Mittwoch, 27. Oktober 2021

tonight my life will lack its meaning


Mays Nachricht gestern Abend tritt (zu) viele Dinge gleichzeitig los. Reya hat auch davon gehört und fragt - berechtigterweise - bei mir nach, weil sie Angst hat, dass ich nicht klar komme. Ich komme klar. Etwa 15 Stunden lang. Dann fällt meine Fassade in sich zusammen; ich kann nicht aufhören, daran zu -

Es ist so dunkel, dass ich kaum die Hand vor Augen erkennen kann. Ich stolpere blindlings durch den Wand und bahne mir einen Weg durch das Brombeerdickicht. Hier kann ich nicht bleiben. Doch wohin soll ich gehen? Was ist dieses "Zuhause"?

Ich kann einfach nicht aufhören, daran zu denken. Reya bietet an, darüber zu reden. Ich
spreche mir das Recht dazu ab. Es geht schließlich nicht um mich; ich kann nicht zulassen, dass sich unser Gespräch jetzt um mich dreht. Am Allerwenigsten kann ich May wissen lassen, dass ich mit ihren Neuigkeiten nicht gut umgehen kann. Es geht ihr sowieso schon schlecht genug, da will ich nicht noch Gewissensbisse verursachen. 

Das schlechte Gewissen bringt mich fast um. "Am Liebsten würde ich sie [Cheza] anrufen und ihr sagen, dass es mir unendlich Leid tut. (...) Ich habe ihr weh getan, wie soll ich mir das verzeihen? (...) Ich habe das Gefühl, als müsste ich es wieder gut machen. Aber ich habe doch nur meine Worte; wie können Worte den Schmerz aufwiegen?"

Ich kann es Reya nicht sagen; ich kann es May nicht sagen; ich kann es keiner Person auf dieser Welt sagen. I c h bin diejenige, die in dieser Sache... I c h habe das getan - also, hätte es getan. Fast. Und damit habe ich schon mehr als genug Schaden angerichtet. Zwei Jahre nach "Fast" fragt sie am Telefon nach, um meine Worte richtig zu deuten. Es bricht mir das Herz.

Meine Chefin möchte wissen, ob ich jemanden habe, um über solche Themen zu sprechen. Irgendetwas sagt mir, dass "Nein" keine zulässige Antwort ist. Ich denke an Sapphire? Kaiser? Cheza - lasse all die Kompliziertheit außenvor - und bejahe ihre Frage.

Ich bahne mir einen Weg durch das Brombeerdickicht und gelange über den Trampelpfad auf eine asphaltierte Straße. Nun, wo die Bäume nicht länger die Sicht versperren, kann ich nach oben in einen absurd schönen Sternenhimmel schauen. Ich fühle mich wie der einsamste Mensch auf dem Planeten. Wieso weiß ich nicht, wohin ich gehen soll? Wieso finde ich keinen Weg nach Hause? Ich kann bloß (m)eine Wohnung aufsuchen, die auch nach fünf Jahren kein Gefühl von Sicherheit vermittelt. Das tut nur Cheza.

Das Umschalten klappt. Manchmal weiß ich nicht mehr, wer ich bin. Wahrscheinlich sollte ich aufhören, mir den Stempel "Kaputt" aufzudrücken. Alles, damit sich meine kompetente Seite mir... Zugehöriger anfühlt. (Nicht darüber nachdenken, was das für eine Bedeutung hat. Nicht darüber nachdenken, wie unfair diese Sache ist. Nicht. Darüber. Nachdenken.)

Mittlerweile bin ich völlig leergeweint; wenn ich mich jetzt randvoll mit Ablenkung fülle, dann halte ich auch durch, bis... Ja, bis wann eigentlich? Bis ich am Wochenende Zeit habe für einen kompletten Zusammenbruch? Bis ich's in eine Schublade mit der Aufschrift "Lappalie" gesteckt habe? Und darauf vertraue, dass auch drin ist, was an der Außenseite dran steht? Keine Ahnung.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen