Sonntag, 11. September 2022

47

(Vorab: jedes sie/ihr in diesem Text bezieht nicht auf meine Mutter. Sie ist außerdem nicht tot. Aber jemandes Schwester, nachdem sie ähnliche Schwierigkeiten hatte wie ich. Falls man das überhaupt so sagen kann. Ursprünglich war dieser Text auch nicht für Blogger gedacht, sondern nur für meine eigenen Augen. Also große Chance, dass das hier nicht online bleibt. Mal sehen.)

(...) Und ich denke, es gibt so viele Dinge, die sie wissen sollte, aber das wird sie nicht, weil ich's nicht aussprechen kann. Dass ich ... ich weiß doch selbst manchmal nicht mehr, was ich will. Dass sie hier ist? Dass ich dort sein könnte? Dass ich mal NICHT an sie denke? Dass ich schreiben könnte? Dass ich FÜHLEN könnte; dass ich etwas anderes fühlen könnte als diese Emotionen? Dass ich – mir ist, als müsste ich hier raus, und ich weiß nicht, was diese Worte zu bedeuten haben. Welches h i e r? Und – wohin? Und: vielleicht habe ich mich arrangiert mit meiner Selbstvernachlässigung, vielleicht passiert es deswegen wieder und wieder, vielleicht werde ich wie meine Mutter. Vielleicht BIN ich wie meine Mutter. Wieso auch sonst kriege ich das nicht auf die Kette? Wieso kann ich keinen Unterschied machen? Wieso kann ich nicht wichtig sein, für sie? Ist es so, dass wenn ich nicht wichtig sein kann für sie, ich mir selbst auch nicht wichtig bin? Denn das wäre problematisch auf so vielen Ebenen. Wieso, wieso ist sie eigentlich überall? Wohin soll ich denn gehen, um frei und zuhause zu sein, wenn nicht zu ihr? Wieso habe ich das Gefühl, mich in letzter Zeit dafür bestrafen zu müssen? Wieso möchte ich am Liebsten schreien, mir die Haut abziehen von meinem eigenen Körper? Verdammt, es geht mir doch gut? W i e s o geht es mir nicht gut; nicht endlich besser? Und will ich mich jetzt wieder dafür verurteilen? (Die Wahrheit ist: ich habe Angst. Ich habe Angst, dass sich das so fortsetzt. Dass ich mich nie anders fühlen werde. Und dann bin ich auch 47 Jahre alt. Und tot.)

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