Ich öffne den Bilderrahmen, um mir die Rückseite der Karte anzusehen. Es geht nicht um die Worte; die Worte kenne ich mittlerweile auswendig, so oft habe ich sie gelesen.
Seitdem
Es ist ihre Handschrift; ich möchte mir doch nur ihre Handschrift ansehen, nur für ein paar Augenblicke. Und dann noch ein paar Augenblicke länger, und dann... dann fällt mein Blick auf das Datum. Sofort sind da Gedanken: was tun wir denn eigentlich? Was tun wir denn da?
Immer noch
I m m e r n o c h, denn es ist noch immer nicht leicht(er). Und das wird es auch nie sein; keine Ahnung was sie sich dabei gedacht hat, sie hat mich doch gesehen: schweigend, wütend und kalt. So kalt. Vielleicht war das gar nicht der Dezember, denke ich, der die Kälte in dieses Haus gebracht hat, vielleicht kam die Kälte aus mir, direkt aus meinen Knochen, oder meinem Blut; vielleicht bin ich doch gestorben, winterblutend auf den Fliesen, an einem Ort, an dem wir nach all den Jahren zwei Fremde waren, mit nichts als Schmerz, der uns verbindet, aber verbunden.
Nichtsdestotrotz
Dann ein neuer Monat, ein neues Jahr, ein neuer alter Ort, für das Ende kehren wir an unseren Anfang zurück. Nun sind es die gleichen Türen, die gleichen Wände, die gleichen Stimmen, es flüstert aus allem "Du hast hier nichts verloren" und wieder bin ich wütend, so wütend, aber ich kann ihnen keinen Vorwurf machen. Sie wissen es einfach nicht besser. Denn vielleicht habe ich mein Herz nicht verloren, aber zurückgelassen habe ich es doch; und sie lässt es auch zurück, wenn sie die [gleichen] Türen schließt.
Aber
Gehen muss sie, denn in der Nacht kann sie nicht atmen zwischen diesen [gleichen] Wänden. Denn in der Nacht atmen im Keller die namenlosen Geister und die Einsamkeit kriecht aus den Fugen, und wahrscheinlich tut es deswegen so unerträglich weh. Es tut so weh, dass meine Tränen fast auf das Papier tropfen, irgendwo zwischen "Liebe" und "Zukunft" landen. Sie schreibt fast ein wenig unpersönlich, in ihren gesprochenen Worten liegt viel viel mehr Gefühl. Blind starre ich auf ihre Zeilen; ich sehne mich so nach ihren gesprochenen Worten, nach ihrer Stimme, nach ihr ihr ihr. Ich tue alles; alles mögliche, bis es entweder zu spät ist, um sie anzurufen, ich zu viel getrunken habe, oder - wie in diesem Fall - beides. Vielleicht ist das besser, weil ich auch gar nicht wüsste, was ich sagen sollte.
Doch
Das stimmt nicht, ich weiß was ich sagen würde, zumindest am Anfang. Ich hätte bloß Angst, dieses Gespräch zu beenden, weil ich weiß, wie es mich zurücklassen würde: noch immer alleine in meiner Wohnung, auf meinem Sofa, krank vor Heimweh, mir wieder bewusst, dass ich nicht (mehr) in ihr Leben passe. Also hole ich mir ein Stückchen zurück von ihr, auf eine Art und Weise, auf die ich sie nicht verlassen muss; habe ihre Worte in meinem Kopf wie ein Echo.
Weil ich für dich noch immer "Zuhause" bin. Weil ich für dich "Zuhause" bin. Weil ich "Zuhause" bin. Zuhause. Zuhause. Zuhause. Zuhause. Zuhause. Zuhause...
cause i've been fast asleep, standing still in a stampede. i'm breaking my back, but i'm still sinking like a stone
Mittwoch, 28. Juli 2021
Echos
Mittwoch, 21. Juli 2021
Dies ist eine Metapher. Was soll sie bedeuten?
Kopf: eine Szene aus einem Traum von vor... mindestens 2 (?) Jahren; überall tote Schwäne. Dann Cheza, die sagt, dass Schwäne für Individuation stehen - mittlerweile frage ich nicht mal mehr, woher sie sowas weiß - aber, um mal zu rekapitulieren und diesen Satz vollkommen unverständlich zu machen: ich finde, ich habe mich gut geschlagen bis hierhin, oder nicht?
