Freitag, 9. Juli 2021

Briefe an Cheza (Pt. XI)

Gave it all to burn forever underneath the rain
Drowning in the present of a past that I couldn't change
Writing songs instead of letters because I'm too afraid
Afraid of coming back to find that everything is the same
Bad Omens - Kingdom Of Cards

I'll do it all over again from the start // And this time you're not leaving me in the dark.
Ich schätze, ich sollte mich bei Dir entschuldigen, Cheza. Schließlich habe ich Dir Unrecht getan. Mal wieder. Denn: ich dachte, Du würdest mich im Dunkeln lassen. Mit voller Absicht. Ich war der festen Überzeugung, dass Du das Ende schon im Sinn hast, und beschließt, mir (noch) nicht davon zu erzählen - wohl aus Angst, ich könnte die Wahrheit nicht ertragen. Aber das war nicht der Fall. Du hattest gar nicht die Absicht, mich zu verlassen. Das hätte ich viel eher wissen können, hätte ich Dich gefragt. Habe ich aber nicht - wohl aus Angst, ich könnte die Wahrheit nicht ertragen. Oder besser: das, was ich für die Wahrheit gehalten habe. Und das passiert mir von Zeit zu Zeit, wie Du weißt. Dann überkommt mich die (größtenteils irrationale) Angst, dass Du gehen könntest. So, wie all die anderen Menschen gegangen sind, die für mich eine Bedeutung hatten. Ich muss mich dann jedes Mal rückversichern, dass ich Dir nicht lästig geworden bin, und ich könnte mir vorstellen, dass das für Dich einigermaßen anstrengend ist.

Naja, jedenfalls weiß ich nun, dass Du bleibst. Zwar nicht wegen mir. Und wahrscheinlich auch nicht für mich - dieses Mal nicht. Das macht die Auswirkungen meiner Entscheidung nur
noch ... katastrophaler. Ich bin mir nicht sicher, ob das das richtige Wort dafür ist. Aber wenn man bedenkt, was ich am Mittwoch veranstaltet habe, weil ich die Gefühle nicht ertragen habe, passt der Begriff "Katastrophe" vielleicht ganz gut. Ursprünglich wollte ich mir weh tun, weißt Du. Weil ich mich bestrafen muss dafür, dass ich nun eben Verrat begehe. Mir ist klar, dass Du das gar nicht so siehst, und dass es Dir das Herz brechen würde, wenn ich mich verletze, also habe ich "nur" Alkohol getrunken. Im Grunde auch gar nicht so viel; bloß zu viel in zu kurzer Zeit. Naja. Jetzt sitze ich hier mit nem Gin Tonic, und bin noch einigermaßen nüchtern.

Aber. Ich schreibe Dir nicht in der Absicht, Dir von meinen Alkoholeskapaden zu erzählen, Cheza. Ich schreibe Dir, weil dies die einzigen Worte sind, die ich formulieren kann. Ich habe es aufgegeben, über Dich schreiben zu wollen. Und über Dich reden kann ich schon gar nicht, alleine schon weil ich nicht weiß, mit wem. Die Therapie ist quasi beendet - und Irelia hat es sowieso nie verstanden. Außerdem brauche ich niemanden, der versucht das Ganze zu pathologisieren. Das habe ich lange genug selbst getan. Also, wahrscheinlich hab ich's nicht direkt pathologisiert, aber ich war der Ansicht, dass es falschfalschfalsch ist. Ganz im Gegensatz zu Dir; ich hab noch immer Deine Worte im Kopf. Es ist das Beste, das hätte passieren können. Du hast mir das sogar begründet. So wie Du mir Deine Entscheidung letzte Woche begründet hast. Das hat mich ein bisschen sehr glücklich gemacht, weil... so viel habe ich gar nicht von Dir erwartet. Du weißt, dass Du mir das nicht hättest erzählen müssen?

Wenn Du mir jetzt auch noch erzählen könntest... All die Worte die ich hören will aus Deinem Mund, weil ich mir selbst nicht glauben kann. Ich versuche, der "Katastrophe" mit Rationalität zu begegnen, und das hilft genau gar nicht. Rationalität bringt lediglich Phrasen hervor, die zu abgedroschen sind, als dass sie mich beruhigen könnten. Ja, ich weiß, dass es früher oder später "So kommen musste" - ich weiß auch, dass wir schon "Schlimmeres überstanden" haben. 2019 zum Beispiel. Oder letztes Jahr im August. Das Problem ist, dass es dieses Mal meine "Schuld" ist. Es sind nicht mehr nur "die Umstände" die uns trennen, oder Dein Umfeld. I c h bin dafür verantwortlich. Das waren meine Hände. Meine Worte. Und mein Auftreten. Und ich weiß nicht, wie ich mir das jemals verzeihen soll. Weil es doch jetzt schon so unendlich weh tut. Die meiste Zeit überwältigt der Schmerz mich, und er raubt mir die Kraft für so viele Dinge, die eigentlich wichtig wären. Du willst das jetzt wahrscheinlich gar nicht hören. Aber ich glaube, ich bin so kurz davor, meine Zukunft zu sabotieren. Ich will doch nur noch ein bisschen mehr Zeit. Mit Dir. Wir könnten dann so tun, als müsste sich nie etwas verändern. Als müsste ich nicht gehen. Als würde ich nicht auch gehen w o l l e n. Denn Dich will ich immer noch ein Stückchen mehr, weil Du mein Zuhause bist. Und Zuhause bleiben wirst, egal wie viele Kilometer zwischen uns liegen.

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