Donnerstag, 22. April 2021

Zurückgelassen. (Oder: Worte an Camille)

Bitte. Sprich ihren Namen nicht aus. Aber Du tust es, nichtsahnend - und diese zwei Silben klingen in meinen Ohren, klingen irgendwo tief in mir, an einem Ort, den nur sie erreichen kann, und sie verhallen nicht. Was soll ich denn jetzt sagen? Wie soll ich diese Frage beantworten? Weil sie und ich doch als Geheimnis sicherer sind; und Du bist von Außerhalb, hast es nicht gefühlt, und wirst es nie verstehen können. Du willst wissen, was das Schwierigste für mich war? (Ich hab sie zurücklassen müssen.) Aber das kann ich nicht sagen; brauche die Klammer davor und die Klammer danach, um das Ganze zusammenzuhalten. Lasse ich es heraus, fällt es auseinander. Falle i c h auseinander. Und ich will es wegpacken, will daran jetzt nicht mehr denken müssen, aber es gibt keinen Ort. Sie ist schon überall. Über allen Dingen liegt diese Ahnung von ihr - aber sie ist nicht greifbar; strecke ich meine Hände aus nach ihr, verbrenne ich meine Finger. Bitte, sprich ihren Namen nicht aus, und bitte bitte bitte, sag nicht Du rufst mich an das nächste Mal, denn das zeigt den Unterschied auf und da will ich nicht hinsehen. Tue ich dann aber doch, und es bleibt mir nur die Frage: Warum. Warum kannst Du, aber sie kann nicht. Warum können Du und ich (zusammen) tun, wonach uns der Sinn steht; und sie bleibt gefangen, wie eine Prinzessin in einem Turm. Ich sitz jetzt hier, meine Finger verbrannt, und das Schreiben tut so weh. Ich sitz jetzt hier und bin bloß eine Hülle, denn meine Seele hab ich auch zurückgelassen, bei ihr - damit sie darauf acht gibt. Ich sitz jetzt hier und verfluche die Freiheit, denn sind es nicht Ketten, die uns verbinden? Dann wieder: welche Freiheit? Denn noch immer sind mir die Hände gebunden. Ich hab sie zurücklassen müssen, wieder und wieder, und auch jetzt muss ich gehen. Wenn ich nicht gehe, gehe ich verloren.

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