Die Individuation betreffend, meine ich. (...) Dann ein Gedankensprung und mir kommt Kaiser in den Sinn, aber ich verzichte mal darauf, das jetzt auch noch aufzuschreiben, denn - falls das noch nicht offensichtlich geworden ist - dieser Post zeichnet sich schon jetzt durch mangelnde Kohärenz aus. Oder vielleicht kommt mir das auch nur so vor.
ist - mich an den Namen dieser Straße zu erinnern. Irgendwas mit -blumenweg. Feldblumen. Kornblumen. Mohnblumen. Oh, Mohnblumen. Da am Feldrand blühen tatsächlich ein paar Mohnblumen, und naja, mir fällt wieder ein, dass die mich an Soundso erinnern. Mich daran erinnern, dass ich ihr erst v e r t r a u t habe - genug vertraut, um ihr fast von Omnos zu erzählen; oder habe ich das sogar getan?! - und dass sie mir dann in den Rücken gefallen ist. Korrigiere: uns in den Rücken gefallen ist, "uns" wie in "Cheza und mir" -
Sie hat sich tatsächlich erdreistet, sich aufbauend auf eine einzige Tatsache eine Meinung zu bilden.
Meine Wut auf Soundso (sieh an, da sind also doch noch Gefühle!) verraucht dann so schnell, wie sie mich überkommen hat, als ich an Chezas Worte denke. Was mit Veränderung und
Sich an diesem Ort nicht mehr passend fühlen. Zum wiederholten Male denke ich, dass wir nie wieder einen Fuß über diese Türschwelle setzen müssten. Wenn sie es nur wollte. Aber.
Aber, aber, aber. "Wir" wie in "Cheza und ich" existiert an dieser Stelle nicht (mehr). Und das ist ein Gedanke, der mir normalerweise das Herz brechen würde. Tut er aber nicht. Nicht, weil ich mich daran gewöhnt hätte. Vielmehr glaube ich, dass von meinem Herzen nur noch Einzelteile übrig sind. Zu klein, um noch weiter kaputtzugehen. Oder sie jemals wieder zusammenzusetzen.
Freitag, 9. Juli 2021
Briefe an Cheza (Pt. XI)
Drowning in the present of a past that I couldn't change
Writing songs instead of letters because I'm too afraid
Afraid of coming back to find that everything is the same
Bad Omens - Kingdom Of Cards
Ich schätze, ich sollte mich bei Dir entschuldigen, Cheza. Schließlich habe ich Dir Unrecht getan. Mal wieder. Denn: ich dachte, Du würdest mich im Dunkeln lassen. Mit voller Absicht. Ich war der festen Überzeugung, dass Du das Ende schon im Sinn hast, und beschließt, mir (noch) nicht davon zu erzählen - wohl aus Angst, ich könnte die Wahrheit nicht ertragen. Aber das war nicht der Fall. Du hattest gar nicht die Absicht, mich zu verlassen. Das hätte ich viel eher wissen können, hätte ich Dich gefragt. Habe ich aber nicht - wohl aus Angst, ich könnte die Wahrheit nicht ertragen. Oder besser: das, was ich für die Wahrheit gehalten habe. Und das passiert mir von Zeit zu Zeit, wie Du weißt. Dann überkommt mich die (größtenteils irrationale) Angst, dass Du gehen könntest. So, wie all die anderen Menschen gegangen sind, die für mich eine Bedeutung hatten. Ich muss mich dann jedes Mal rückversichern, dass ich Dir nicht lästig geworden bin, und ich könnte mir vorstellen, dass das für Dich einigermaßen anstrengend ist.
Naja, jedenfalls weiß ich nun, dass Du bleibst. Zwar nicht wegen mir. Und wahrscheinlich auch nicht für mich - dieses Mal nicht. Das macht die Auswirkungen meiner Entscheidung nur
noch ... katastrophaler. Ich bin mir nicht sicher, ob das das richtige Wort dafür ist. Aber wenn man bedenkt, was ich am Mittwoch veranstaltet habe, weil ich die Gefühle nicht ertragen habe, passt der Begriff "Katastrophe" vielleicht ganz gut. Ursprünglich wollte ich mir weh tun, weißt Du. Weil ich mich bestrafen muss dafür, dass ich nun eben Verrat begehe. Mir ist klar, dass Du das gar nicht so siehst, und dass es Dir das Herz brechen würde, wenn ich mich verletze, also habe ich "nur" Alkohol getrunken. Im Grunde auch gar nicht so viel; bloß zu viel in zu kurzer Zeit. Naja. Jetzt sitze ich hier mit nem Gin Tonic, und bin noch einigermaßen nüchtern.
