Donnerstag, 27. April 2023

// i'm not awake, i'm leaving eden //

Ich pfeffere den leeren Kaffeebecher in den Mülleimer und würde am liebsten ein brennendes Streichholz hinterher werfen. Der Fluss zu meiner rechten Seite fließt fast schon träge dahin, ich hingegen werde überspült von einer Flutwelle aus Wut, Verzweiflung, Trauer. // Ob sie [Cheza] gestorben ist, möchte mein Psychiater wissen, als ich das Thema anschneide. Ich weiß nicht, wie ich seine Frage beantworten soll. Der Teil von ihr, der mir an meinem Geburtstag Blumen gepflückt hat, ist auf jeden Fall tot. Spielt es da noch eine Rolle, ob der Rest von ihr in einer Kiste unter der Erde liegt oder nicht? // Set fire, set fire to home [Antimatter - The Third Arm] singt Mick, gerade als ich um die Ecke biege und das Haus sehe. Mh. (Ich halte es immer noch für eine gute Idee, irgendwas in Flammen aufgehen zu lassen, ja. Auch sieben Stunden später noch.) // Der Tag wiegt schwer wie Blei; das Gewicht drückt auf meine Lunge. Der Bus kriecht durch den Feierabendverkehr und ich bin kurz davor, an der nächsten Haltestelle fluchtartig auszusteigen, weil ich an die frische Luft muss. // Mein Psychiater verschreibt mir Bedarf. Die nehme ich sowieso nie denke ich noch, und werfe direkt zwei Tabletten ein, nachdem ich von der Apotheke nach Hause gekommen bin. 20 Minuten später - jetzt, hier, um 19:22 Uhr versuche ich, das Bild zu sehen, welches mein Psychiater heute Mittag gesehen hat. (Und scheitere. Das hat doch früher auch nie sein müssen.) // Nur noch ein paar Stunden, dann ist es endlich geschafft. Dann habe ich wieder ein Jahr lang Ruhe vor diesem verdammten Tag. Und wer weiß, vielleicht schaffe ich es in der Zwischenzeit ja tatsächlich mal, über meinen eigenen Schatten zu springen. Dann kann ich ihr bald mal eine Kleinigkeit mitbringen. // In diesem Moment, da auf der Bank im Sonnenschein, mit den Vögeln, die in den umliegenden Bäumen zwitschern, ist es zum ersten Mal in zwölf Jahren in Ordnung, dass sie nicht mehr da ist. (Ich weine trotzdem um sie. Und dabei ist es mir scheißegal, ob jetzt irgendein Spaziergänger vorbei kommt und mich so sieht. Dieser Ort hier ist so gut wie jeder andere zum Weinen geeignet.) // Es gibt zwei Menschen, die mir in meiner speziellen Situation weiterhelfen könnten. Der eine redet seit einem Jahr nicht mehr wirklich mit mir. Der andere ... würde mir vielleicht eine Frage stellen, über die ich auf gar keinen Fall nachdenken will. Im Endeffekt spielt Scham eine zu große Rolle, als dass ich zum Telefon greifen könnte - // Zwischendurch singe ich auch noch ein Loblied auf Rell. Kann ja mein Umfeld ruhig wissen, dass ich ihr viel zu verdanken habe. (Dass da allerdings auch noch einiges unter der Oberfläche brodelt ... bleibt wiederum ungesagt. Ich muss mich einfach weiterhin brav in Zurückhaltung üben. Und mir vielleicht doch wieder einen Therapieplatz suchen, so wie es auch mein Psychiater für eine gute Idee hält. Dann wird das schon wieder.)

It's warm outside / But the weather fails to hide / The stinging loss inside
For in the back of my mind / I always thought I'd find / My way to paradise
On I'd walk to paradise
Antimatter - Leaving Eden

1 Kommentar:

  1. ich lass dir so viele positive gedanken da, wie ich zusammenkratzen kann, liebe ria <3

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