Sonntag, 28. März 2021

Kapitel 15: Den Worten so fern

"Aus dem Telefon beginnt es zu tuten, weil ich die letzte Ziffer seiner Nummer nicht gedrückt habe. Ich lasse es durch die Finger rutschen und dumpf auf den Teppich fallen. Es ist nicht auszuhalten. Ich muss wissen, ob das jetzt alles für immer so bleibt. Ich kann so nicht leben. Ich halte es nicht aus. Ich muss wissen:
Geht es weiter? 
Ich bin bereit, etwas passieren zu lassen." 
R. A. Nelson - teach me

Dieses Zitat war mein Leben. 2019 schrieb ich: "Ich kann einfach nicht anders. Ich halte das nicht mehr aus. Ich habe das Gefühl, heute, wieder, als würde ich den Verstand verlieren. Ich würde sie so so so gerne anrufen. Um was zu tun? Einfach nur ihre Stimme zu hören."
Aber anders als die Protagonistin im Buch stehe ich nicht plötzlich vor ihrer Tür. Die Veränderung geschieht aus einer Unachtsamkeit heraus. Nach dem "Traum von Freitag" muss ich gar nichts mehr sagen. Sie spricht es aus für mich. Und ich muss einfach nur zustimmen. Das ist das einzige Risiko, das ich eingegangen bin. Nachdem es sowieso schon offensichtlich war. Nicht sonderlich mutig, was? Auch dieses Mal sind mir die Worte so fern. Nicht, weil ich sie nicht finden könnte - ich brauche sie nicht länger. Sie gibt mir all die Antworten, ohne meine Fragen zu kennen. Und ich realisiere, dass ich auf manche Fragen gar keine Antwort mehr brauche: fast zwei Jahre lang habe ich nach dem "Warum" gesucht. Ich glaubte, unbedingt
v e r s t e h e n zu müssen. Denn schließlich passiert nichts ohne Grund, oder?
Wieso also ausgerechnet (m)ich, wenn sie jede:n hätte "haben" können? Ich gebe zu - ich weiß es nicht. Und das ist in Ordnung. Ich frage schließlich auch nicht: wieso gerade sie, wenn ich jede:n hätte "haben" können? Denn manches passiert einfach; wir sind einfach passiert. Wir passieren noch immer. Und all die Dinge, die nicht sind, die niemals sein werden, fallen nicht mehr ins Gewicht. Inmitten all der Stille also bin ich glücklich. Auch wenn ihre Worte verhallen und die Blumen, die sie mir schenkte, verblühen - das ist auszuhalten. So kann ich leben.
Weil ich weiß, dass es weitergeht. Und ich dazu nicht erst etwas geschehen lassen muss.

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