Aber. Ich schreibe Dir nicht in der Absicht, Dir von meinen Alkoholeskapaden zu erzählen, Cheza. Ich schreibe Dir, weil dies die einzigen Worte sind, die ich formulieren kann. Ich habe es aufgegeben, über Dich schreiben zu wollen. Und über Dich reden kann ich schon gar nicht, alleine schon weil ich nicht weiß, mit wem. Die Therapie ist quasi beendet - und Irelia hat es sowieso nie verstanden. Außerdem brauche ich niemanden, der versucht das Ganze zu pathologisieren. Das habe ich lange genug selbst getan. Also, wahrscheinlich hab ich's nicht direkt pathologisiert, aber ich war der Ansicht, dass es falschfalschfalsch ist. Ganz im Gegensatz zu Dir; ich hab noch immer Deine Worte im Kopf. Es ist das Beste, das hätte passieren können. Du hast mir das sogar begründet. So wie Du mir Deine Entscheidung letzte Woche begründet hast. Das hat mich ein bisschen sehr glücklich gemacht, weil... so viel habe ich gar nicht von Dir erwartet. Du weißt, dass Du mir das nicht hättest erzählen müssen?
Wenn Du mir jetzt auch noch erzählen könntest... All die Worte die ich hören will aus Deinem Mund, weil ich mir selbst nicht glauben kann. Ich versuche, der "Katastrophe" mit Rationalität zu begegnen, und das hilft genau gar nicht. Rationalität bringt lediglich Phrasen hervor, die zu abgedroschen sind, als dass sie mich beruhigen könnten. Ja, ich weiß, dass es früher oder später "So kommen musste" - ich weiß auch, dass wir schon "Schlimmeres überstanden" haben. 2019 zum Beispiel. Oder letztes Jahr im August. Das Problem ist, dass es dieses Mal meine "Schuld" ist. Es sind nicht mehr nur "die Umstände" die uns trennen, oder Dein Umfeld. I c h bin dafür verantwortlich. Das waren meine Hände. Meine Worte. Und mein Auftreten. Und ich weiß nicht, wie ich mir das jemals verzeihen soll. Weil es doch jetzt schon so unendlich weh tut. Die meiste Zeit überwältigt der Schmerz mich, und er raubt mir die Kraft für so viele Dinge, die eigentlich wichtig wären. Du willst das jetzt wahrscheinlich gar nicht hören. Aber ich glaube, ich bin so kurz davor, meine Zukunft zu sabotieren. Ich will doch nur noch ein bisschen mehr Zeit. Mit Dir. Wir könnten dann so tun, als müsste sich nie etwas verändern. Als müsste ich nicht gehen. Als würde ich nicht auch gehen w o l l e n. Denn Dich will ich immer noch ein Stückchen mehr, weil Du mein Zuhause bist. Und Zuhause bleiben wirst, egal wie viele Kilometer zwischen uns liegen.
Sonntag, 4. Juli 2021
Was übrig bleibt am Ende
Sonntag, 27. Juni 2021
in tenebris errare
Mittwoch, 23. Juni 2021
How can you be the air beneath my wings and still be the flood that drowns my dreams?
How can you be the air beneath my wings
And still be the flood that drowns my dreams?
(I gotta admit, I am so addicted)
I would crawl through razors just in case
There was a chance to see your face
(I make myself sick, I am so addicted)
Sonic Syndicate - So Addicted
Die Stimme der Vernunft in meinem Kopf schreit es schon fast: "Ria, was TUST du denn da?" Ich? Ich stehe bloß dort. Und kann mich nicht von der Stelle bewegen. Weil schon der Gedanke daran, jetzt zu gehen, zu weh tut, und als ich mich dann endlich in Bewegung setze, bricht es doch - mein dummes, verräterisches Herz. Das Leiden ertrage ich lediglich ein paar Schritte. Dann lässt sich die Sehnsucht nicht länger mit Willenskraft beherrschen. Also tue ich es tatsächlich. Entgegen jeglicher Vernunft. Ich laufe zurück; zurück über den Parkplatz, am See vorbei bis zum Bücherschrank. Und dann den selben Weg nochmal. Es ändert nichts. Natürlich ändert es nichts. Aber das Wissen, es wenigstens versucht zu haben, kann den Schmerz des Verzichts ein wenig lindern. Heilen kann es ihn nicht. Das kann nur sie.