Samstag, 5. Februar 2022

farewell to sarajevo

 

Farewell to: "Ich möchte Ihnen noch sagen, dass."
Farewell to: "Ich möchte noch etwas über (...) erzählen."
Farewell to: "Erst werde ich x. Dann y. Und dann z."

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Beim allerersten Mal vor knapp einem Jahr habe ich geweint. Tränen sind da dieses Mal keine mehr; ich glaube aber nicht, dass ich inzwischen besser geworden bin in dieser Sache. Vielmehr ist es so, dass ich mich nicht so sehr gebunden habe - oder binden haben lasse. Stattdessen sind da Floskeln in der einen Situation; ein Festhalten an einem ZwischenTürUndAngel. (Eine Eiseskälte überkommt mich bei dem Gedanken, dass uns nicht mal diese Kleinigkeit gegönnt sein wird am Ende. Wenn es nur Floskeln sind, die übrig bleiben von uns, weiß ich nicht woher ich den Willen nehmen soll, weiterzumachen.)

In der anderen Situation kann ich die Worte nicht aussprechen; die magischen Worte. [Dabei halte ich das theoretisch für eine gute Idee. Doch praktisch gesehen bin ich dazu nicht in der Lage. Jetzt darf Rell nur niemals nachzufragen - denn ich müsste lügen; ich kann ihr nicht erklären, wieso ich's nicht sagen kann.] Vielleicht möchte ich das auch einfach nicht. Vielleicht möchte ich ja abschließen; diese Tür ganz fest zuschließen, am besten zwei Mal, und nie wieder einen Blick riskieren. Denn ich habe Angst. Angst hinzusehen und festzustellen, dass das was mit mir macht, dass das viel zu viele Gefühle auslöst. Was mich noch mehr ängstigt: das Gegenteil. Wenn ich hinsehe und da ist nichts, zu was für einem Menschen macht mich das? Bin ich das dann überhaupt noch? Ein Mensch?

Und dann ist da noch das "Macht"Gefälle. Ich sitze am längeren Hebel, dieses Mal, aber ich kann.nicht.aufhören an ein Viceversa zu denken. Und mit diesem Gedanken kriecht die Eiseskälte in meine Knochen; sie baut sich dort ein Zuhause und wird zu einem Teil von mir. Viceversa; Zugzwang; WasIstWenn. Was ist, wenn ich ihr jegliche Chance nehme. Was ist, wenn sie nicht frei ist in ihren Entscheidungen; in dieser Entscheidung. Was ist, wenn i c h wie eine Wunde bin, die seit Jahren nicht verheilen kann. Was ist, wenn es ihr tatsächlich nur Schmerz bereitet - ich darf doch gar nicht hinsehen, ich darf doch gar nicht fühlen; nicht solange ich nicht auch sagen kann, was zum F*ck das bedeutet. 

Ob es wohl helfen würde, es nicht immer wieder umzukehren, umzudrehen? Ich meine, ich dreh's so viel, dass ich nicht mehr weiß wo oben und unten ist - ich drehe es, ich drehe mich - bis in die Orientierungslosigkeit. Ich drehe mich schwindelig. (Passenderweise will mein Kreislauf die letzten Tage auch so gar nicht, aber das liegt bestimmt am Wetter, und kommt kein bisschen von der Psyche. Es kommt kein bisschen von der Psyche, dass die Lieblingskollegin mich den Flur runter begleiten muss, weil das mit dem Laufen so schwierig ist. Dass sie innerhalb von 30 Minuten zweimal nach dem Rechten sieht. Dass sie später schreibt und wissen möchte ob ich heile nach Hause gekommen bin. Es ist sicher nur das Wetter.) 

Davon abgesehen ist auch alles in bester Ordnung. Also, verglichen mit letztem Jahr. Und wenn man absieht von vor zwei Tagen und darüber hinweg geht, dass das im schlimmsten Falle eine Abwärtsspirale in Gang gesetzt hat. Und wenn man nicht beachtet, dass ab Mitte nächster Woche zwar endlich Klarheit herrscht, aber es sein kann, dass diese Informationen mein Leben auf den Kopf stellen - wir coinflippen einfach mal die Zukunft. Gar kein Ding. 50%ige Chance dass die Münze auf der falschen Seite landet, aber hey, das ließe sich gerade biegen in ein paar Monaten, und bis dahin unaushaltbare Situationen ertragen zu müssen ist sicherlich keine Schwierigkeit. Ich bin Expertin darin. Ich kann das, sicher. 

Worin ich auch richtig gut bin ist Schwarzmalen. Immerhin besteht ja auch eine 50%ige Chance, dass sich die Situation zum Besseren wendet. (Eigentlich gibt es auch noch eine dritte Variante. Nämlich die, dass es mich überhaupt nicht kümmert.) Und ich wünschte, ich könnte hier für Klarheiten sorgen und müsste nicht immer nur Andeutungen machen, aber ich kann nicht. Ich kann's nicht klarer ausdrücken, ich kann's nicht weiter ausführen - also, ich möchte, aber ich muss mich stoppen, weil ich die dumpfe Vermutung habe, dass das einen verdammt langen Rattenschwanz mit sich zieht. Rell richtet so ein Chaos an im Moment, und ich bekomme das nicht sortiert. Mit ihr kann ich nicht darüber sprechen, und auch sonst ist da keiner - in Momenten wie diesen wünschte ich mir einen Therapeuten. Aber ich hab keinen. Und Rell macht das nicht mit Absicht. Irgendwie pflügt sie bloß immer in einer leider sehr breiten Schneise über das Feld, auf dem meine Emotionen wachsen. Nun ja.

Jetzt habe ich super vom Thema abgelenkt, und muss irgendwie noch ein Ende finden.
Ich habe noch eine Chance. Die "magischen Worte" zu sagen, meine ich. Vielleicht gelingt es ja nächste Woche. Vielleicht nicht. Wäre auch in Ordnung. Eventuell ist das auch eine Art Schutzmechanismus: der Drang abzuschließen, der Drang wegzusehen, der Drang nicht zu fühlen. Denn ich kenne mich. Wenn ich nicht nichts fühle, ist da wieder ein Strudel von allem möglichen Kram, der mich in die Tiefe zieht. So wie im letzten Jahr. (Ich möchte an dieser Stelle gerne eine Verzichtserklärung unterschreiben. Weiß wer, wohin ich die schicken muss?)

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