Montag, 10. April 2023

i wanna be free, but can't let go*

Februar 2023

Montag
Ich halte die Gefühle keine 5 Minuten aus. Dann greife ich zum Telefon, wieder. Um mit einer Person zu sprechen, die mir vielleicht nicht das Herz aus der Brust reißt. Jalta? Mailbox. Reya? Mailbox. May? May nimmt den Anruf entgegen. Wir unterhalten uns eine Stunde über Gott und die Welt; ich kann unmöglich über sie sprechen. Dann verabschiede ich mich und meine, dass ich mir jetzt Abendessen machen sollte. Stattdessen sitze ich nun hier und spüle Tabletten mit einem Schluck Wodka herunter. Und ich weiß, ich werde weiter trinken, bis ich die Kälte in ihren Worten vergesse. Oder ich werd's auf jeden Fall versuchen. (Noch nie. Noch nie hat sie sich angehört wie an diesem Nachmittag. Schon ab "Ich hatte nie geplant, dass wir." weiß ich nicht mehr, wie das mit dem Atmen funktioniert. Und ich versteh's nicht. Wie kann sie denn nicht auch wollen, dass? Wie kann sie sagen, dass sich für sie nichts verändert hat, und trotzdem von Abschied sprechen? Wie? Wie geht das? Und wie, wie kann ich mich so getäuscht haben? Wie geht d a s?)

Dienstag
Von "Wodka direkt aus der Flasche trinken" zu "Wein direkt aus der Flasche trinken" in 24 Stunden. Weiß nicht, ob das ein Fortschritt ist. Heute auch schon wieder fast nichts gegessen; ich kann nicht, ich kann einfach nicht. Und dann saß ich vor meiner letzten Patientin und dachte: Nächste Woche um diese Zeit möchte ich wieder hier sitzen. Möglichst unversehrt. Aber ich weiß noch nicht genau, wie. (Ich kann's ja wieder fixen, richtig? Bloß heute nicht, morgen nicht, die ganzen nächsten Wochen nicht, wenn sie jetzt erstmal eine Zeit wütend sein muss, und distanziert. Aber i c h habe beschlossen, dass wir nicht so enden; in Scherben, als Trümmerhaufen, kilometerweit voneinander entfernt. Das ist n i c h t unser Ende.)

Mittwoch
Ich hab mir die Hand aufgeschürft, und das Knie, und bin mir ziemlich sicher, dass ich an den Rippen in den nächsten Tagen einen großen blauen Fleck bekomme - da ist eine Heizung im Weg, als der Körper beschließt, dass selbst dieses "Stehen" die aktuellen Kräfte übersteigt. Ich kann eine Weile nicht aufstehen, also setzt Rell sich zu mir auf den Fußboden. Ich erzähle ihr alles, was in den letzten Tagen passiert ist - verliere dabei nur halb die Fassung. Sie versteht das Wichtigste; es ist eine Wohltat. Nach dem Gespräch fühle ich mich endlich fast wieder wie ein Mensch, und nicht mehr wie ein Wrack. (Ich möchte noch mehr schreiben. Aber ich kann nicht. Es reicht mit dem Fühlen für heute auch wieder.)

Donnerstag
Ich hatte meine Lektion gelernt. Für zwei Tage. Wie kriege ich das zurück? Ich kann so nicht weitermachen; die Hoffnung ist wie Gift. Mir gefällt nicht, worauf es hinauszulaufen scheint am Ende. I wanna be free, but can't let go.

Jetzt

Da sind keine Scherben; wir sind auch kein Trümmerhaufen. Wir sind einfach gar nicht(s) mehr. Und das ist in Ordnung. Das ist ein Zustand, den i c h gewählt habe. Ein Zustand, den ich verändern könnte, aber ich muss mich mal für eine Weile von ihr fernhalten. Nur "für eine Weile", so als sei das hier temporär. Und nicht endgültig. Denn: ich habe meine Lektion gelernt. Ich habe zurückgelesen; ich weiß es besser. (Sie fehlt mir trotzdem. Aber auf eine Art, die auszuhalten ist.)

And now I have nothing more to say
I said too much now anyway
Lead me out into the night
Empathy Test - Last Night On Earth

*Dieser Post hatte lange keinen Titel, und ich wollte mich nicht ewig mit der Suche nach einem aufhalten, also habe ich diese Zeile gewählt, weil sie ganz gut zum Inhalt des Eintrags passt. Ich möchte hier nur einmal zu Protokoll geben, dass I feel so tired I could die tatsächlich mehr meiner momentanen Stimmung entspricht. (Im Grunde ist das seit Wochen/Monaten fast schon Dauerzustand. Aber das ist ein anderes Thema.)

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