light comes flooding in
The light comes flooding in
Nothing But Thieves - There Was Sun

Mittwoch, 3. August 2022

just a song that keeps me sane



Weil Musik mit Worten gerade zu ... viel ist.
Weil alles zu viel und sie nicht da ist.
(Weil ich auch keine Worte habe.)